Keine umsatzsteuerliche Organschaft zu einer Kassenärztlichen Vereinigung

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​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 22. April 2015

von Sabrina Walther und Anka Neudert

 

FG Saarland, 18. November 2014

 

Das Finanzgericht Saarland führte in seinem Urteil vom 18. November 2014 aus, dass aus Art. 11 MwStSyStRL keine Verpflichtung für die Mitgliedsstaaten besteht, Nichtunternehmer in eine umsatzsteuerliche Organschaft (zwingend) einzubeziehen.

 

Geklagt hatte eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin eine Kassenärztliche Vereinigung (KV) ist. Die KV ist Körperschaft des öffentlichen Rechts, die hoheitlich tätig ist und deren Aufgabe die vertragsärztliche Versorgung ist (§ 75 Abs.1 S.1 SGB V). Dies beinhaltete auch die Zurverfügungstellung von Notdiensten, die in Bereitschaftsdienstpraxen (BDP) erfolgt. Die Aufgabe der GmbH hingegen beschränkte sich im Wesentlichen darauf, das nicht-ärztliche Personal (medizinische Fachangestellte bzw. Arzthelfer) einzustellen und es ihrer alleinigen Gesellschafterin – und nur dieser – für deren Verwendung in den BDP gegen Erstattung ihrer Kosten zu überlassen.

 
Das Finanzamt und das Finanzgericht sahen in der Tätigkeit der GmbH eine umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit und lehnten eine umsatzsteuerliche Organschaft ab. Die GmbH hingegen meinte, dass sie aufgrund fehlender unternehmerischer Tätigkeit keine Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG sei, da sie nur gegenüber ihrer alleinigen Gesellschafterin und nur gegen Kostenerstattung tätig werde. Sie entfalte keine eigene Tätigkeit am Markt. Weiterhin erziele sie keine Gewinne und übernehme als vorgeschaltete Gesellschaft lediglich Hilfstätigkeiten, in dem sie Leistungen für ihre Gesellschafter erbringt. Zudem liege eine umsatzsteuerliche Organschaft vor.


Das Finanzamt hielt die GmbH für eine Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs.1 UStG, da sie selbstständig eine gewerbliche Tätigkeit ausführt. Sie stellt nicht-ärztliches Personal ein und überlässt dieses an andere. Selbstständigkeit besteht dahingehend, dass die GmbH nicht weisungsgebunden ist. Weiterhin handelt es sich um eine nachhaltige Tätigkeit, da diese bereits seit deren Gründung ausgeübt wird, eine Fortführungsabsicht bestand und auch derzeit noch besteht. Dass die GmbH ihre Leistungen ausschließlich gegenüber ihrer alleinigen Gesellschafterin erbringt, steht einer unternehmerischen Tätigkeit nicht entgegen. Für die Unternehmereigenschaft ist es nicht zwingend erforderlich, mehrere Geschäftspartner zu haben. Zudem ist die GmbH nach Meinung des Senats auf dem für die Gestellung von Personal im medizinischen oder nicht-medizinischen Bereich existierenden Markt tätig und hat jederzeit die Möglichkeit, ihre Dienste auch anderen Geschäftspartnern (Unternehmern oder Nichtunternehmern) anzubieten. Eine Gewinnerzielungsabsicht muss für eine Unternehmereigenschaft gem. § 2 Abs. 1 S. 3 UStG nicht zwingend vorliegen. Eine Einnahmeerzielungsabsicht reicht aus. 


Eine umsatzsteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 UStG) lehnte das Gericht trotz isoliert betrachtet finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Eingliederung der GmbH ab. Alleiniges Entscheidungskriterium gegen das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist, dass die alleinige Gesellschafterin eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, deren Tätigkeit sich auf die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben beschränkt und die nach außen keine Umsätze ausführt. Die Körperschaft betreibt selbst kein eigenes Unternehmen und ist damit als Nichtunternehmerin anzusehen. Voraussetzung des § 2 Abs. 2 UStG ist hingegen, dass das Unternehmen der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein muss. Somit muss vom Organträger ein Unternehmen betrieben werden.


Auch das Argument der GmbH, dass § 2 Abs. 2 UStG unionsrechtswidrig sein, ließ das Gericht nicht gelten. Nach Meinung des Gerichts ist § 2 Abs. 2 UStG nicht unionsrechtswidrig hinsichtlich der Nichteinbeziehung von Nichtunternehmern in eine umsatzsteuerliche Organschaft. Aus Art. 11 MwStSystRL ergibt sich keine Verpflichtung für die Mitgliedsstaaten, Nichtunternehmer in eine umsatzsteuerliche Organschaft (zwingend) miteinzubeziehen. Einen Verstoß gegen Art. 11 MwStSystRL bringt diese Einbeziehung zwar nicht mit sich. Aber der EuGH gibt selbst den Hinweis, dass Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL den Mitgliedsstaaten gestattet, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um Steuerhinterziehungen oder -umgehungen durch die Anwendung des Art. 11 Abs. 1 vorzubeugen. Der deutsche Gesetzgeber habe mit der Regelung des § 2 Abs.2  UStG eine derartige Maßnahme getroffen, um einer Steuerhinterziehung bzw. Steuerumgehung vorzubeugen.


Ob dies zutreffend ist, hat nun der BFH zu entscheiden.

 

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