Trägerwechsel bei einem MVZ

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veröffentlicht am 22. April 2015; Autor: Lorenz Bonkhoff

 

BSG, 22. Oktober 2014

 

Die bisher ungelöste Frage des Trägerwechsels bei einem MVZ wurde am 22. Oktober 2014 durch das BSG beantwortet. Dabei musste sich das BSG zwar nicht unmittelbar mit der Frage der Zulässigkeit eines Trägerwechsels im Hinblick auf den Verlust der Zulassung befassen. Jedoch entschied das BSG, dass die für die Zulassung erforderliche Bürgschaft auch durch eine GmbH als Gesellschafter des MVZ erklärt werden könne.

 

Die Frage inwieweit die Geschäftsanteile eines MVZ, das in der Rechtsform der GmbH organisiert ist, übertragen werden können, ohne dass dies Einfluss auf die Zulassung hat, war bisher ungeklärt und hat zu vielen Diskussionen mit dem Zulassungsausschuss für Ärzte geführt. Nunmehr hat das Bundessozialgericht jedoch diese Frage im Sinne einer Übertragbarkeit ohne Verlust der Zulassung beantwortet.


Der Entscheidung des BSG lag dabei jedoch nicht der typische „Zulassungsfall” zugrunde, bei dem das MVZ gegen einen Verlust der Zulassung klagt. Der Sachverhalt betraf vielmehr eine „Vorstufe” hierzu. Gem. § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V sind die Gesellschafter eines MVZ, welches in der Rechtsform einer GmbH organisiert wird, dazu verpflichtet eine selbstschuldnerische Bürgschaft für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das MVZ aus dessen vertragsärztlicher Leistung abzugeben.


In dem vom BSG entschiedenen Fall hat eine Gemeinde, als Alleingesellschafterin, ein MVZ in der Rechtsform der GmbH gegründet. Ein Jahr nach der Gründung hat die Gemeinde ihre Geschäftsanteile an eine gGmbH veräußert. Die Erwerberin gab darauf die gem. § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V erforderlichen Bürgschaftserklärungen ab. Das MVZ informierte daraufhin den Zulassungsausschuss für Ärzte über den Gesellschafterwechsel und übersandte die neue Bürgschaftserklärungen. Die kassenärztliche Vereinigung sah in dem Wechsel des Gesellschafters einen Verstoß gegen § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V, da die Bürgschaftserklärungen nicht den Schutz der in der kassenärztlichen Vereinigung organisierten vertragsärztlichen Leistungserbringer sichergestellt werde. Vielmehr müsse in einem solchen Fall die Bürgschaft von dem wirtschaftlich hinter dem Gesellschafter stehenden Personen abgegeben werden.


Dieser Auffassung folgte jedoch das BSG zu Recht nicht. Das BSG hat zutreffend festgestellt, dass die Regelung des § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V es ausdrücklich nur vorsehe, dass die Gesellschafter des MVZ eine entsprechende Bürgschaft abgeben. Eine hierüber hinausgehende Auslegung, wie sie die kassenärztliche Vereinigung für geboten erachtet, hat das BSG verneint. Für die Auffassung des BSG spricht hierbei insbesondere der Umstand, dass seit den Änderungen durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (kurz GKV VStG) Krankenhäuser, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betrieben werden, keine andere Möglichkeit mehr haben, als ein MVZ in einer eigenständigen Rechtsform – regelmäßig in der Rechtsform einer GmbH -  zu gründen, da die MVZ seitdem nicht mehr in der Rechtsform einer AG gegründet werden können. Dass das Bundesgesundheitsministerium bereits bei der Vorbereitung des Entwurfs eines Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes erkannt hat, dass die zur Abgabe der Bürgschaftserklärung verpflichteten Gesellschafter keine natürlichen Personen sein müssen, wird auch daran deutlich, dass der Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums vom 16.5.2006 als Alternative die Möglichkeit zur Vorlage einer Bankbürgschaft für den Fall vorsah, dass „nach der Art der juristischen Person des Privatrechts eine Bürgschaftserklärung einzelner Gesellschafter nicht in Betracht” kommt oder dass diese „nur mit einem unangemessenen Aufwand erreichbar” sein würde.


Gegen eine solche Auslegung können auch keine gesellschaftsrechtlichen Erwägungen angeführt werden. § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V bestimmt die natürliche oder juristische Person, die die Bürgschaftserklärungen abzugeben hat, unabhängig von deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und eröffnet den Zulassungsgremien insoweit keinen Entscheidungsspielraum. Daher kann es für die Frage der Erfüllung der gesetzlich normierten Bürgschaftsbestellung gerade nicht auf die wirtschaftliche Situation der Gesellschafter des MVZ ankommen. Eine Begründung für eine solche Auslegung kann dem Gesetz nicht entnommen werden.


Auch der Umstand, dass ein MVZ auch in der Rechtsform einer Genossenschaft organisiert werden kann, ändert nichts an dem zutreffenden Ergebnis des BSG. Es ist zwar so, dass die Verpflichtung zur Abgabe einer Bürgschaftserklärung dann nicht existiert, wenn Gesellschafter des MVZ eine Genossenschaft ist. Jedoch kann daraus nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber gerade bei der GmbH die Gefahr einer Umgehung der Haftung mit dem Privatvermögen sehe. Einer solchen Argumentation steht neben Umstand, dass auch bei einer Genossenschaft nur diese haftet und nicht deren Gesellschafter (vgl. § 2 GenG), auch die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks 17/6906) entgegen. Einer der Gründe dafür, dass der Gesetzgeber zwar die Gründung eines MVZ in der Rechtsform einer GmbH, nicht jedoch die Gründung eines MVZ in der Rechtsform einer Genossenschaft von der Vorlage selbstschuldnerischer Bürgschaftserklärungen der Gesellschafter abhängig gemacht hat, dürfte vielmehr in dem Umstand zu sehen sein, dass der Entwurf eines GKV-VStG (vgl. BT-Drucks 17/6906 ) zunächst vorgesehen hatte, dass man ein MVZ nur noch in der Rechtsform einer Personengesellschaft oder einer GmbH gründen könne. Die Möglichkeit zur Gründung eines MVZ in Form einer Genossenschaft ist erst im weiteren Gesetzgebungsverfahren auf Empfehlung des Bundestagsausschusses für Gesundheit eingefügt worden (vgl. BT-Drucks 17/8005). Dass die entsprechende Änderung des § 95 Abs. 1 1a S. 1 SGB V bei der Regelung zur Bürgschaftsverpflichtung des § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V nicht nachvollzogen worden ist, kann unter diesen Umständen nicht als Beleg dafür herangezogen werden, dass gerade die Bürgschaftserklärung einer GmbH im Widerspruch zur Zielsetzung des Gesetzgebers stehen würde.


Anhand der Entscheidung des BSG können daher die Geschäftsanteile von MVZ, deren Gesellschafter noch nicht die Krankenhausgesellschaft ist, problemlos auf diese Krankenhausgesellschaft übertragen werden. Ein Verlust der Zulassung nur durch den Wechsel des Gesellschafters kann somit nach derzeitigem Stand ausgeschlossen werden.

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