Spenden unterliegen grundsätzlich auch der Insolvenzanfechtung nach § 134 InsO

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​veröffentlicht am 2. März 2017

 

Der BGH hat kürzlich entschieden, dass Spenden grundsätzlich auch im Non-Profit Bereich vom Insolvenzverwalter angefochten werden können. Im Falle einer nachgewiesenen Entreicherung ist die Anfechtung jedoch ausgeschlossen.

 

​[BGH, Urteil vom 27.10.2016 – IX ZR 160/14]

 

Eine Insolvenzanfechtung ist die Anfechtung einer Rechtshandlung durch den Insolvenzverwalter, die der Insolvenzschuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat und die die Insolvenzgläubiger benachteiligt (§ 129 InsO). Dieses Verfahren dient dazu, Vermögensverschiebungen, die zu Lasten der Gläubiger des Schuldners gehen, rückgängig zu machen. Auch und gerade die im Non-Profit Sektor auftretenden Spenden können grundsätzlich angefochten werden. Dies hat der BGH kürzlich entschieden.

 

I. Die Entscheidung des BGH

Der Schuldner hatte in den letzten vier Jahren vor Insolvenzantragstellung der Beklagten, einer Diözese der russisch orthodoxen Kirche, mehrere Spenden zukommen lassen. Die klagende Insolvenzverwalterin verlangt Rückzahlung dieser Spenden unter dem Gesichtspunkt der Schenkungsanfechtung gem. § 134 InsO. Nachdem das Berufungsgericht die Klage der Insolvenzverwalterin abgewiesen hatte, führte die durch den Senat zugelassene Revision zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, wo die Sache nun weiter verhandelt wird. Der Senat führte aus, dass das Berufungsgericht die Spenden zutreffend als unentgeltliche Leistung i.S.d. § 134 InsO bewertet habe. Das Berufungsgericht habe aber zu Unrecht angenommen, die Beklagte sei entreichert.

 

Wenn feststeht, dass der Anfechtungsgegner eine Leistung erhalten hat, so müsse dieser auch darlegen und beweisen, dass und warum er objektiv nicht mehr bereichert sei. Eine Entreicherung liege z.B. vor, wenn der erlangte Vorteil nicht mehr im Vermögen des Empfängers enthalten und auch sonst kein auf die Zuwendung zurückzuführender Vermögensvorteil mehr vorhanden sei. Regelmäßig sei der Empfänger noch bereichert, soweit er mit den empfangenen Mitteln eigene Schulden getilgt habe.

 

Wenn der Anfechtungsgegner die Verbindlichkeiten aber auch dann getilgt hätte, wenn er die Spende nicht erhalten hätte, kann er sich auf Entreicherung berufen, wenn die dadurch anderweitig verfügbaren Mittel ohne Vermögenszuwachs nicht mehr vorhanden seien, weil er sie in adäquat kausalem Zusammenhang mit der unentgeltlichen Leistung für andere Zwecke verbraucht habe.

 

Im konkreten Falle hatte die Beklagte die Spenden dazu verwendet, die Gehälter von Priestern zu bezahlen. Sie hatte jedoch nicht hinreichend konkret dargelegt, welche Ausgaben, die sie mit den frei gewordenen Mitteln bestritt, ohne die empfangene Leistung unterblieben wären.

 

II. Praxishinweis

Setzt der Empfänger einer Spende das erhaltene Geld zur Tilgung bestehender Verbindlichkeiten ein, kann er sich nur dann auf Entreicherung berufen, wenn er darlegt und beweist,

 

  • dass und wofür er seine durch die Verwendung der unentgeltlichen Zuwendung zur Schuldtilgung frei gewordenen Mittel anderweitig ausgegeben hat,
  • er hierdurch keinen bleibenden Vorteil erlangt hat und
  • diese anderweitige Verwendung der frei gewordenen Mittel ohne die – nunmehr angefochtene – unentgeltliche Leistung des Schuldners unterblieben wäre.

 

Es kann folglich nur dazu geraten werden, nicht „in vorauseilendem Gehorsam” einer Zahlungsaufforderung durch einen Insolvenzverwalter nachzukommen, sondern den jeweiligen Einzelfall und eine entsprechende Entreicherung prüfen zu lassen.

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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