Umsatzsteuerliche Behandlung von Verkaufserlösen bei ursprünglich steuerfreiem Erwerb

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veröffentlicht am 2. Mai 2017

 

Der BFH hat in seinem Urteil vom 21.09.2016 entschieden, dass der § 4 Nr. 28 UStG im Einklang mit Unionsrecht steht. Im Falle von Veräußerungsumsätzen sind diese steuerfrei zu behandeln, soweit der Vorsteuerabzug bei der Anschaffung ausgeschlossen war.

 

​[BFH, Urteil vom 21.09.2016 – V R 43/15]

 

Ein Krankenhaus hatte im Jahr 2003 verschiedene medizinische Geräte in der Absicht erworben, sie zu veräußern. Ein Vorsteuerabzug wurde zu diesem Zeitpunkt nicht geltend gemacht. Im Rahmen der Veräußerung dieser Geräte im Jahr 2004 stellte die Klinik nun Rechnungen mit Umsatzsteuer aus. Die veräußerten Gegenstände mietete sie umgehend wieder zurück (Sale-and-Lease-Back). Auf Grund der steuerpflichtigen Veräußerung macht das Krankenhaus nun die Vorsteuer aus dem Erwerbsvorgang nachträglich geltend (§ 15a UStG).


Das Finanzamt und das Finanzgericht versagten die Vorsteuerkorrektur mit Hinweis auf § 4 Nr. 28 UStG: Die verkauften Geräte wurden für steuerfreie Umsätze (Krankenhausleistungen) verwendet, entsprechend ist der Verkauf („Lieferung”) steuerfrei zu behandeln. Da die Verkäufe somit steuerfrei sind, folgt für den Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG keine geänderte Verwendung. Die Vorsteuer darf daher nicht beansprucht werden. Da somit die Rechnungen unzutreffend mit Umsatzsteuer ausgestellt wurden, wurde das Krankenhaus doppelt bestraft. Zum einen blieb der Vorsteuerabzug verwehrt, zum anderen verlangte das Finanzamt die zu Unrecht ausgewiesenen Steuern nach § 14c UStG vom Krankenhaus.

 

Knackpunkt für die Vorlage vor dem BFH war die Frage, wie der § 4 Nr. 28 UStG bezüglich des von Anfang an beabsichtigten Verkaufs und nur zwischenzeitlicher tatsächlicher Verwendung der Wirtschaftsgüter auszulegen ist. Darf bei der Absicht des Weiterverkaufs auf die zwischenzeitliche tatsächliche Nutzung (für steuerfreie Umsätze) oder auf die spätere steuerpflichtige Veräußerung abgestellt werden? Weiterhin stellt sich die Frage, wie diese Regelungen vor dem Hintergrund des Unionsrecht (Artikel 13 Teil B Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG später umgesetzt in. Artikel 136 MwStSystRL) zu sehen sind.

 

Der BFH folgte zum Teil der Auffassung der Finanzverwaltung, trennte dabei in den Entscheidungsgründen nach veräußerten Gegenständen. Ein Verstoß der Regelung gegen das Unionsrecht wurde verneint. Die medizinischen Geräte waren ausschließlich für eine steuerfreie Tätigkeit bestimmt und es erfolgte kein Vorsteuerabzug. Der spätere Verkauf der medizinischen Geräte fällt unter § 4 Nr. 28 UStG und führt nicht zu einer Änderung im Sinne des § 15a Abs. 1 S.1 UStG, die eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs erlaubt. Die Regelung des § 4 Nr. 28 UStG verstößt insoweit nicht gegen das Unionsrecht. Vielmehr wurde die Regelung im Unionsrecht geschaffen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, was regelmäßig auch der Fall ist (hier tritt die Doppelbesteuerung nur durch die falsch ausgestellten Rechnungen ein). Es kommt auf die tatsächliche, wenn auch nur zwischenzeitliche Nutzung der Gegenstände und nicht auf die ursprüngliche und letztendlich erfolgte Bestimmung des Weiterverkaufs an. Die anderslautende Begrifflichkeit („bestimmt” statt „verwendet”) aus dem Unionsrecht ist in diesem Sinne zu verstehen und stellt keinen sachlichen Unterschied, sondern lediglich unterschiedliche Sprachfassungen dar.

 

Anders sieht der Fall aus, wenn Wirtschaftsgüter zum Teil für steuerliche Zwecke genutzt wurden. So schaffte das Krankenhaus neben den medizinischen Geräten auch eine Telefonanlage an. Diese führte zu Umsätzen mit den Patienten und wurde mithin für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb genutzt. Somit verwendete das Krankenhaus die Telefonanlage zur Erzielung sowohl steuerpflichtiger als auch steuerfreier Umsätze. Nach dem letzten BMF-Schreiben zu dieser Thematik ist in solchen Fällen ein anteiliger Vorsteuerabzug vorzunehmen. Andererseits stellt der erfolgte Verkauf der Telefonanlage aber keinen Fall des § 4 Nr. 28 UStG dar, da die Telefonanlage nicht ausschließlich für eine steuerfreie Tätigkeit verwendet wurde und führt deshalb zur vollen Umsatzsteuerpflicht für den Verkaufsvorgang. Inwieweit der anteilige Vorsteuerabzug noch möglich ist, bleibt abzuwarten. Der BFH hat dies an das Finanzgericht zur Entscheidung zurück verwiesen.

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