Rechtsschutz des benachteiligten Bieters bei Korruption der Beteiligten im EU-Vergabeverfahren nach GWB

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veröffentlicht am 29. Mai 2017

 

​​Autorin: Jana Wollmann

 

Dieser Beitrag soll in erster Linie einen allgemeinen kurzen Überblick über die Rechtsschutzmöglichkeiten des benachteiligten Bieters bei korruptem Verhalten der im Rahmen eines sog. EU-Vergabeverfahrens Beteiligten geben.

 

[GWB-Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen]

 

Das EU-Vergabeverfahren ist nach § 106 GWB anzuwenden, wenn es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt, dessen geschätzter Auftragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils geltenden Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. Oberhalb der Schwellenwertgrenze, die derzeit  bei 135.000 Euro für Liefer- und Dienstleistungsaufträge der obersten und oberen Bundesbehörden sowie vergleichbaren Bundeseinrichtungen, 209.000 Euro für alle anderen Liefer- und Dienstleistungsaufträge und 5.225.000 Euro für öffentliche Bauaufträge liegt, ist das europäische Vergaberecht nach dem GWB maßgeblich.

 

Primärer Rechtsschutz in Vergabeverfahren nach GWB vor den Vergabekammern

Den primären Rechtsschutz im Vergabeverfahren nach GWB bietet das sog. Nachprüfungsverfahren. Der interessierte (benachteiligte) Bieter hat in vielen Fällen, z.B. bei fehlender Ausschreibung, gemäß § 135 Abs. 2 GWB ein Nachprüfungsverfahren binnen einer Frist von 30  Tagen ab Kenntnis, spätestens binnen sechs Monaten nach Vertragsschluss, einzuleiten. Sobald die Frist von sechs Monaten verstrichen ist, kann der Bieter, unabhängig von der Kenntnis des Verstoßes, insbesondere auch bei nachträglicher Kenntnis vom korrupten Verhalten, die Rechtswidrigkeit der Vergabe nicht mehr feststellen lassen. Diese Regelung – mag sie auf den ersten Blick auch ungerecht erscheinen – dient der Schaffung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und soll gewährleisten, dass nach Ablauf von sechs Monaten kein Primärrechtsschutz mehr in Anspruch genommen werden kann (vgl. den Wortlaut von Art. 2f Abs. 1 lit. b) der Richtlinien 2007/66/EG, 89/665/EWG, 92/13/EWG und Art. 62 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 209/81/EG).

 

Sekundärer Rechtsschutz vor den Zivilgerichten

Bei Verstreichen der Frist des § 135 Abs. 2 GWB verbleibt dem Bieter lediglich die Möglichkeit zivilrechtliche Schadenersatzansprüche geltend zu machen. § 135 Abs. 2 GWB entfaltet in diesem Fall keinerlei Sperrwirkung. Für Vergabeverfahren regelt § 181 GWB, dass diejenigen Bieter einen Anspruch auf Schadensersatz haben, die ohne den Vergabeverstoß bei der Wertung der Angebote eine „echte Chance” gehabt hätten den Zuschlag zu erhalten. Ansprüche nach § 181 GWB sind vor den Zivilgerichten geltend zu machen, § 156 Abs. 3 GWB (Verweis des Vergaberechts in das Zivilrecht). Der Anspruch kann sich dabei entweder aufgrund der Verletzung eines vertragsähnlichen Vertrauensverhältnisses (nach den sog. c.i.c.-Grundsätzen) oder aufgrund einer Verletzung eines Schutzgesetzes i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB ergeben. Auch die Normen des Strafgesetzbuches (vgl. etwa § 263 StGB – Betrug, § 299 StGB – Bestechlichkeit / Bestechung) können ein solches Schutzgesetz sein. Im Einzelfall kommt außerdem ein Anspruch auf entgangenen Gewinn in Betracht. Dieser setzt voraus, dass der Kläger bei richtiger Anwendung des Vergaberechts den Auftrag erhalten hätte, und dass der streitgegenständliche Auftrag tatsächlich an einen anderen Bieter vergeben wurde.

 

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

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