Die Gruppenbildung im Insolvenzplan – Teil 1

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veröffentlicht am 29. August 2017

 

Bei der Gruppenbildung handelt es sich um eines der wichtigsten Instrumente der strategischen Aufstellung und Umsetzung eines Insolvenzplans. Denn die Gruppenbildung eröffnet den Gläubigern die Möglichkeit, durch Abstimmung gezielt auf die Annahme eines Insolvenzplans und damit auf den Ausgang der Insolvenz einzuwirken. Der erste Teil dieses Beitrages verschafft einen Überblick über die Ausgestaltungsmöglichkeiten der Gruppenbildung im Insolvenzplan.

 

1. Allgemeines zur Gruppenbildung

Im Insolvenzplan dürfen die Gläubiger in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden. Ausschlaggebend sind hier die jeweils zugrundeliegenden Interessen der Gläubiger. Die Pflicht zur Gruppenbildung ergibt sich im Zusammenhang mit der Erstellung des Insolvenzplanes aus § 222 InsO. Durch die rechtliche Gruppenbildung gemäß § 222 I InsO wird gewährleistet, dass im Rahmen der anstehenden Mehrheitsentscheidung jede Gruppe individuell entscheidet. Die Gruppenbildung zielt auf die gleichberechtigte Beteiligung aller von der Insolvenz betroffenen Gläubiger ab. In diesem Ziel liegt auch ihre Bedeutung für das Insolvenzverfahren, da sie die Mehrheitsverhältnisse für die Abstimmungen festlegt. Demnach geht es bei der Gruppenbildung um die Festlegung der Rechte der Beteiligten im Insolvenzplan.


Der § 222 I S. 1, 2. HS InsO konkretisiert die Gruppenbildung weiter, indem nur solche Gruppen zulässig sind, deren Beteiligte in unterschiedlichen Rechtsstellungen betroffen sind. Die Regelung zur Bildung fakultativer Gruppen findet sich in § 222 II InsO. Hierbei werden die Gruppen nach der gleichartigen Rechtsstellung der Gläubiger gebildet, womit auf die gleichartigen wirtschaftlichen Interessen abzustellen ist.

 

2. Pflichtgruppen und Gestaltungsgruppen

Als gesetzlich vorgesehene Pflichtgruppen werden solche Gruppen in dem Insolvenzplan berücksichtigt, deren Rechte in jedem Fall betroffen sind.


Die Gläubiger werden gemäß § 222 I Nr. 1 bis Nr. 4 InsO in gesetzlich vorgesehene Pflichtgruppen wie folgt aufgeteilt:

 

  • Absonderungsberechtigte Gläubiger; Pflichtgruppe, wenn Rechte vom Plan beeinträchtigt werden
  • Einfache Insolvenzgläubiger; Generelle Pflichtgruppe
  • Nachrangige Insolvenzgläubiger; Pflichtgruppe, wenn Forderungen nicht als erlassen gelten (Bildung einzelner Rangklassen)
  • Am Schuldner beteiligte Gläubiger; Pflichtgruppe, wenn deren Anteils- oder Mitgliedschaftsrecht in den Plan einbezogen werden muss.

 

Neben den dargestellten Pflichtgruppen, können weitere Gruppen berücksichtigt werden – die Fakultativgruppen. Sie werden nach sachgerechten Kriterien eingeteilt, wozu beispielsweise gleichartige wirtschaftliche Interessen gehören. Dem Begriff der gleichartigen wirtschaftlichen Interessen liegt keine Legaldefinition zugrunde. Daher wird eine Bestimmung anhand des Typus vorgenommen, der bezogen auf das Ergebnis der Planabwicklung oder auf die Bedeutung des Insolvenzereignisses für die Gläubiger gleichartig sein muss. Dies soll die wirtschaftliche Effektivität des Plans steigern und die Koordinierung der Interessen der Beteiligten in den Verhandlungen erleichtern.

 

Demnach können die Gläubiger gemäß § 222 II und III InsO in gesetzlich vorgesehene Gestaltungsgruppen wie folgt weiter aufgeteilt werden:

 

  • Sonstige Gläubiger; Abgrenzung bestimmter Gläubiger mit gleichartigen wirtschaftlichen Interesse („Kann”)
  • Arbeitnehmer; „Soll”, wenn nicht unerhebliche Insolvenzforderung
  • Pensions-Sicherungs-Verein; Gesonderte Gruppe im Falle der Fortführung („Kann”)
  • Kleingläubiger/Kleinbeteiligte; Mit Forderungen bis zu 1.000 Euro oder Beteiligung bis zu 1 Prozent des Haftkapitals („Kann”).

 

Im Rahmen dieser Möglichkeiten können Plangegner auch in solche Gruppen eingeteilt werden, innerhalb derer sie mit Kopf- und Summenmehrheit überstimmt werden können. Weiterhin ist es möglich, dass die Plangegner eine einzelne Gruppe bilden. Davon ausgehend kann diese die Zustimmung zum Insolvenzplan versagen. Durch die Zustimmung der Mehrheit anderer Gruppen kann die Zustimmung gemäß § 245 I InsO jedoch ersetzt werden (Obstruktionsverbot), falls die Gruppe durch den Plan nicht schlechter gestellt wird, als sie ohne Plan stünde.

 

Das Bilden solcher Gruppen ist nach allgemeiner Ansicht zulässig. Hierbei gilt es jedoch das Gebot zur Gruppenbildung zu beachten, wie es schon bei den Fakultativgruppen aufgezeigt wurde. Das heißt, es können nur Gruppen gebildet werden, die ein gleichartiges wirtschaftliches Interesse verbindet. Zudem müssen die Gruppen nach sachgerechten Aspekten voneinander getrennt werden.

 

3. Fazit

Die Unterscheidung der Gläubiger in Gruppen soll ermöglichen, wirtschaftlich sinnvolle und nachvollziehbare Entscheidungen über den Insolvenzplan herbeizuführen. Gemäß § 222 InsO ist die Bildung von Gruppen obligatorisch, wenn Gläubiger mit unterschiedlicher Rechtsstellung vorhanden sind, in deren Rechte eingegriffen wird. Darüber hinaus ist die Bildung fakultativer Gruppen gemäß § 222 II InsO möglich, soweit sachgerechte Abgrenzungskriterien erfüllt sind. Eine ungerade Anzahl von Gläubigergruppen ist sinnvoll, um die Zustimmung der Mehrheit bei einer Beschlussfassung zu erreichen.


Lesen Sie mehr im zweiten Teil der nächsten Ausgabe (September 2017), in welcher die Grenzen der Gruppenbildung im Insolvenzplan behandelt werden.

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Tobias Holzschneider, EMBA

Diplom-Wirtschaftsjurist (FH)

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