Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand nach § 2b UStG Teil 2: Anwendungsfragen am Beispiel einer Hochschule

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veröffentlicht am 29. September 2017

 

Die grundsätzlichen Regelungen des § 2b UStG wurden im ersten Teil des Artikels erläutert. Der zweite Teil beschäftigt sich im Speziellen mit Anwendungsfragen bei der Umsetzung der Vorschriften am Beispiel von Hochschulen, welche aufgrund der bundesländerspezifischen Besonderheiten ein interessantes Themenfeld darstellen.

 

[BMF, Schreiben vom 16.12.2016, GZ III C2 – S 7107/16/10001]

 

Hochschulen stellen als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit öffentlichen Aufgaben betraute juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) dar. Sie sind grundsätzlich als Unternehmer iSd. § 2 Abs. 1 UStG anzusehen, da sie ihre Tätigkeit selbstständig und nachhaltig ausüben. Die Satzung einer Hochschule ist die öffentlich-rechtliche Sonderregelung, auf deren Grundlage sie tätig wird. Diese orientiert sich an den jeweiligen Hochschulgesetzen des Landes, wie beispielsweise in Baden-Württemberg das Landeshochschulgesetz (LHG) Baden-Württemberg oder in Bayern das Bayerische Hochschulgesetz (BayHSchG). Gemäß Art. 2 BayHSchG dienen Hochschulen der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung. Übt die Hochschule ihre Tätigkeit auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Satzung in öffentlich-rechtlicher Handlungsform aus, wird sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig. In Bezug auf die Erfüllung ihrer Satzungsaufgaben gilt sie nicht als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (vgl. § 2b Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Veräußerung eines Dienstkraftfahrzeuges, welches im nichtunternehmerischen Bereich der Hochschule eingesetzt war, beispielsweise für Transporte auf dem Hochschulgelände, stellt ein Hilfsgeschäft dar und begründet nicht die Unternehmereigenschaft der Hochschule. Dies gilt auch dann, wenn wiederholt Dienstkraftfahrzeuge veräußert werden.

 

Lehre

Für berufsbegleitende Aufbaustudiengänge, die über ein hochschuleigenes Weiterbildungsinstitut angeboten werden, fallen oftmals aufgrund öffentlich-rechtlicher Regelungen (in der Satzung der Hochschule ö. ä.), Studiengebühren an. Die Hochschule übt diesbezüglich eine selbstständige und nachhaltige Tätigkeit mit Einnahmenerzielungsabsicht iSd. § 2 Abs. 1 UStG aus. Erfolgt das Angebot eines solchen berufsbegleitenden Aufbaustudiengangs und die Erhebung von Studiengebühren auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung, wie beispielsweise einer Regelung in der Satzung, erfüllt die Hochschule Aufgaben, die ihr im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Die Studiengebühren sind von der Umsatzbesteuerung auszunehmen, sofern eine Nichtbesteuerung nicht zu bedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führt. Grundsätzlich besteht ein realer Wettbewerb, da auch private Weiterbildungsinstitute berufsbegleitende Aufbaustudiengänge gegen Entgelt anbieten. Die Leistungen, beispielsweise die Vermittlung von Wissen und ein akademischer Abschluss, sind aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers gleichartig. Die Entgelte privater Weiterbildungsinstitute sind nach § 4 Nr. 21 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Eine Wettbewerbsverzerrung liegt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG aufgrund der Steuerbefreiung privater Anbieter nicht vor. Die Einnahmen der Hochschule aus den Studiengebühren für den Aufbaustudiengang im Rahmen des Weiterbildungsinstitutes unterliegen somit nicht der Umsatzsteuer.

 

Forschung

Oftmals erbringen Studenten einer Hochschule Forschungsleistungen im Namen der Hochschule, wie beispielsweise Materialprüfung, gegen eine Kostenersatzpauschale. Die Hochschule übt dabei eine selbstständige und nachhaltige Tätigkeit mit Einnahmenerzielungsabsicht iSd. § 2 Abs. 1 UStG aus.


Erbringt die Hochschule die Materialprüfung für eine andere Hochschule im Rahmen einer, im Hochschulgesetz des Landes vorgesehenen, öffentlich-rechtlichen unbefristeten Verwaltungsvereinbarung, übt sie die Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt aus. Die Verwaltungsvereinbarung stellt dabei die öffentlich-rechtliche Sonderregelung dar. Die erhobene Kostenersatzpauschale ist von der Umsatzbesteuerung auszunehmen, sofern bedeutende Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen werden können. Die Zusammenarbeit beruht auf einer langfristigen Vereinbarung, der Verwaltungsvereinbarung, und dient einer allen beteiligten obliegenden Aufgabe: der Lehre der Studenten. Die Leistung wird gegen ein kostendeckend kalkuliertes Entgelt an eine andere jPöR, in diesem Fall eine andere Hochschule, erbracht. Grundsätzlich besteht ein realer Wettbewerb, da auch private Anbieter Materialprüfungen gegen Entgelt erbringen. Wettbewerbsverzerrungen liegen gemäß § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG nicht vor, da die Zusammenarbeit der beiden Hochschulen als jPöR auf einer langfristigen öffentlichen Vereinbarung beruht, die der Wahrnehmung der den Hochschulen obliegenden Aufgabe dient und die ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht wird.


Erbringt die Hochschule hingegen die Leistung Materialprüfung an private Auftraggeber, beispielsweise Industrieunternehmen, erfolgt dies auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrags. Es liegt keine Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt vor. Das Entgelt unterliegt der Umsatzsteuer und die Hochschule handelt in diesem Fall unternehmerisch.

 

Medizinische Fakultät

Die Medizinische Fakultät einer Hochschule hat grundsätzlich ein kaufmännisch geführtes Rechnungswesen zu betreiben und einen Jahresabschluss aufzustellen. Dies ist beispielsweise in Baden-Württemberg in § 27 Abs. 2 LHG geregelt. Das Rechnungswesen kann aus historischen oder gesetzlichen Gründen an ein Universitätsklinikum ausgelagert sein. Das Universitätsklinikum und die Universität stellen zwei jPöR dar. Die Zusammenarbeit basiert auf einer zwischen der Universität und dem Universitätsklinikum abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung gegen Kostenerstattung. Inhalt ist oftmals die Übernahme von Verwaltungsaufgaben, die Personalgestellung untereinander und die Zurverfügungstellung der zentralen Infrastruktur. Das Universitätsklinikum und die Medizinische Fakultät sind vertraglich und auch gesetzlich zur Zusammenarbeit verpflichtet. Zwar ist eine Zusammenarbeit mit privaten Dritten nicht explizit ausgeschlossen, allerdings aufgrund der beiderseitig speziellen Anforderungen so gut wie unmöglich. Des Weiteren kann im jeweils geltenden Universitätsklinika-Gesetz die Zusammenarbeit von Universitätsklinikum und Medizinischer Fakultät vorgeschrieben sein. In einem solchen Fall kann die Leistung nicht von privaten Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden. Daher ist davon auszugehen, dass ein Tatbestand des § 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG vorliegt und die Kostenerstattungen von der Umsatzbesteuerung auszunehmen sind.

 

Die praktische Umsetzung des § 2b UStG wird zukünftig weitere Problemstellungen mit sich bringen. Vor allem die Anwendung des § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG in Bezug auf den Verzicht der Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG wird derzeit in der Literatur diskutiert.

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Antonia Schemmel

Master of Arts

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