Auftragsforschung von Hochschulen kostet 19 Prozent Umsatzsteuer

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veröffentlicht am 28. Juni 2018

 

Auftragsforschungsleistungen einer Hochschule unterliegen nicht dem ermäßigten, sondern dem allgemeinen Steuersatz von 19 Prozent, da nach Auffassung des FG Münster ein Betrieb gewerblicher Art für solche Tätigkeiten nicht die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen nach § 68 Nr. 9 AO erfüllt.

 

​[FG Münster v. 13. März 2018, 5 K 3156/16 U]

 

Die Klägerin, eine Hochschule des Landes Nordrhein-Westfalen und als solche eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, verpflichtete sich in einem Werkvertrag zur Durchführung und Erstellung einer wissenschaftlichen Studie.


Im ersten Drittel des vierjährigen Studienzeitraumes errichtete die Hochschule einen Betrieb gewerblicher Art, welcher nach seiner Satzung den steuerbegünstigten Zweck der Förderung von Wissenschaft und Forschung verfolgen sollte. Die Hochschule erstellte danach ihre Rechnungen gegenüber dem Auftraggeber mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.


Etwa zwei Jahre nach Abschluss der nämlichen Studie versagte das Finanzamt im Rahmen seiner Überprüfung den Gemeinnützigkeitsstatus des Betriebes gewerblicher Art. Bei der vorliegenden Studie stehe nicht die Erzielung wissenschaftlicher Ergebnisse im Vordergrund; vielmehr diente die Studie in mindestens gleichwertiger Weise der Erstellung einer Kosten-/Nutzen-Analyse unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die Studie habe kein medizinisches Ergebnis hervorgebracht, das bisher wissenschaftlich nicht gesichert gewesen sei. Der BgA sei zudem eher projektleitend tätig gewesen.


Demgegenüber unterlägen nach Ansicht der Hochschule die auf Grundlage des Werkvertrages erbrachten Leistungen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Es handele sich um Leistungen einer unmittelbar gemeinnützig tätigen Körperschaft i. S. der §§ 51 ff. AO. Der BgA Auftragsforschung sei Zweckbetrieb i.S. des § 68 Nr. 9 AO. Es handele sich bei den erstellten Studien nicht um die Anwendung gesicherter Erkenntnisse, vielmehr habe die Durchführung der Studien eine Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Methodik erfordert. Auch erfülle die Hochschule das in § 68 Nr. 9 AO kodifizierte Finanzierungserfordernis, da sie sich unstreitig überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziere. Es sei in diesem Zusammenhang nicht die Finanzierung des BgA, sondern die der Hochschule als der Trägerin des BgA zu betrachten.


Dieser Meinung schloss sich das FG Münster im vorliegenden Fall nicht an. Nach seiner Auffassung ist nicht die Hochschule, sondern der BgA selbst der maßgebliche Träger, der das Finanzierungserfordernis des § 68 Nr. 9 AO erfüllen muss. Das Finanzgericht begründet dies damit, dass das Gemeinnützigkeitsrecht der §§ 51 ff. AO stets die steuerbegünstigte Körperschaft – hier also den BgA – als Bezugsobjekt betrachtet, welches die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen muss.


Selbst wenn die Hochschule der maßgebliche „Träger” im Sinne des § 68 Nr. 9 AO wäre, würde diese sich nicht überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter finanziert. Vielmehr sei sie selbst Bestandteil der öffentlichen Hand und finanziere sich aus Zuschüssen.


Zudem würde die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Auftragsforschungsleistungen von Universitäten gegen die Vorgaben der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie verstoßen.


Die Entscheidung des FG Münster ist nicht rechtskräftig. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen V R 16/18 anhängig. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob der BFH sich der Rechtsauffassung des FG Münster anschließen wird.

 

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Dr. Mathias Lorenz, M.I.Tax

Diplom-Kaufmann, Steuerberater, Zertifizierter Berater für Gemeinnützigkeit

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