Der Bundesfinanzhof (BFH) spielt den Ball nach Brüssel – Gefahr für steuerliche Querverbünde

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​​veröffentlicht am 8. Januar 2020

 

Der steuerliche Querverbund stellt eine Quersubventionierung durch die Zusammenfassung von defizitären und gewinnbringenden Tätigkeiten bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts bzw. deren Tochtergesellschaften dar. Zum Tragen kommt diese Rechtsfigur regelmäßig bei der Zusammenfassung der Tätigkeiten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) mit denen von Energieversorgern. Ohne diese steuerwirksame Saldierung unterlägen die Überschüsse aus der gewinnbringenden Tätigkeit der Ertragsbesteuerung währenddessen die auf Ebene des ÖPNV anfallenden Verluste als Verlustvortrag fortgeführt werden müssten. Zudem müsste die Gemeinde noch auf den Verlust des ÖPNV Kapitalertragsteuer zahlen.

 

Hintergrund dessen ist, dass der BFH im Jahr 2007 entschieden hat, dass das Unterhalten struktureller dauerdefizitärer Tätigkeiten regelmäßig zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe des jeweiligen Verlustes führt. In der Folge hätte die jeweilige Kommune auf die im ÖPNV anfallenden Verluste Kapitalertragsteuer zu zahlen. Zudem würde diese Auffassung dazu führen, dass die Verluste des ÖPNV durch die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgeglichen wären und eine Verrechnung im Rahmen des steuerlichen Querverbundes mangels Verlust nicht möglich wäre. Der Gesetzgeber war daher gefragt. Der Gesetzgeber handelte in der Form, dass dieser im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 die Regelungen § 8 Abs. 7 f. KStG erließ. Hiernach führen die in § 8 Abs. 7 KStG genannten Tätigkeiten – entgegen der Ansicht des BFH – nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. § 8 Abs. 7 f. KStG finden jedoch nur dann Anwendung, wenn die entsprechenden Verluste von der öffentlichen Hand zu tragen sind. Dadurch war der Querverbund in seiner bisherigen Fassung gerettet.

 

Der BFH sieht nunmehr jedoch in der Regelung des § 8 Abs. 7 KStG eine selektive Beihilfe und hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hierzu um eine Stellungnahme im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gebeten. Im Rahmen dieses Verfahrens hat der EuGH zu prüfen, ob die Sichtweise des BFH, dass die Übernahme einer Dauerverlusttätigkeit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt, zutreffend ist. Erst anschließend wird sich der EuGH mit der Beantwortung des Vorliegens einer selektiven Beihilfe zu befassen haben.

 

Sofern der EuGH der Sichtweise des BFH folgt, liegt der Ball bei der EU Kommission. Diese muss dann entscheiden, ob die erhaltenen Beihilfen zurück zu gewähren sind. Bei der in Frage stehenden Beihilfe handelt es sich um die Saldierung der Verluste im Rahmen des steuerlichen Querverbunds. Eine solche Sichtweise würde nicht nur die Situationen unter Einbeziehung von Gesellschaften betreffen, sondern auch steuerliche Querverbünde auf Ebene der juristischen Person des öffentlichen Rechts selbst.

 

Aufgrund des europarechtlichen „effet utile” wären auch solche Beihilfen zurück zu gewähren, die verfahrensrechtlich bereits bestandskräftig veranlagt sind. Dabei muss jedoch der Vertrauensschutz der Steuerpflichtigen beachtet werden. Nach unserem Dafürhalten muss im Rahmen der Prüfung des Vertrauensschutzes eine möglicherweise erhaltene verbindliche Zusage der Finanzverwaltung in einem erheblichen Maße berücksichtigt werden. Dies könnte sodann im Einzelfall dazu führen, dass eine Rückführung der Beihilfe zu unterbleiben hat.

 

Es bleibt insofern spannend, wann und vor allem wie der EuGH in dieser für die Besteuerung der öffentlichen Hand maßgeblichen Entscheidung urteilen wird. Wir werden Sie hierzu auf dem Laufenden halten.

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Marcel Reinke

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