Koalitionsfraktionen einigen sich auf weitere Details für eine PBefG-Novelle im Eckpunktepapier „Taxi-, Mietwagen- und Poolingverkehr”

PrintMailRate-it

Autor: Dr. Anna Scharl

​veröffentlicht am 10. Juni 2020

 

Für Pooling-Dienste sollen zwei Genehmigungstatbestände „innerhalb des ÖPNV” und „außerhalb des ÖPNV” geschaffen werden. Die Regulierung soll durch die Aufgabenträger vor Ort getroffen werden. Die Vorschläge sehen für die Regulierung von Pooling-Diensten „außerhalb des ÖPNV” eine Liste der Instrumente vor. Das Taxigewerbe soll modernisiert und zukünftig Mobilitätsdaten verpflichtend bereitgestellt werden. Bei der Regulierung von Plattformdiensten gibt es indes noch keine greifbaren Ergebnisse.


Der Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode sieht eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vor. Bereits im Februar 2019 hatte das BMVI ein erstes Eckpunktepapier vorgelegt. Nunmehr sind weitere Festlegungen getroffen worden. Das weitere Vorgehen soll am 19. Juni im Rahmen der Findungskommission besprochen werden.

Vorgesehen ist u.a., dass moderne Mobilitätsangebote (Pooling-Dienste) einfacher zugelassen werden können. Weiter steht die sog. „Rückkehrpflicht” im Zentrum der Reformdebatte. Aber auch hinsichtlich des Taxigewerbes finden sich v.a. angesichts der fortschreitenden Digitalisierung Neuerungen. Ferner werden Fahrdienstvermittler in den Blick genommen.
 

Inhalt der PBefG-Novelle (hier herunterladen)

Genehmigungsmöglichkeit von Pooling-Diensten

Für die Genehmigung von Pooling-Diensten sind zwei unterschiedliche Genehmigungstatbestände vorgesehen:

  • Bedarfsgesteuerte Pooling-Dienste des ÖPNV werden als Linienverkehr eingeordnet, für die sodann die Rechte und Pflichten des Linienverkehrs gelten. Beim Pooling innerhalb des ÖPNV muss Barrierefreiheit gewährleistet werden; § 8 Abs. 3 PBefG findet Anwendung.
  • Daneben soll ein zweiter Genehmigungstatbestand für Pooling-Dienste „außerhalb des ÖPNV” eingeführt werden. Für diese Verkehre außerhalb des ÖPNV soll grds. keine Rückkehrpflicht gelten; den Kommunen verbleibt aber die Möglichkeit, diese für auftragslose Pooling-Fahrzeuge einzuführen und deren Ausgestaltung durch kommunale Satzung oder im Nahverkehrsplan zu regeln. Die Liste der kommunalen Steuerungsinstrumente ist abschließend aufgeführt. Danach können die Kommunen zukünftig Vorgaben zu Sozialstandards vorschreiben und sie müssen eine Poolingquote vorgeben. Die zu erreichende Poolingquote (Höhe) wird nicht im PBefG bundeseinheitlich festgelegt. Die Methodik (Art) der Poolingquote soll dagegen bundesweit gelten. Die Arbeitsebene macht einen Vorschlag zur Methodik, der das durch Pooling zu erreichende verkehrliche Ziel (Reduzierung des Verkehrs) bestmöglich abbildet. In Bezug auf die Barrierefreiheit soll es einen bundeseinheitlichen Richtwert ab einer bestimmten Mindestzahl von Fahrzeugen geben.
  • Offen ist derzeit noch, ob Doppelkonzessionen (innerhalb + außerhalb des ÖPNV) möglich sein können.

 

Mietwagenverkehr

Hinsichtlich des Mietwagenverkehrs wird v.a. an der Rückkehrpflicht für auftragslose Mietwagen festgehalten. Es soll aber die Möglichkeit bestehen, bei weiten Entfernungen die Ausgestaltung der Rückkehrpflicht zu regeln (z.B. durch Zulassung eines zweiten Betriebssitzes). Es wird keine Einführung einer Vorbestellfrist als zusätzliches Abgrenzungskriterium zu anderen Verkehrsarten eingeführt.

Taxiverkehr

Die Regelungen zum Taxiverkehr werden v.a. modernisiert:

  • Neben dem klassischen Fiskaltaxameter soll auch die Nutzung eines zugelassenen App-basierten Systems möglich sein.
  • Alternativ zum klassischen Navigationsgerät soll auch die Nutzung Software-basierter Systeme mit vergleichbaren Funktionen auf einem Smartphone zulässig sein.
  • Die Ortskundeprüfung wird durch einen „Kleinen Fachkundenachweis” ersetzt.
  • Zur Frage des Taxitarifs („Tarifkorridor mit Höchst- und Mindestpreisen” oder „Tarif ohne Zeitfaktor”) soll das BMVI einen Formulierungsvorschlag machen.
  • Die Möglichkeit einer automatischen Pooling-Lizenz für Taxis bzw. von Mehrfachlizenzen soll geprüft werden. Vor Fahrtantritt muss klar sein, um welche Transportform es sich handelt. Die Wahrung der Bedien- und Beförderungspflicht für Taxis mit Mehrfachlizenz muss sichergestellt werden. Ob es für Orte unter 50.000 Einwohner spezieller Regelungen bedarf, ist noch zu prüfen.

 

Verpflichtende Bereitstellung von Mobilitätsdaten

Auch die Betreiber von Mobilitätsplattformen sollen die Pflicht haben, Daten bereitzustellen, wenn die Mobilitätsplattformen genehmigungspflichtig sind.
 

Genehmigungspflicht der digitalen Vermittlung

Zur Herstellung von Rechtssicherheit soll die Genehmigungspflicht der digitalen Vermittlung im PBefG klargestellt werden für den Fall, dass der Vermittler maßgeblichen Einfluss auf die Bedingung der ausgeführten Fahrt nimmt oder aus Kundensicht als Vertragspartner erscheint.

 

Bewertung für die Praxis

Es ist begrüßenswert, dass die Reform – angesichts der den Rechtsrahmen des PBefG längst überholenden tatsächlichen Entwicklungen – nun endlich Fahrt aufnimmt. Die Möglichkeit des Poolings wird so auch – neben dem Linienverkehr – für andere Mobilitätsformen möglich. Zugleich wird die Rolle der Aufgabenträger gestärkt, welche zukünftig Vorgaben treffen müssen. Erste Reaktionen der Branche zeigen, dass mit diesen Vorschlägen ein Kompromiss zwischen den Interessen der herkömmlichen Bedienformen des Taxen- und Mietwagenverkehrs und der Anbieter neuer Mobilitätsformen gefunden wurde.

 

 

Lesen Sie auch: ADAC und Rödl & Partner stellen Vorschläge zur PBefG-Novelle vor

Kontakt

Contact Person Picture

Jörg Niemann

Diplom-Jurist

Partner

+49 40 2292 977 33

Anfrage senden

Profil

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu