Koalitionsvertrag der „Ampel” – Was kommt auf die Mobilität zu?

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​veröffentlicht am 1. Dezember 2021

 

Mit Veröffentlichung des Koalitionsvertrages der „Ampel” hat das Dreierbündnis aus SPD, Grünen und FDP ein Zielbild präsentiert, wie sich Deutschland in den kommenden Jahren entwickeln soll. Auch der Bereich der Mobilität wird behandelt, wobei die Formulierungen nicht immer ganz eindeutig sind.
 
Unter der Überschrift „Öffentlicher Verkehr und neue Mobilitätsangebote” heißt es, dass die Länder und Kommunen in die Lage versetzt werden sollen, die Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV zu verbessern. Darunter wird eine Reihe von zu ergreifenden Maßnahmen genannt, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. Maßnahmen, die wir vor diesem Hintergrund als besonders relevant ansehen, haben wir im Folgenden zusammengestellt.

 

Regionalisierungsmittel werden erhöht und pandemiebedingte Ausfälle ausgeglichen

Als wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge und Baustein einer klimafreundlichen Mobilität stellt der Bund den Ländern mehr Mittel zur Verfügung (derzeit ca. 9 Milliarden Euro jährlich), um einen attraktiven ÖPNV (insbesondere in Form des Schienenpersonennahverkehrs) bestellen zu können. Darüber hinaus werden die pandemiebedingten Ausfälle wie bisher ausgeglichen.

 

Stärkung der Schiene

Die Investitionen in die Schiene sollen erheblich über den Investitionen in die Straße liegen, um einen Deutschlandtakt umzusetzen. Gleichzeitig sollen 75 Prozent des Schienennetzes elektrifiziert und innovative Antriebstechnologien unterstützt werden. Darüber hinaus wird angestrebt, das Streckennetz zu erweitern und Strecken zu reaktivieren. Der Anteil des Schienengüterverkehrs soll auf 25 Prozent und der Personenverkehr um 100 Prozent steigen. Zur Stärkung der Schiene dürfte auch beitragen, dass die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) der Deutschen Bahn AG zu einer gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt werden sollen, die zwar zu 100 Prozent im Eigentum der Deutschen Bahn stehen soll, deren Gewinne aber in der Infrastruktureinheit verbleiben und dort reinvestiert werden sollen. Dies bedeutet gleichzeitig, dass es zu keiner Zerschlagung der Deutschen Bahn kommt.

 

Ausbau der Ladeinfrastruktur

Der Ausbau der (Schnell-)Ladeinfrastruktur soll dem Bedarf vorausgehen. Deshalb sollen bis 2030 eine Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugängliche Ladepunkte geschaffen werden. Sollte dies wettbewerblich nicht erreicht werden können, auch über Versorgungsauflagen. Auch bidirektionales Laden (und somit die Rückspeisung von der Fahrzeugbatterie in das Stromnetz) soll ermöglicht werden.

 

Mobilitätsdaten

Zu dem Stichwort „Attraktivität des öffentlichen Verkehrs erhöhen” dürfte auch der Plan zählen, Verkehrsunternehmen und Mobilitätsanbieter zu verpflichten, ihre Echtzeitdaten unter fairen Bedingungen bereitzustellen, um eine nahtlose Mobilität zu ermöglichen. Da dies im Anwendungsbereich des PBefG mit der Mobilitätsdatenverordnung (MDV) bereits angegangen wird, kann der Plan auch vor dem Hintergrund, dass ein Mobilitätsdatengesetz geschaffen werden soll, nur dahingehend verstanden werden, dass auch außerhalb des PBefG liegende Verkehrsarten von Datenbereitstellungspflichten umfasst werden sollen. Dass dies bisher nicht der Fall war, und so z.B. Car-/Bikesharing-Anbieter als Verkehre, die nicht unter das PBefG fallen, auch nicht zur Bereitstellung ihrer Daten verpflichtet werden, ist vielfach auf Kritik gestoßen.


Gleichzeitig legen sich die Koalitionäre auch auf ein Treuhänder-Modell für eine wettbewerbsneutrale Nutzung von Fahrzeugdaten fest und erteilen dem Ansatz des VDA („NEVADA-Share & Secure”), der die Hersteller weiterhin als Gatekeeper vorgesehen hat, damit eine Absage.

 

Automatisierte Verkehre

Für autonome und vernetzte öffentliche Verkehre soll es eine langfristige Strategie geben, in die digitale Mobilitätsdienste, innovative Mobilitätslösungen und Carsharing einbezogen werden. Außerdem soll Deutschland zum Innovationsstandort für autonomes Fahren werden.

 

StVG und StVO bekommen ein Klimaziel

Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) mit seinem neuen § 1a PBefG hat es vorgemacht, nun sollen auch das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Straßenverkehrsordnung (StVO) auf Klima- und Umweltschutz und somit Gemeinwohl ausgerichtet werden. So sollen „neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden”. Durch das Anheben dieser Aspekte auf Augenhöhe mit den bestehenden verkehrlichen Zielen, soll das (Abwägung-)Übergewicht der verkehrlichen Ziele zugunsten der Gemeinwohlziele beseitigt werden.


Das generelle Tempolimit als ein von vielen Umweltverbänden als besonders wirksam angesehenes Klima-Werkzeug zur Senkung des CO2-Ausstoßes soll es aber explizit nicht geben. Ob damit auch einem flächendeckenden Einsatz von Tempo 30-Zonen eine Absage erteilt wurde, bzw. es bei der aktuellen Situation bleibt (wir berichteten), lässt sich aus der Formulierung nicht entnehmen.

 

Bewertung für die Praxis

Der Koalitionsvertrag enthält viele Stichpunkte und spricht viele Themen an. Dass er nicht überall ins Detail geht, dürfte seinem Charakter als gemeinsames Zielbild der Koalitionäre geschuldet sein. Der Koalitionsvertrag ist schließlich kein rechtsverbindlicher Vertrag an dessen Ende eine Abnahme erfolgt, sondern mehr eine gemeinsame Absichtserklärung. Und so ist es auch nicht unüblich, dass nicht alle Punkte eines Koalitionsvertrages abgearbeitet oder umgesetzt, sondern lediglich als Richtschnur wahrgenommen werden.

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