Die Kritik des BRH am Finanzierungssystem des ÖPNV

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veröffentlicht am 9. März 2022

Von Shirin Raske.

 

Die Ausgaben des Bundes für die Finanzierung des ÖPNV steigen stetig. Die Länder forderten den Bund unlängst dazu auf, die Regionalisierungsmittel allein dieses Jahr um 750 Millionen und ab dem Jahr 2023 jährlich massiv zu erhöhen. Eine Erhöhung wurde nun auf der Sonderkonferenz der Verkehrsminister von Bund und Ländern einstimmig beschlossen. Gleichzeitig übt der Bundesrechnungshof Kritik am bestehenden Finanzierungssystem des ÖPNV.

  

Die Verkehrsminister*innen der Länder und Bundesverkehrsminister Volker Wissing haben am Mittwoch, dem 23. Februar 2022, im Rahmen der digitalen Sonderkonferenz der Verkehrsminister von Bund und Ländern durch einen einstimmig gefassten Beschluss festgelegt, dass die Regionalisierungsmittel für den ÖPNV im Jahr 2022 kurzfristig um mindestens 750 Millionen Euro erhöht werden sollen. Zudem sollen von 2023 an kontinuierlich bis 2030 die Mittel jährlich um weitere 1,5 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr aufgestockt werden. Die Erhöhungen sollen zusätzlich zu den Änderungen der Regeln zum ÖPNV-Rettungsschirm für 2022 umgesetzt werden. Als Begründung wurden unter anderem die erhöhten Bau-, Energie- und Personalkosten, aber auch der Druck zur Erreichung der Klimaziele angeführt. Es soll außerdem eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern eingerichtet werden, welche im Herbst erste Ergebnisse vorlegen soll.

 

Der Umfang der Kosten für den ÖPNV beträgt in den letzten Jahren jährlich ca. 12 Milliarden Euro. Die Kosten der Mittelbereitstellung nach dem Regionalisierungsgesetz (RegG), dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) und dem Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) beliefen sich für den ÖPNV insgesamt auf 11 Mrd. Euro im Jahr 2020 und 11,6 Mrd. Euro im Jahr 2021. Hinzu kommen Förderprogramme und Steuermindereinnahmen.

 

Die Meldung fügt sich ein in die allseits spürbare und sich in der Politik mehr und mehr durchsetzende Erkenntnis, dass für die Stärkung und den Ausbau des ÖPNV insgesamt hohe Investitionen nötig sind, sollen die „Fit for 55-Ziele” der EU und die im deutschen Klimaschutzgesetz definierten Ziele erreicht und die Verkehrswende geschafft werden. 

 

Teilweise auch durch den gestiegenen Kostenbedarf bedingt, wird das Finanzierungssystem des ÖPNV zunehmend undurchsichtiger und komplexer. Der Bundesrechnungshof hat den Bundestag am 08. Februar 2022 gemäß § 99 der Bundeshaushaltsordnung über dieses Problem unterrichtet. Diese Möglichkeit besteht laut der Norm für „Angelegenheiten von besonderer Bedeutung”. Im Bericht des Rechnungshofes ist unter anderem der Begriff „Förderdschungel” zu lesen, der Bund wird außerdem als „bloßer Geldgeber” beschrieben. Teilweise bestehe beim Bund selbst keine Klarheit mehr darüber, wie viel Geld insgesamt für den ÖPNV bereit gestellt werde. Der Bundesrechnungshof empfiehlt, die Finanzierungsinstrumente des Bundes grundlegend zu bereinigen und in einem einheitlichen ÖPNV-Gesetz neu zu regeln. Nur so könne der Bund seine Maßnahmen aufeinander abstimmen und überprüfen, ob das Geld – mit Blick auf die verkehrs- und klimapolitischen Ziele – wirksam und wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werde. Die Bundesregierung hat bereits zugesagt, die wesentlichen Empfehlungen des Bundesrechnungshofes zu prüfen.

 

Bewertung für die Praxis

Der ÖPNV in Deutschland ist auf kommunaler Ebene organisiert. Die einzelnen Aufgabenträger sind, ob in Verkehrsverbünden gemeinsam oder allein, selbst für Bereitstellung und Organisation des ÖPNV in ihren Gebieten zuständig. Überwiegend ist die Bereitstellung von Nahverkehrsangeboten, abgesehen vom Schülertransport, freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe. Bereits auf Landesebene gibt es Bestrebungen und Ansätze, sich mehr in die Organisation des ÖPNV einzumischen und diesen Bereich stärker zu lenken. Ein Beispiel ist Rheinland-Pfalz, wo durch das neue Nahverkehrsgesetz der ÖPNV zur Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung gemacht und der Zusammenschluss der Aufgabenträger vorgeschrieben und damit neu geregelt wurde. Gäbe es ein neues ÖPNV-Bundesgesetz, welches die klare Zielsetzung enthielte, dass der Bund stärkeren Einfluss auf die Organisation und Struktur des ÖPNV in den Ländern und Kommunen erhielte, würde die ureigene kommunale Aufgabe mehr und mehr von den Kommunen weg in den politischen Lenkungsbereich der Länder und des Bundes wandern.

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