VK Münster – Öffentliche Ausschreibung gemeinwirtschaftlicher Verkehre erst nach negativer Entscheidung zu eigenwirtschaftlichen Anträgen

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Die Vergabekammer Münster (VK Münster, Beschluss vom 29.05.2013, Az. VK 5/13) hat entschieden, dass eine öffentliche Busausschreibung erst in Betracht kommt, wenn zuvor gestellte eigenwirtschaftliche Anträge (Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit) von der Genehmigungsbehörde abgelehnt wurden.
 
Die Antragstellerin, ein Busunternehmen, hatte Anträge auf Durchführung eigenwirtschaftlicher Linienverkehre gestellt, nachdem die zuständige Genehmigungsbehörde diese Linien zunächst regional ausgeschrieben hatte. Die Antragsgegnerin ist Aufgabenträgerin für den ÖPNV, auf deren Gebiet die streitgegenständlichen Linien verlaufen. In Absprache mit der zuständigen Genehmigungsbehörde hat die Antragsgegnerin die Linien nahezu zeitgleich als gemeinwirtschaftliche öffentliche Dienstleistungsaufträge europaweit ausgeschrieben. Die Genehmigungsanträge der Antragstellerin für die eigenwirtschaftlichen Verkehre wurden mit der Begründung abgelehnt, die Vorgaben der Antragsgegnerin würden nicht eingehalten. Gleichzeitig hat sich die Antragstellerin in dem öffentlichen Vergabeverfahren mit einem Angebot für gemeinwirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Die Antragstellerin hat zahlreiche Vergaberügen erhoben, die in dem Verfahren vor der VK Münster mündeten. Die Antragstellerin machte insbesondere geltend, dass die Durchführung einer Ausschreibung über gemeinwirtschaftliche öffentliche Dienstleistungsaufträge bei einem gleichzeitig laufenden Genehmigungsverfahren über eigenwirtschaftliche Anträge vergaberechtswidrig sei. Die Antragsgegenerin widersprach dieser Ansicht. Die VK Münster schloss sich der Auffassung der Antragstellerin an.
 
Die Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung, obwohl noch nicht entschieden war, ob die Verkehrsleistung auch eigenwirtschaftlich erbracht werden kann, sei vergaberechtswidrig. Vor der Ausschreibung einer Dienstleistung sei die sog. „Vergabereife“ herzustellen. Es seien nur solche Ausschreibungen zu veröffentlichen, die nach dem Kenntnisstand bei Einleitung des Vergabeverfahrens sicher zu einer Auftragsdurchführung führen. Dies sei bei dem Eingehen eigenwirtschaftlicher Anträge und einer gleichzeitigen öffentlichen Ausschreibung nicht der Fall. Für die Vergabereife sei es erforderlich, dass zunächst über den eigenwirtschaftlichen Antrag entschieden werde, bevor das öffentliche Vergabeverfahren eingeleitet werde. Dieser Grundsatz wurde auch in der Fristenregelung des § 12 Abs. 6 PBefG n.F. berücksichtigt, wonach der Antrag auf einen eigenwirtschaftlichen Verkehr drei Monate nach der Vorabbekanntmachung zu stellen ist. Danach gestellte eigenwirtschaftliche Anträge dürfen nicht mehr berücksichtigt werden und das öffentliche Vergabeverfahren kann eingeleitet werden. 
 
Durch die Entscheidung der VK Münster wird der Vorrang eigenwirtschaftlicher Anträge bestätigt. Eigenwirtschaftliche Anträge sind in der Praxis nicht nur im genehmigungsrechtlichen Verfahren zu beachten, sie haben auch eine Bedeutung für die Zulässigkeit des Vergabeverfahrens.

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Jörg Niemann

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