Cash-Circle zur Begleichung nicht-werthaltiger Forderungen – Missbrauch oder legitime Gestaltung?

PrintMailRate-it

In Gruppenstrukturen, prä- oder post-M&A, kommt es häufig vor, dass konzerninterne Darlehen vorliegen, welche aus unternehmerischen Gründen eliminiert werden sollen. Abhängig davon, ob die Verbindlichkeiten werthaltig sind, löst ein Verzicht steuerliche Folgen aus, welche mit einem außerordentlichen Ertrag der die Verbindlichkeit ausweisenden Gesellschaft verbunden sind. Um diese Folgen zu vermeiden, kann das Mittel des sog. Cash-Circle genutzt werden.

Rechtsprechung zum Cash-Circle

Im Grundfall stellt sich die Konstellation, welche einen Cash-Circle erfordert, wie folgt dar: Eine Mutter­gesellschaft hat z.B. gegenüber einer Enkelgesellschaft (alternativ: Tochtergesellschaft) eine verzinsliche Forderung. Da die Enkelgesellschaft kein aktives Geschäft betreibt, negatives Eigenkapital aufweist und keine stillen Reserven hat, ist die Forderung nicht werthaltig. Damit die Verbindlichkeit der Enkel­gesellschaft steuerneutral, d.h. ohne außerordentlichen Ertrag, eliminiert werden kann, legt die Mutter­gesellschaft die erforderlichen Mittel in ihre Tochtergesellschaft ein. Sie wiederum legt die Mittel in die Kapitalrücklage ihrer Tochtergesellschaft – der Enkelgesellschaft – ein. Nun ist die Enkelgesellschaft in der Lage die Forderung der Muttergesellschaft zu begleichen, ohne die Forderung mit steuerlichen Aus­wirkungen auszubuchen. Umstritten ist, weil das Geld letztlich wieder an die Mutter zurück fließt, ob es sich um einen Fall des Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO handelt.

Zwei Urteile der Finanzgerichte stechen zu diesem Thema heraus. In einem entsprechenden Fall hat das Finanzgericht (FG) München (Az. 6 K 3941/06) entschieden, dass das Steuerrecht eine Finanzierungsfreiheit vorsieht, welche es ermöglicht, dass die o.g. Konstellation steuerlich anzuerkennen ist. Etwas Anderes könne demnach nur gelten, wenn eigenkapitalersetzend gehandelt wird und § 17 EStG zur Anwendung gelangt. Eine solche Annahme lässt sich dem o.g. Fall jedoch nicht ohne Weiteres entnehmen. Weiterhin weist das FG darauf hin, dass außersteuerliche Gründe – im Streitfall eine Bilanzveröffentlichung – den Cash-Circle rechtfertigen können und konsequent auf das Trennungsprinzip abgestellt werden sollte.

Im Ergebnis anders entschied das FG Brandenburg-Berlin (Az. 6 K 53/06). Es nahm einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO an. Beachtenswert ist jedoch: Obwohl die Entscheidung anders ausging, ist bei näherer Betrachtung Ähnlichkeit zum FG München zu er-kennen. Problematisch im Streitfall war nämlich, dass anders als im Fall des FG München keine Barmittel gezahlt wurden und auch kein sonstiger werthaltiger Vermögenswert eingebracht wurde. Stattdessen wurde der Cash-Circle „ohne Cash” durch Aufrechnung einer Einlageverpflichtung mit einer Rückzahlungsverpflichtung erklärt und nach Ansicht des FG nur „auf dem Papier vollzogen”. Das FG führt daher weiter aus, dass kein Widerspruch zur Entscheidung des FG München bestehe, da dort durch den Barzufluss zumindest der kurzfristige Vollstreckungszugriff anderer Gläubiger bestanden hätte.

Voraussetzung zur Anerkennung

Es zeigt sich damit, dass Cash-Circle grundsätzlich anerkannt werden können. Die Rechtsprechung scheint die Anerkennung insb. vom tatsächlichen Vollzug abhängig zu machen.

Weiterhin scheint ein wesentliches Indiz zu sein, dass der Sachverhalt nicht eigenkapitalersetzend wirkt und nicht zu Einkünften nach § 17 EStG führt.

Fazit

Entscheidend ist beim Cash Circle gegenwärtig, dass es zu einem tatsächlichen Barmittelzufluss kommt. Da in absehbarer Zeit jedoch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu erwarten ist, sollte zur Absicherung eine verbindliche Auskunft beantragt werden.​

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater

Partner, Niederlassungsleiter

+49 40 2292 975 20

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu