Grenzüberschreitende Veräußerung von Immobiliengesellschaften

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Viele von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) enthalten eine Regelung, die für Gewinne aus der Veräußerung von ausländischen Gesellschaftsanteilen, deren Wert zu mehr als 50 Prozent (un-)mittelbar auf in Deutschland belegene Immobilien beruht, Deutschland das Besteuerungsrecht zuweist. Mangels eines umfassenden nationalen Besteuerungstatbestands konnte Deutschland dieses Besteuerungsrecht jedoch lange Zeit nur ausüben, sofern die betroffene Kapital­gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hatte. Hingegen konnte Deutschland bspw. die Veräußerung von Anteilen an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft, die direkt oder über eine deutsche Immobilienkapitalgesellschaft inländisches Grundvermögen besaß, nicht besteuern, obwohl Deutschland im DBA das Besteuerungsrecht zugewiesen wurde. Auf diese Regelungslücke hat der Gesetzgeber mit der Einführung einer neuen Vorschrift reagiert (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Bst. e Doppelbst. cc Einkommensteuergesetz (EStG)

Rechtslage seit 1.  Januar 2019

Seit 1. Januar 2019 werden gemäß dieser Vorschrift unter den folgenden Tatbestandsvoraussetzungen inländische Einkünfte erfasst, die der beschränkten Steuerpflicht unterliegen:

  • Der Steuerpflichtige war innerhalb der letzten fünf Jahre vor Veräußerung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland (un-)mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt.
  • Der Anteilswert der ausländischen Kapitalgesellschaft beruhte zu irgendeinem Zeitpunkt während der letzten 365 Tage vor der Veräußerung (un-)mittelbar zu mehr als 50 Prozent auf inländischem unbeweglichen Vermögen und die Anteile waren dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich zuzurechnen. Der Steuerpflichtige muss zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht unbedingt zu mindestens 1 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen sein. Bei der Ermittlung der Quote ist irrelevant, ob sich das inländische Grundvermögen im Besitz der Kapitalgesellschaft selbst oder im Besitz von deren Tochter-/Enkelgesellschaften befindet.
Zur Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen muss der Wert des inländischen unbeweglichen Vermögens zum gesamten Vermögen der Kapitalgesellschaft ins Verhältnis gesetzt werden. Die 50 Prozent-Schwelle ist dabei anhand der Buchwerte der aktiven Wirtschaftsgüter zu prüfen, die zum Veräußerungszeitpunkt anzusetzen wären. Dazu sind die Buchwerte vom letzten Bilanzstichtag auf den Veräußerungszeitpunkt fortzuentwickeln. Passive Wirtschaftsgüter (z.B. Schulden) bleiben bei der Ermittlung der Wertquote außer Ansatz. Falls der Wert aufgrund einer mittelbaren Beteiligung zu ermitteln ist, muss eine konsolidierte Betrachtung der aktiven Wirtschaftsgüter der Gesellschaften, denen das inländische unbewegliche Vermögen zuzurechnen ist, vorgenommen werden.

Praxishinweise

In den meisten von Deutschland abgeschlossenen DBA ist ausschließlich die Wertquote zum Ver­äuße­rungs­zeitpunkt (nicht wie in der neuen Vorschrift des nationalen EStG die Wertquote innerhalb der letzten 365 Tage) relevant. Deshalb besteht unter Umständen die (Gestaltungs-)Möglichkeit, die Vermögensverteilung bei der Gesellschaft kurz vor der Anteilsveräußerung derart zu verändern, dass die 50 Prozent-Schwelle nicht überschritten wird. Somit kann durch vorausschauende Planung ggf. vermieden werden, dass das jeweilige DBA Deutschland das Besteuerungsrecht zuweist. Da die Regelungen eines DBA den nationalen Steuervorschriften grundsätzlich vorgehen, würde § 49 Abs. 1 Nr. 2 Bst. e Doppelbst. cc EStG in solchen Fällen ins Leere laufen.

Ferner ist zu beachten, dass selbst falls § 49 Abs. 1 Nr. 2 Bst. e Doppelbst. cc EStG zur Anwendung kommt, ein gewisses Gestaltungspotential besteht, da die relevante Wertquote anhand der Buchwerte (nicht anhand der ggf. stark abweichenden Zeitwerte) der aktiven Wirtschaftsgüter der Gesellschaft zu ermitteln ist und passive Wirtschaftsgüter außer Ansatz bleiben.

Schließlich sollte ein etwaiger insoweit steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn aufgrund einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) zu 100 Prozent steuerfrei sein, vorausgesetzt es handelt sich beim Veräußerer um eine ausländische Kapitalgesellschaft.

Fazit

Der Gesetzgeber hat zwar durch die Einführung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Bst. e Doppelbst. cc EStG eine Regelungslücke geschlossen, allerdings verbleibt dennoch erhebliches Gestaltungspotential. Deshalb sollten sich Steuerpflichtige bei einer geplanten grenzüberschreitenden Veräußerung von inländischem Grundbesitz frühzeitig mit möglichen Exit-Strategien auseinandersetzen.

 

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Florian Kaiser

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