Bilanzierung und Bewertung von Optionen zum Erwerb von Unternehmensanteilen

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zuletzt aktualisiert am 19. Juli 2023 | Lesedauer ca. 9 Minuten

 

Im folgenden Artikel wird eine Thematik vorgestellt, mit der wir uns regelmäßig in unserem Dienstleistungs­bereich „Quantitative Advisory” befassen. Unsere „Quantitative Advisory”­-Dienstleistungen kommen immer dann zum Einsatz, wenn traditionelle Bewertungsmethoden an ihre Grenzen stoßen und beispielsweise um mathematisch-stochastische Methoden und Optionspreismodelle ergänzt werden müssen. 

 

Wenn ein Berichtsunternehmen im Zuge einer M&A-Transaktion nicht alle Anteile am Zielunternehmen erwirbt, wird häufig ein Erwerb der noch verbleibenden Anteile via Optionen vereinbart. Es stellt sich die Frage, ob und mit welchen Bewertungs­maß­stäben solche Optionen Eingang in den IFRS-Abschluss des Berichts­unternehmens finden. Der Ansatz und die Bewertung ist abhängig von der konkreten Ausgestaltung der Optionsvereinbarung. Weil bestimmte Aspekte innerhalb der IFRS nicht oder nicht eindeutig geregelt sind, ergeben sich für das Berichtsunternehmen zum Teil Gestal­tungs­spielräume mit Blick auf die Bilanzierung und die damit verbundene Bewertung.

 

Wenn ein Berichtsunternehmen im Zuge einer M&A-Transaktion nicht alle Anteile am Zielunternehmen erwirbt, wird häufig der Erwerb der noch verbleibenden Anteile via Optionen vereinbart. Solche Optionsvereinbarungen können für das berichtende Unternehmen folgende Ausprägungen haben:

  • Erworbene Kaufoptionen, bei der das Berichtsunternehmen als Optionsinhaber das Recht erhält, Anteile zu einem festgelegten Preis zu erwerben (Long Call)
  • Geschriebene Verkaufsoptionen, bei der das Berichtsunternehmen als Stillhalter die Verpflichtung eingeht, bei Ausübung der Option durch den Optionsinhaber, Anteile zu einem festgelegten Preis zu kaufen (Short Put)
  • Kombinationen aus erworbenen Kaufoptionen und geschriebenen Verkaufsoptionen mit identischen oder unterschiedlichen Ausübungsbedingungen

Der Ausübungspreis („Strike”) der Option kann entweder fixiert oder variabel sein. Wird ein variabler Preis vereinbart, entspricht dieser häufig dem Fair Value der zugrundeliegenden Anteile zum Ausübungszeitpunkt oder dessen formelbasierten Approximation auf Basis einer Umsatz- oder Gewinngröße (z.B. EBITDA) des Zielunternehmens, häufig in Kombination mit einer Preisober- und/oder Preisuntergrenze.


Bilanzierung von Optionen zum Erwerb von Unternehmensanteilen

Obgleich Optionsvereinbarungen über den Erwerb von Unternehmensanteilen häufig im Rahmen von M&A Transaktionen geschlossen werden, findet sich in IFRS 3 keine Regelung zu deren Bilanzierung. Wie bei Optionsverträgen außerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen sind somit die Regelungen in IAS 28, IAS 32, IFRS 9, IFRS 10 und IFRS 11 anzuwenden.

 

Zu berücksichtigen ist dabei zunächst, dass Optionsvereinbarungen zum Erwerb von Unternehmensanteilen Finanzinstrumente i.S.v. IAS 32 darstellen. Erfüllen sie die Definitionsmerkmale eines Derivats i.S.v. von IFRS 9, müssen sie (vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen) grundsätzlich als derivativer finanzieller Vermögenswert bzw. als derivative finanzielle Verbindlichkeit nach IFRS 9 bilanziert werden. Zumindest Teilen der Fachliteratur zufolge stellt eine Option zum Erwerb von Unternehmensanteilen z.B. dann kein Derivat i.S.v. IFRS 9 dar, wenn der Strike dem Fair Value der zugrundeliegenden Anteile zum Ausübungszeitpunkt entspricht. Dies wird damit begründet, dass der Wert einer solcher Option zu jedem Zeitpunkt null beträgt und somit nicht auf Änderungen des Anteilswerts reagiert. Daneben herrscht in der Literatur die Meinung, dass auch Optionen, deren Strike auf dem Umsatz oder einer Gewinngröße (z.B. EBITDA) des Zielunternehmens basiert, unter Umständen nicht als Derivate i.S.v. IFRS 9 zu betrachten sind. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn vom Berichtsunternehmen in einer solchen Größe stets eine nicht-finanzielle Variable gesehen wird, die spezifisch für eine der beiden Vertrags­parteien ist.

 

Optionsvereinbarungen zum Erwerb von Unternehmensanteilen, bei denen es sich nicht um Derivate i.S.v. IFRS 9 handelt, sind als schwebende Geschäfte grundsätzlich bilanzunwirksam, sofern sie keine belastenden Verträge i.S.v. IAS 37 darstellen.

 

Alle übrigen Optionsvereinbarungen zum Erwerb von Unternehmensanteilen werden als Derivate nach den Vor­schriften des IFRS 9 bilanziert, es sei denn, eine der beiden nachfolgend genannten Ausnahmen kommt zum Tragen:

 

  1. Optionsvereinbarungen zum Erwerb von Unternehmensanteilen sind dann nicht nach IFRS 9 zu bilanzieren, wenn diese bereits vor ihrer Ausübung dem Berichtsunternehmen den gegenwärtigen Zugriff auf die mit den zugrundeliegenden Anteilen an einem Tochterunternehmen, einem Gemeinschaftsunternehmen oder einem assoziierten Unternehmen verbundene Rendite gewähren. Die Beurteilung, ob (gemeinschaftliche) Beherrsch­ung oder maßgeblicher Einfluss vorliegt, hat anhand von IFRS 10, IFRS 11 und IAS 28 zu erfolgen. Der gegen­wärtige Zugriff auf die Rendite führt dazu, dass mit dem Abschluss der Optionsvereinbarung deren Ausübung und mithin der Erwerb der Unternehmensanteile bereits antizipiert wird. In den Anwendungsbereich des IFRS 9 fällt dann nicht die Optionsvereinbarung selbst, sondern die nicht-derivative finanzielle Verbindlichkeit, die sich aus der (antizipierten) Ausübung der Option ergibt. In welchen Fällen vom Vorliegen eines gegenwärtigen Zugriffs auf die Rendite auszugehen ist, wird in den IFRS nicht explizit geregelt und ist der Literatur zufolge anhand der vertraglichen Ausgestaltung der Option und der sonstigen Vereinbarungen zu beurteilen. So wird z.B. ein fixierter und in Relation zum Basiswert verhältnismäßig niedriger Strike als eines der Indizien für das Vorliegen des gegenwärtigen Zugriffs gesehen. Keinen gegenwärtigen Zugriff begründen dagegen Optionen, bei denen der Strike zu Vertragsbeginn nicht fixiert wird oder dem Fair Value der zugrundeliegenden Anteile zum Ausübungszeitpunkt entspricht. Gleiches gilt für Optionen, deren Strike an den Umsatz oder eine Gewinngröße (z.B. EBITDA) des Zielunternehmens gekoppelt ist.
  2. Derivate auf Anteile an Tochterunternehmen, welche die Definition eines Eigenkapitalinstruments des Berichtsunternehmens nach IAS 32 erfüllen, sind vom Anwendungsbereich des IFRS 9 explizit ausgenommen. Dies ist gegeben, wenn das sog. Fixed-for-Fixed-Kriterium erfüllt ist, d.h. das Derivat ausschließlich durch physische Lieferung einer festen Anzahl an eigenen Eigenkapitalinstrumenten gegen Zahlung eines festen Betrags in bar oder in anderen Finanzinstrumenten erfüllt wird. Bei Optionsvereinbarungen zum Erwerb von Unternehmensanteilen kann diese Ausnahme nur greifen, wenn bei Vertragsabschluss bereits Beherrschung über das Zielunternehmen vorliegt und das Berichtsunternehmen somit Anteile nicht-beherrschender Gesellschafter (sog. Minderheitenanteile), die dem Eigenkapital zuzurechnen sind, erwirbt.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei geschriebenen Verkaufsoptionen zum Erwerb von Anteilen nicht-beherrschender Gesellschafter, die durch einen physischen Ausgleich auf Bruttobasis erfüllt werden, gemäß IAS 32 eine nicht-derivative finanzielle Verbindlichkeit – eine sog. „synthetische” Verbindlichkeit – zu erfassen ist. Dies erfolgt unter der Annahme, dass das Derivat bereits ausgeübt bzw. erfüllt worden ist. Der Begriff „synthetisch” zielt darauf ab, dass dabei eine Zahlungsverpflichtung bilanziert wird, die rechtlich erst mit Ausübung des Derivats entsteht. Die Verpflichtung zum Ansatz einer „synthetischen” Verbindlichkeit besteht unabhängig davon, ob die geschriebene Verkaufsoption im ersten Schritt als Eigenkapital- oder Fremdkapitalinstrument klassifiziert wurde.

 

Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick, welche Erfassungsvarianten sich bei auf die physische Er­füllung ausgerichteten Optionsvereinbarungen über Unternehmensanteile ergeben, sofern es sich um Derivate i.S.v. IFRS 9 handelt. Sie gelten grundsätzlich auch beim Abschluss einer Kombination aus Long Call und Short Put.

 

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Bewertung von Optionen zum Erwerb von Unternehmensanteilen

Begründet eine Optionsvereinbarung den Ansatz eines derivativen finanziellen Vermögenswertes oder einer derivativen finanziellen Verbindlichkeit, ist sie nach den Vorgaben des IFRS 9 sowohl beim erstmaligen Ansatz als auch in der Folge zum beizulegenden Zeitwert („Fair Value”) zu bewerten, wobei Änderungen des Fair Value stets unmittelbar erfolgswirksam zu erfassen sind. Für die Ermittlung des Fair Value von Derivaten gelten die Regelungen des IFRS 13. Soweit für Optionen auf Unternehmensanteile notierte Preise auf aktiven Märkten vorliegen, sind nach den Vorgaben des IFRS 13 diese Marktpreise vorrangig für die Bestimmung des Fair Value zu verwenden. Liegen dagegen, wie es bei solchen Optionen oft der Fall ist, keine Preisnotierungen vor, ist der Fair Value auf Basis von Optionspreismodellen zu ermitteln. Im Zusammenhang mit der Bewertung von Optionen stößt man dabei neben dem Fair Value häufig auf die Begriffe „innerer Wert” und „Zeitwert”:

 

  • Der innere Wert entspricht der Auszahlung, die dem Optionsinhaber bei einer sofortigen Ausübung zustünde: der Differenz aus dem Marktwert der zugrundeliegenden Anteile und dem Strike. Der innere Wert kann nicht negativ werden, da es sich bei einer Option im Gegensatz zu z.B. einem Forward/Future um ein Recht und keine Verpflichtung handelt (bedingtes Termingeschäft). Sofern der Optionsinhaber also keine Auszahlung mehr erhält, sondern zuschießen müsste, lässt er die Option wertlos verfallen.
  • Der Zeitwert bildet die Partizipationsmöglichkeit des Optionsberechtigten an künftigen Wertsteigerungen während der Optionslaufzeit ab. Er nimmt während der Laufzeit bis zum Ablaufdatum kontinuierlich ab.

Der Fair Value einer Option ist schließlich die Summe aus dem inneren Wert und dem Zeitwert. Die nach­folgend dargestellten Optionspreismodelle bilden daher neben dem inneren Wert auch den Zeitwert einer Option ab.

 

1. Black-Scholes-Modell

Das Modell wird in der Praxis häufig aufgrund der einfachen Handhabung angewendet. Es handelt sich dabei um ein Einperioden-Modell mit einer geschlossenen Bewertungsgleichung. Allerdings ist das Standard-Black-Scholes-Modell lediglich auf einfache, wenig komplexe Optionen anwendbar. So kann es z.B. nur zur Bewertung europäischer Optionen verwendet werden. Solche können im Gegensatz zu amerikanischen Optionen, die auch während der Laufzeit ausübbar sind, nur am Ende ihrer Laufzeit ausgeübt werden. Sofern ein Unternehmen während der Optionslaufzeit keine Dividende zahlt, ist das allerdings zumeist vernachlässigbar. Außerdem wird im Modell eine konstante Volatilität unterstellt. Empirische Untersuchungen zeigen allerdings, dass die im­plizite Volatilität davon abhängt, ob eine Option einen inneren Wert aufweist bzw. wie weit sie von diesem entfernt ist („Volatility Smile”). Des Weiteren ist die Volatilität häufig pfadabhängig. Nach gestiegenen Kursen ist eine niedrigere und nach gefallenen Kursen eine höhere Volatilität zu beobachten.


2. Binomialmodell

Das Modell (auch Cox-Ross-Rubenstein-Modell genannt) kann im Gegensatz zum Black-Scholes-Modell Veränderungen der Input-Parameter während der Laufzeit einbeziehen. Es handelt sich dabei um ein iteratives Verfahren, bei dem im ersten Schritt ein Entscheidungsbaum aufgestellt wird, der die Entwicklung des Marktwerts der der Option zugrundeliegenden Anteile auf Basis von Volatilität und risikofreiem Zinssatz abbildet. Die Zeitschritte (Entscheidungsknoten) sind dabei frei wählbar. Im zweiten Schritt wird der Options­wert rekursiv ermittelt und auf Basis der inneren Werte an den einzelnen Entscheidungsknoten zu einem diskontierten Erwartungswert verdichtet. Im Gegensatz zum Black-Scholes-Modell können so z.B. auch amerikanische Optionen bewertet oder sich im Zeitablauf verändernde Volatilitäten berücksichtigt werden.

 

Generell gilt: Je mehr Entscheidungsknoten zwischen Zusage- und Ausübungszeitpunkt bestehen, desto aussagefähiger sind die Ergebnisse. Allerdings nimmt der Modellierungsaufwand pro Zwischenschritt auch entsprechend zu.


3. Monte-Carlo-Simulation

Bei der Monte-Carlo-Simulation handelt es sich um ein stochastisches Verfahren, dessen Basis eine große Zahl von Zufallsexperimenten bildet. Monte-Carlo-Simulationen sind besonders zur Bewertung von Optionen ge­eignet, deren Wert von mehreren Unsicherheitsfaktoren abhängig ist. Die Unsicherheitsfaktoren werden dann über stochastische Prozesse bzw. Verteilungen abgebildet. Bei Unternehmens- bzw. Anteilswerten wird z.B. unterstellt, dass diese einer geometrisch brownschen Bewegung folgen. Werden verschiedene Parameter gleichzeitig simuliert (z.B. Umsatz und Kosten oder Aktienkurs und Vergleichsindex), sind mögliche Korrelationen unbedingt zu berücksichtigen.

 

4. Replikation

Bei Optionen, deren Auszahlungsprofil nicht dem einer Standardoption entspricht, weil z.B. die Höhe der Auszahlung bei einem Call gedeckelt ist, ist grundsätzlich eine Nachbildung des Auszahlungsprofils (Repli­kation) mit verschiedenen exotischen Optionen (z.B. „asset-or-nothing calls”, „cash-or-nothing calls”) und damit deren Bewertung möglich. Grundsätzlich ist die Bewertung mittels Replikation – sofern möglich – gegenüber der Monte-Carlo-Simulation vorzugswürdig, da exakte Werte ermittelt werden. Eine Replikation ist i.d.R. allerdings auch komplexer.


Input-Faktoren von Optionspreismodellen

Neben dem Strike sind alle Bewertungsmodelle grundsätzlich von den gleichen Input-Faktoren abhängig: dem aktuellen Kurs bzw. Anteilswert des der Option zugrundeliegendem Unternehmen als Basiswert („Underlying”), der Restlaufzeit, dem risikofreien Zinssatz, der erwarteten Volatilität und der erwarteten Dividende:

  • Der aktuelle Kurs ist bei börsennotierten Unternehmen einfach am Markt abzulesen. Bei nicht-börsen­notierten Unternehmen wird der Anteilswert vom Unternehmenswert („Equity Value”) abgeleitet. Er kann sowohl mittels einer DCF- oder Multiple-Bewertung oder auf Basis aktueller Transaktionen (z.B. Finanzierungs­runden, Secondaries) bestimmt werden. Wenn es unterschiedliche Anteilsklassen gibt, sind i.d.R. tiefergehende Bewertungsüberlegungen notwendig (z.B. Erweiterung um die „Backsolve Method”).
  • Die Restlaufzeit lässt sich aus der Optionsvereinbarung entnehmen. Sofern sie an ein gewisses Ereignis geknüpft ist, muss der Eintrittszeitpunkt geschätzt werden.
  • Der risikofreie Zinssatz wird anhand der Zinsstrukturkurve eines Landes mit AAA Rating (z.B. Deutschland) abgeleitet. Dabei ist darauf zu achten, dass der risikofreie Zins konsistent zur Laufzeit der Option ermittelt wird.
  • Bei der Volatilität wird zwischen impliziter und historischer Volatilität unterschieden. Die implizite Volatilität wird aus aktuellen Optionspreisen hergeleitet und spiegelt die am Markt erwartete Schwankungsbreite der Rendite des Underlying wider. Die historische Volatilität wird aus der historischen Entwicklung des Aktien­kurses abgeleitet. Sie wird grundsätzlich über einen Zeitraum ermittelt, der zur Laufzeit der Option korrespondiert. Bei nicht-börsennotierten Unternehmen wird häufig eine Peer Group-Volatilität zugrunde gelegt.
  • Sofern für die Optionsberechtigten kein Dividendenschutz besteht, müssen die erwarteten Dividenden bei der Ermittlung des Fair Value einbezogen werden.


Aus dem Wert einer Call-Option lässt sich grundsätzlich auch der Wert einer Put-Option auf das gleiche Underlying mit gleicher Laufzeit und identischem Strike herleiten (Put-Call Parity).


Für Call-Optionen gilt: Je länger die Restlaufzeit, je höher die Volatilität und der risikofreie Zinssatz und je niedriger die Dividendenrendite sind, desto höher ist der Fair Value einer Call-Option.


Für Put-Optionen gilt: Je länger die Restlaufzeit, je höher die Volatilität und die Dividendenrendite und je niedriger der risikofreie Zinssatz sind, desto höher ist der Fair Value einer Put-Option.

 

Ist im Rahmen eines antizipierten Erwerbs eine nicht-derivative finanzielle Verbindlichkeit zu erfassen, wird diese in Höhe des Barwerts der aus der angenommenen Ausübung der Option resultierenden Zahlungsver­pflichtung als Fair Value angesetzt und in der Folge gemäß IFRS 9 zu fortgeführten Anschaffungskosten be­wertet. Der Barwert wird mit einem marktüblichen Zinssatz unter Berücksichtigung des Ausfallrisikos (Fremd­kapitalzinssatz) des Berichtsunternehmens ermittelt. Entsprechend der Anforderung des IFRS 13 an kurzfristig abrufbare Verbindlichkeiten darf dieser Wert nicht niedriger sein als der bei Optionsausübung zahlbare Betrag unter Diskontierung ab dem Tag, an dem der Betrag frühestens gezahlt werden müsste. Deshalb ist eine Andienung der maximal möglichen Anzahl der Anteile zu unterstellen und die Diskontierung ab dem frühest­möglichen Ausübungszeitpunkt vorzunehmen. Folglich erübrigt sich eine Diskontierung bei (amerikanischen) Optionsvereinbarungen, die jederzeit ausgeübt werden können. Der Barwerteffekt aus einer etwaigen Diskontierung der Verbindlichkeit wird erfolgswirksam erfasst. Änderungen des geschätzten Zahlungsbetrags aus der Verpflichtung zum Ausübungszeitpunkt der Option führen zu einer erfolgswirksamen Anpassung der fortgeführten Anschaffungskosten der Verbindlichkeit (unter Anwendung des ursprünglichen Effektivzinssatzes).

 

Ist ein Long Call im Eigenkapital zu erfassen, hat dies beim erstmaligen Ansatz in Höhe des Fair Value zu erfolgen. Bei einer marktgerecht abgeschlossenen Optionsvereinbarung entspricht dieser grundsätzlich der gezahlten Optionsprämie. Wertänderungen der erworbenen Kaufoption sind beim Berichtsunternehmen in den Folgeperioden nicht zu berücksichtigen, da diese als Eigenkapitalinstrument klassifiziert ist.

 

Begründet eine geschriebene Verkaufsoption den Ansatz einer nicht-derivativen „synthetischen” finanziellen Verbindlichkeit, ist diese gemäß den Vorgaben des IAS 32 in Höhe des Barwerts des Rückkaufbetrags (d.h. des Ausübungskurses der Option) als Fair Value anzusetzen. Die Wahrscheinlichkeit der Ausübung, vor allem unter Berücksichtigung der Bedingtheit, bleibt bei Ermittlung des Barwerts außer Acht. Weil die Diskontierung in Übereinstimmung mit IFRS 13 ab dem frühestmöglichen Ausübungszeitpunkt der Option vorzunehmen ist, entfällt sie bei den jederzeit ausübbaren (amerikanischen) Optionsvereinbarungen. Steht die Anzahl der durch das Berichtsunternehmen zu erwerbenden Anteile nicht fest, ist eine Andienung der maximal möglichen Anzahl zu unterstellen. IAS 32 gibt nicht explizit vor, welcher Zinssatz für die Diskontierung für den Zeitraum zwischen Abschlussstichtag und erstem Ausübungszeitpunkt zu verwenden ist. Der Literatur zufolge kommen – neben dem Fremdkapitalzinssatz des Berichtsunternehmens – auch die Weighted Average Cost of Cost Capital (WACC) des Zielunternehmens in Frage. In der Folge ist die Verbindlichkeit gemäß IFRS 9 zu bewerten. Konkrete Vorgaben für die Folgebewertung macht IFRS 9 jedoch nicht. Nach der in der Fachliteratur über­wiegend vertretenen Meinung, hat die Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (unter Anwendung der sog. Effektivzinsmethode) zu erfolgen. Der Barwerteffekt aus der Aufzinsung der Verbindlichkeit wird erfolgs­wirksam erfasst. Bei Änderungen des geschätzten Zahlungsbetrags aus der Verpflichtung werden die fortgeführten Anschaffungskosten der Verbindlichkeit (unter Anwendung des ursprünglichen Effektiv­zinssatzes) erfolgswirksam angepasst.


Abschließend lässt sich festhalten, dass die Bilanzierung und Bewertung von Optionen zum Erwerb von Unternehmensanteilen nach den IFRS komplex und einzelfallabhängig sind. Die bilanziellen Effekte haben häufig signifikante Auswirkungen auf Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung. Da die Bewertung von der Klassifikation abhängt und hier gewisse Gestaltungsspielräume bestehen, ist eine sorgfältige Analyse von Optionsvereinbarungen und eine Quantifizierung möglicher bilanzieller Effekte ratsam – auch um Entschei­dungs­alternativen abzuwägen.

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