Businessplan-Plausibilisierung bei Unternehmensbewertungen – Bausteine für eine sachgerechte Bewertung nach IDW S1

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 23. September 2024 | Lesedauer ca. 7 Minuten

 

Im Rahmen einer Anpassung des IDW S1-Standards gewinnt die Darstellung eines nachhaltigen Unternehmensergebnisses zunehmend an Bedeutung, wobei ein fundierter Businessplan entscheidend für eine realistische Unternehmensbewertung ist.


Bedeutung der Businessplan-Analyse für die Unternehmensbewertung​

Eine gründliche Businessplan-Analyse ist entscheidend für die Unternehmensbewertung, da sie Einblicke in die zukünftige Ausrichtung, das Marktpotenzial und die finanzielle Prognose eines Unternehmens bietet. Sie ermöglicht es Investoren und Stakeholdern, die Realisierbarkeit und Nachhaltigkeit von Geschäftsideen zu bewerten, potenzielle Risiken zu identifizieren und die Rentabilität zu prognostizieren.

Im Rahmen der Unternehmensbewertung ist eine gründliche Businessplan-Analyse von entscheidender Bedeutung, da sie die Grundlage für eine objektive und fundierte Unternehmensbewertung bildet. Sie ermöglicht es, dem Bewerter die Stärken und Schwächen des Unternehmens präzise zu identifizieren und dessen Marktposition sowie zukünftige Wachstumspotenziale realistisch einzuschätzen. Durch eine detaillierte Analyse können die Plausibilität der finanziellen Prognosen überprüft und potenzielle Risiken frühzeitig erkannt werden. Dies erhöht die Qualität und Genauigkeit der Bewertung, wodurch fundiertere Empfehlungen abgeleitet werden können.


Wird der Unternehmenswert vollumfänglich anhand des IDW S1-Standards abgeleitet und erfolgt die Erstellung eines Gutachtens, ist eine Businessplan-Analyse bzw. -Plausibilisierung zwingend durch den Bewerter in seiner Rolle als neutraler Gutachter durchzuführen.


Vorgehensweise

Der IDW S1 legt die Grundsätze für die Durchführung und Dokumentation von Unternehmensbewertungen fest, einschließlich der Bewertung von immateriellen Vermögenswerten. Er betont die Bedeutung einer fundierten Analyse der zukünftigen Ertragskraft, der Marktbedingungen und der strategischen Planung des Unternehmens. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Plausibilisierung der Prognosen und Annahmen im Businessplan, um eine realistische und nachvollziehbare Bewertung sicherzustellen.

Die allgemeinen Maßstäbe für die Durchführung der Planungsbeurteilung werden im IDW Praxishinweis 2/2017 anhand genereller Leitlinien festgelegt. Nach diesen muss die Unternehmensplanung nachvollziehbar, konsistent und frei von Widersprüchen sein und soll die angestrebte künftige Entwicklung des Unternehmens abbilden. Das Management trägt die Verantwortung für die Planung und muss sicherstellen, dass sie für den spezifischen Anlass geeignet ist und alle wesentlichen Entwicklungen sowie Chancen und Risiken berücksichtigt. Die Planung muss vollständig und aktuell sein, einschließlich relevanter Szenario- und Sensitivitätsrechnungen.

Die Beurteilung einer Unternehmensplanung durch den Gutachter umfasst das Verständnis des Erstellungsprozesses, wobei die Einhaltung bestimmter Prozessschritte allein nicht die Adäquanz und Plausibilität garantiert. Es wird untersucht, welche Zwecke verfolgt werden, welche Informationen und Einschätzungen einfließen und ob die Planung aktuell und vollständig ist. Typischerweise kombinieren Unternehmen Top-Down- und Bottom-Up-Ansätze, um operative und strategische Ziele zu integrieren. Der Planungsprozess wird auf Konsistenz und auf den korrekten Fluss zwischen den Teilpläne wie Bilanz-, GuV-, und Cashflow-Planungen, d.h. eine integrierte Planungsrechnung, geprüft. Die Plausibilitätsprüfung besteht dabei aus drei Komponenten, die in Abbildung 1 dargestellt sind.​

1. Formelle Plausibilität​:

Der Gutachter bewertet die rechnerische Richtigkeit der Planung, wobei Art und Umfang der Analyse von der Komplexität des Planungssystems abhängen. Weiterhin wird die Konsistenz der Annahmen und die Nachvollziehbarkeit der Dokumentation beurteilt. Dabei ist bei einer integrierten Planung (Bilanz, GuV und Cash-Flow-Planung) beispielswei-se die einheitliche Anwendung von Annahmen in den Teilplänen sowie die Beachtung der Interdependenzen zwischen Annahmen, z.B. die Abhängigkeit nomineller Zinssätze und Inflationsraten oder der Volumenplanung von der bestehenden Anlagenkapazität zu den Teilplänen, zu prüfen. Schließlich wird geprüft, ob alle relevanten Informationen und Datenpunkte enthalten sind, um eine fundierte Bewertung zu ermöglichen


2. Externe Plausibilität:

​Zur Analyse der externen Plausibilität werden Informationen über die vergangene und erwartete Entwicklung der Absatz- und Beschaffungsmärkte des Unternehmens betrachtet. Markt- und Branchenanalysen dienen als Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Planungsannahmen, wobei gesamtwirtschaftliche, politische, gesellschaftliche und technologische Entwicklungen berücksichtigt werden. Zudem sollten makroökonomische Faktoren wie Inflation, Zinssätze und regulatorische Änderungen bei der Analyse des Gutachters berücksichtigt werden, um die Auswirkungen auf das Geschäftsmodell zu bewerten. Ergänzende Instrumente wie Marktanteils-, Marktwachs-tums-, Produktlebenszyklus- und Branchenstrukturanalysen können weitergehende Erkenntnisse liefern. Diese Analysen sind auf die einzelnen Elemente der Unternehmensplanung zu beziehen, da z. B. die wirtschaftliche Entwicklung auf dem Rohstoffmarkt die Einsatzkosten beeinflussen kann. 


Die Wettbewerbsanalyse bewertet den Ist-Zustand und die erwartete Zukunftsentwicklung der wesentlichen Wettbewerber, insbesondere derjenigen mit vergleichbaren Geschäftsmodellen. Abweichungen in der historischen Umsatz- und Margenentwicklung zwischen dem zu analysierenden Unternehmen und den Vergleichsunternehmen können auf strukturelle Unterschiede hinweisen, die untersucht werden sollten. Eine Analyse der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Unternehmens unterstützt die Beurteilung, ob die in der Planung abgebildete Strategie realisierbar erscheint.​

3. Interne Plausibilität:​

Bei der Analyse der internen Plausibilität wird zunächst ein Abgleich der Planungsannahmen mit den strategischen Zielen und den beabsichtigten operativen Maßnahmen des Managements vorgenommen. Es wird bewertet, ob diese Annahmen mit den Erläuterungen des Managements übereinstimmen. Hierbei wird unter anderem die logische Verknüpfung der einzelnen Planbestandteile überprüft, um sicherzustellen, dass keine widersprüchlichen Aussagen oder unrealistischen Annahmen enthalten sind. In diesem Kontext ist es beispielsweise wichtig, Klarheit über die Annahmen des Managements bezüglich geplanter Investitionen, Abschreibungen und des Bedarfs an Nettoumlaufvermögen zu schaffen und deren Plausibilität sowie Angemessenheit zu analysieren, um die Realisierbarkeit des Businessplans sicherzustellen.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Vergleich der Planung mit den Ergebnissen der Vergangenheitsanalyse, bei der historische Ist-Werte für relevante Planungsparameter mit den Planzahlen verglichen werden, um eine fundierte Basis für die Bewertung der zukünftigen Entwicklungen zu schaffen. Um die in der Vergangenheit wirksamen, wiederkehrenden Ergebnistreiber zu identifizieren, sind die historischen Zahlen um einmalige, nicht wiederkehrende oder periodenfremde Sachverhalte zu bereinigen. Dies betrifft beispielsweise staatliche Zuschüsse während der Corona Pandemie oder außerordentliche Aufwendungen wie Prozesskosten. Ein Vergleich zwischen historisch budgetierten Planzahlen und der tatsächlich erfolgten Realisation in den Ist-Zahlen fügt der internen Plausibilisierung noch die Dimension der Planungstreue hinzu. Hieraus zieht der Gutachter weitere Rückschlüsse auf die Plausibilität der im aktuellen Businessplan vom Management erwarteten zukünftigen Ertragslage.

Die Aussagekraft der Vergangenheitsanalyse kann jedoch beispielsweise durch eine weitreichende Umstrukturierung der Organisation in der Vergangenheit oder bei wesentlichen Änderungen der Rahmenbedingungen, wie Gesetzesänderungen oder Marktinnovationen eingeschränkt sein. Zudem hat die Plausibilisierung historischer Zahlen bei Start-ups in der Regel keine Bedeutung, weil diese Unternehmen oft noch keine hinreichende Historie an Finanzdaten aufweisen, um verlässliche Trends oder Muster zu identifizieren. Start-ups befinden sich meist in frühen Entwicklungsphasen, in denen ihre Finanzdaten stark von initialen Investitionen, Markteintrittskosten und schnellen Wachstums- und Veränderungsprozessen geprägt sind. Daher bieten historische Zahlen bei Start-ups nicht die notwendige Grundlage, um die zukünftige Leistungsfähigkeit und den Erfolg des Unternehmens zuverlässig zu prognostizieren. Stattdessen wird der Fokus stärker auf die Bewertung des Geschäftsmodells, des Marktpotenzials und der strategischen Pläne gelegt.​

Beispielhafte Analysen von Rödl & Partner​

Bei der Durchführung einer Businessplan-Plausibilisierung orientiert sich Rödl & Partner in der Rolle eines Gutachters an den Vorgaben des IDW PH 2/2017. Im Rahmen dieser Plausibilisierung werden umfassende Analysen durchgeführt, um die Angemessenheit und Nachvollziehbarkeit der vorgelegten Planungsrechnungen zu gewährleisten.

  1. Die Prüfung der formellen Plausibilität erfolgt bei Rödl & Partner in zwei Schritten. Im ersten Schritt wird die Konsistenz der Annahmen innerhalb der Teilpläne sowie die Interdependenzen zwischen Annahmen geprüft.

    Im zweiten Schritt wird eine technische und mathematische Validierung des Businessplans durchgeführt. Dies beinhaltet eine Gegenprüfung der Eingabekonsistenz und des Datenflusses. Bei komplexeren Businessplan-Modellen zieht Rödl & Partner ein spezialisiertes Excel-Add-in zur Prüfung hinzu, welches bei der Identifizierung von Fehlern, Inkonsistenzen sowie bei der Prüfung der allgemeinen Integrität der Finanzdaten unterstützt. Zudem werden in der Software potenzielle Fehlerquellen durch manuelle Anpassungen bei der Erstellung des Businessplans geprüft. Die Ergebnisse der Auswertung werden im Anschluss intern geprüft.
  2. Die Prüfung der externen Plausibilität beinhaltet kundenspezifische Markt- und Branchenanalysen inkl. der Berücksichtigung makroökonomischer Faktoren. Dabei werden sowohl Marktbedingungen und -trends als auch die Wettbewerbssituation und die Position des Unternehmens im Markt analysiert und bewertet. Rödl & Partner vergleicht dazu Analystenschätzungen, z.B. aus STATISTA, mit den Unternehmensprognosen aus dem Businessplan, um ein fundiertes Verständnis der Markterwartungen und der Genauigkeit der prognostizierten Werte zu gewinnen.

    Weiterhin werden KPI-basierte Vergleiche des Businessplans mit Branchenkennzahlen und Benchmarks auf Basis des DuPont Modells durchgeführt, um die Angemessenheit der Annahmen zu überprüfen. Der Datenabruf für das Peergroup- / Branchen-Benchmarking wird über den Finanzdienstleister S&P Capital IQ vorgenommen. Bezüglich der Auswahl der Peergroup bietet sich grundsätzlich ein Vergleich mit jenen Unternehmen der gleichen Branche an, die ähnliche Produkte anbieten, vergleichbaren Marktstrukturen unterliegen und deren operative Risiken somit zu einem nicht unwesentlichen Maß mit jenen des Bewertungsobjekts vergleichbar sind.

    Die KPI-basierten Vergleiche mit der Peergroup ermöglichen eine Aufschlüsselung spezifischer Posten und liefern gleichzeitig Hintergrunddaten zur Ermittlung möglicher Bandbreiten. Rödl & Partner führt dabei ein Umsatz- und Rentabilitäts-Benchmarking durch, um das geplante Umsatz- und Ertragswachstum im Prognosezeitraum zu vergleichen (siehe Abbildung 2).​Zudem wird eine Plausibilisierung des Ertragswertes mittels Multiple-Bewertungen durchgeführt. Diese Methode beinhaltet den Vergleich von Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), Umsatz- oder EBITDA- und EBIT-Multiplikatoren, um die Marktbewertung des zu bewertenden Unternehmens zu überprüfen. Durch den Abgleich mit vergleichbaren Unternehmen und Branchenbenchmarks wird die Angemessenheit der Bewertungsannahmen und -prognosen im Businessplan sichergestellt.​
  3. Die Prüfung der internen Plausibilität beinhaltet die Analyse des Geschäftsmodells, hinsichtlich regelmäßiger Erträge und einer stabilen Kostenstruktur. Durch eine detaillierte Analyse der historischen Ertragsströme, der nachhaltigen Kostenstruktur und einer Trendanalyse prüft Rödl & Partner inwiefern die Annahmen und Prognosen des Businessplans mit den historischen Finanzdaten des Unternehmens übereinstimmen und ob sie die tatsächliche Geschäftsentwicklung widerspiegeln.

    Zusätzlich werden die Erläuterungen des Managements zum Geschäftsmodell und die zugrunde liegenden Annahmen geprüft. Hierbei müssen sämtliche Parameter und Annahmen anhand von beobachtbaren und extern überprüfbaren Daten sowie nachvollziehbaren Methoden abgeleitet werden können.

    Abschließend analysiert Rödl & Partner im Rahmen eines Fair-Value-Tests, ob die ausgewiesenen Werte den aktuellen Marktbedingungen entsprechen. Der Fair-Value-Test liefert eine objektive und aktuelle Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, die auf Marktbedingungen basiert. Er fördert die Transparenz und Vergleichbarkeit in der Finanzberichterstattung und stellt sicher, dass die finanziellen Informationen eines Unternehmens die Realität der aktuellen Marktsituation widerspiegeln. Dies kann zum einen durch den Vergleich mit ähnlichen Transaktionen auf dem aktiven Markt oder der Diskontierung zukünftiger Cash-Flows auf den Barwert erfolgen.

Fazit ​​​​

Die Plausibilisierung eines Businessplans ist für den Gutachter im Rahmen einer Unternehmensbewertung ein entscheidender Baustein für eine sachgerechte Bewertung. Sie erfordert vom Gutachter eine gründliche Prüfung und Plausibilisierung (extern, intern und formell) sämtlicher Annahmen und Prognosen. Durch den Vergleich mit historischen Daten, Branchenbenchmarks und makroökonomischen Faktoren sowie durch die Durchführung von Sensitivitäts- und Szenarioanalysen kann sichergestellt werden, dass der Businessplan plausibel, konsistent und nachvollziehbar ist. Rödl & Partner setzt dabei konsequent die Vorgaben des IDW PH 2/2017 um und setzt dabei die Plausibilisierungshandlungen mit zielgerichteten Analyseschritten und einer transparenten Dokumentation effizient um.​

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