Matrixstrukturen im internationalen Kontext: Steuerrechtliche Fragestellungen

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von Susanne Hierl
 
In einer arbeitsteiligen Welt, insbesondere im Konzern, werden vermehrt internationale Funktionen implementiert. Sie werden von Mitarbeitern besetzt, die nicht in den Gesellschaften eingestellt sind, für die sie tatsächlich ihre Arbeitsleistung erbringen bzw. die ihre Weisungen von Vorgesetzten erhalten, die nicht im selben Unternehmen ein Anstellungsverhältnis inne haben oder Weisungen an Arbeitnehmer erteilen, die nicht in derselben Gesellschaft beschäftigt sind. Oftmals werden Mitarbeiter deutscher Muttergesellschaften mit deutschem Arbeitsvertrag im Ausland eingesetzt, wo sie in einer Tochtergesellschaft z.B. in leitender Position tätig werden oder Tätigkeiten für die Auslandsgesellschaft ausführen.
 

Problemstellungen

Steuerliche Herausforderungen im Zusammenhang mit Matrixstrukturen können sowohl im ertragsteuerlichen als auch im lohnsteuerlichen Bereich auftreten. Die Fehler können sich bis auf die persönliche steuerliche Ebene des Mitarbeiters erstrecken und gegebenenfalls zu einer falschen Abgabe der Einkommenssteuererklärung führen. Ertragssteuerlich spielen hier Themen wie die Begründung von Betriebsstätten durch die Tätigkeit der Mitarbeiter oder Verrechnungspreise, (welche Leistung ist gegebenenfalls weiter zu berechnen und nach welchen Grundsätzen?) eine Rolle. Damit in Zusammenhang steht auch die Anerkennung von Betriebsausgaben im Unternehmen durch den Betriebsprüfer in Deutschland. Für die Lohnsteuer stellt sich die Frage, welche Gesellschaft Lohnsteuer einbehalten und abführen muss. Der Mitarbeiter hat ein Interesse daran zu wissen, ob er im Rahmen seiner Einkommenssteuererklärung weitere Anpassungen an die tatsächliche Situation vorzunehmen hat.

Vorab bleibt festzuhalten, dass es im Zusammenhang mit Matrixstrukturen keine besonderen Regelungen im Steuerrecht gibt. Die Lösung dieser internationalen Fälle erfolgt daher im Spannungsfeld des nationalen und internationalen Steuerrechts, wie in allen anderen Fällen auch.
 

Herausforderungen

Die Themenstellungen in Matrixstrukturen sind schwerer aufzugreifen, da häufig – wie in allen internationalen Mitarbeitereinsätzen auch – nicht alle relevanten Informationen zur umfassenden Bearbeitung der Fälle an einer Stelle zusammenlaufen, sondern von unterschiedlichen Bereichen im Unternehmen bearbeitet werden. Dies erschwert insbesondere die Identifizierung des betroffenen Mitarbeiters und dementsprechend die Einordnung seiner Tätigkeit. Demzufolge können ebenfalls Probleme bei der ordnungsgemäßen Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer der Gesellschaften entstehen. Oftmals sind sich auch die Beteiligten selbst nicht über die Zuordnung im Klaren.
 

Vorgehensweise

Zunächst sollten alle relevanten Stellen im Unternehmen (Personalabteilung, Steuerabteilung, Controlling, Projektteams etc.) die notwendigen Informationen zur Durchführung eines internationalen Mitarbeitereinsatzes austauschen. Das stellt nach den Erfahrungen der Praxis bereits die erste Hürde dar. Zum einen besteht meist kein gemeinsames Vokabular zur Diskussion dieser Themen innerhalb des Unternehmens. Zum anderen herrscht häufig wenig Verständnis in den Abteilungen für die Auswirkungen bestimmter Sachverhaltsausprägungen (z.B. Auswirkungen vertraglicher Gestaltungen auf steuerliche Sachverhalte etc.) auf die einzelnen Sachgebiete.

Auch Unternehmen, in denen nur in begrenztem Umfang, aber stetig, internationale Mitarbeitereinsätze stattfinden, ist anzuraten, die Eckwerte solcher Einsätze verbindlich im Unternehmen zu vereinbaren und die tatsächliche Handhabung im Rahmen einer Richtlinie festzulegen.

Im jeweiligen Einzelfall ist nach Vorliegen aller Informationen zu entscheiden, wie der jeweilige Fall steuerlich zu beurteilen ist.
 

Fallstudien

Nachfolgende Fälle sollen das generelle Vorgehen und die Probleme der Thematik darstellen:
 

Fall A

Mitarbeiter A ist in Deutschland angestellt und soll im Rahmen der Geschäftsentwicklung für die Region EMEA (Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika) tätig werden. Er hat seinen Dienstsitz in Kairo und erhält, um seine Tätigkeit in der Region zu unterstreichen, noch einen Geschäftsführervertrag in der Gesellschaft in Kairo. Die Mitarbeiter in der Region EMEA sind ihm unterstellt. 80 Prozent seiner Tätigkeit erbringt der Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Gruppenaufgabe und 20 Prozent mit der Geschäftsführung. Das Gehalt für die Geschäftsführung beträgt jedoch nur 5 Prozent des Gehalts.
 

Fall B

Mitarbeiter B ist angestellt in Deutschland und soll im Rahmen eines IT-Projekts bei einer Tochtergesellschaft für einige Monate eingesetzt werden. Die Weisungen für die Durchführung der Tätigkeit erhält er von seinem Arbeitgeber in Deutschland. Für die Tätigkeit erfolgt eine Weiterverrechnung der Kosten auf Dienstleistungsrechnung.
 

Lösung

Um die steuerlichen Implikationen in beiden Fällen beurteilen zu können, ist zunächst zu erfragen, in welchem Interesse der Mitarbeiter jeweils tätig wird. Zur Abgrenzung der Interessen kann auf das BMF Schreiben vom 9. November 2001, IV B 4, verwiesen werden.  

Für Fall A ist zwischen der Tätigkeit für die Region EMEA und der Geschäftsführertätigkeit in Kairo  zu unterscheiden. Bei der Tätigkeit  in EMEA (Geschäftsentwicklung der Muttergesellschaft) ist von einer Tätigkeit im Interesse der Muttergesellschaft auszugehen. Die Geschäftsführertätigkeit hingegen wird im Interesse der ägyptischen Gesellschaft ausgeführt. Die Aufteilung des Gehalts sollte sich an der Aufteilung der Arbeitstätigkeit orientieren (BMF Schreiben vom 12. November 2014, IV B 2 S 1300/08/10027). Demgemäß sollten sich auch die Anteile am Gehalt aufteilen. Der Einbehalt der Lohnsteuer ist entsprechend durchzuführen.

Tätigkeitstage in Deutschland, die auf die Geschäftsentwicklung für die Region EMEA entfallen und somit im Interesse der deutschen Gesellschaft erfolgen, sind in Deutschland der Besteuerung zu unterwerfen, da als wirtschaftlicher Arbeitgeber die deutsche Gesellschaft anzusehen ist. Gilt Deutschland zudem als Ansässigkeitsstaat, besteht darüber hinaus ein Besteuerungsrecht auf alle ausländischen Arbeitstage, die im Rahmen der Geschäftsentwicklung für die Region EMEA erbracht werden, vorausgesetzt die Aufenthaltsdauer von 183 Tagen wird pro Land nicht überschritten.

Sofern die ägyptische Geschäftsführertätigkeit gelegentlich in Deutschland ausgeübt wird, ist sie nur der deutschen Versteuerung zu unterwerfen, wenn sich der Mitarbeiter mehr als 183 Tage in der Funktion in Deutschland aufhält. Ist Deutschland jedoch als Ansässigkeitsstaat anzusehen, ist eine Besteuerung der Tätigkeitstage im Rahmen der Geschäftsführertätigkeit ebenfalls in Deutschland vorzunehmen – unabhängig von der Anzahl der deutschen Aufenthaltstage. 
  
Im Fall B erfolgt die Tätigkeit im Interesse der Inlandsgesellschaft, so dass die Lohnsteuer weiterhin in Deutschland einzubehalten und abzuführen ist, sofern der Mitarbeiter sich nicht mehr als 183 Tage im anderen Land aufhält. Die Versteuerung verbleibt weiterhin in Deutschland.
 

Fazit und Ausblick

Neben den Steuern sind auch die Sozialversicherungspflicht sowie die vertragliche Umsetzung des Einsatzes nicht zu vernachlässigen. Vielmehr machen sie die steuerrechtlichen Herausforderungen noch komplexer.
 

Je besser die Einsätze geplant und vorbereitet sind, desto erfolgreicher können sie durchgeführt werden. Anzuraten ist in diesen Fällen, alle Fakten bereits vor dem Aufsetzen des Falles zu sammeln und auf die Konsequenzen hin zu prüfen. Hierbei sind insbesondere die ertragsteuerlichen und die lohnsteuerlichen Folgen in Betracht zu ziehen. Vor Beginn der Tätigkeit sind die entsprechenden Anträge an die Behörden zu stellen und die Mitarbeiter entsprechend zu informieren. Es empfiehlt sich den Mitarbeitern eine Unterstützung an die Hand zu geben.

zuletzt aktualisiert am 10.02.2016
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