Vorausschauende Einflussnahme auf die nächste Generation

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veröffentlicht am 15. November 2017
von Lutz Günther

 

Wer erhebliches betriebliches Vermögen selbst aufgebaut hat oder seinerseits von seinem Vater oder seiner Mutter übernommen hat, der trägt auch die Verantwortung, das auf einen Nachfolger zu übergeben. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Frage, ob und welchen Einfluss der Unter­neh­mer über seinen Tod hinaus auf die nächste Generation ausüben will.


 

 

Das Thema ist stark geprägt von der individuellen Situation und den Ansichten des Unternehmers. Daher sind hier pauschale Empfehlungen nicht unbedingt zielführend. Dennoch bestehen gewisse Interessen, die üblicherweise verfolgt werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen nachfolgend bestimmte typische Fallkonstellationen dargestellt werden und wie man sie in der Nachfolgegestaltung „anpacken” kann:

 

Nachfolge der Kinder anstatt der Ehegatten

Eine typische Überlegung des Unternehmens für die Nachfolge ist sicherzustellen, dass das Unternehmen konsequent in die nachfolgenden jüngeren Generationen vererbt oder übertragen wird. Die Ehegatten bleiben hier im Regelfall außen vor. Die Überlegung macht v.a. dann Sinn, wenn der Übergang des Unter­nehmens mit einer erbschaftsteuerlichen Belastung einhergeht, denn die Kinder und Enkel des Unterneh­mens werden das Unternehmen voraussichtlich länger halten als nahezu gleichaltrige Geschwister oder Ehegatten. Bei ihnen besteht leicht das Risiko einer quasi „doppelten” Belastung mit Erbschaftsteuer innerhalb eines kurzen Zeitraums, die zudem ggf. aus dem Unternehmen entnommen wird. Auch sollte der Unternehmer über den Punkt reflektieren, dass bei einer Vererbung an den Ehegatten die Möglichkeit einer Wiederverheiratung besteht. Dadurch würde ein weiteres Erbrecht am Unternehmen bzw. an dessen Wert entstehen. Im Regelfall trifft man hier Vorsorge, indem man bereits im Gesellschaftsvertrag für Nachfolgeklauseln zugunsten der Kinder sorgt und die dann mit dem Testament abstimmt.

 

Minderjährige Kinder und Kinder in Ausbildung

Sind die Kinder des Unternehmers noch minderjährig, wird man ihnen zwar haftungsbeschränkte Gesell­schaftsanteile an einer AG, GmbH oder GmbH & Co. KG vermachen können, dennoch sind sie noch nicht in der Lage, wirksame Erklärungen als Gesellschafter abzugeben. Sind die Kinder zwar volljährig aber noch in Ausbildung, will man ihnen unternehmerische Entscheidungen als Gesellschafter noch nicht zumuten. Hierbei hilft die im Erbrecht vorgesehene Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Sie sorgt dafür, dass eine geschäftserfahrene Person für die Kinder handelt, obwohl sie Gesellschafter sind. Enden kann das bspw. mit Ende der Studienzeit.

 

Schutz des Unternehmens vor „privaten” Ansprüchen des Nachfolgers

Risiken für das unternehmerische Vermögen können sich aus der familiären Situation des Unternehmens­nachfolgers ergeben. Namentlich genannt seien hier der Pflichtteilsanspruch und der Anspruch auf Zugewinnausgleich im gesetzlichen Güterstand, etwa wenn der verheiratete Nachfolger stirbt oder sich scheiden lässt. Das u.U. erhebliche Risiko der Ansprüche für das Unternehmen hat seine Quelle darin, dass der Wert des Unternehmens selbst Gegenstand der Ansprüche ist. V.a. dann, wenn das Unternehmen den wesentlichen Wert des Vermögens ausmacht, wird die notwendige Liquidität zur Begleichung der Ansprüche durch Ausschüttungen oder Entnahmen zu Lasten des Unternehmens gehen. Welche Möglichkeiten hat der Senior zum Schutz des Unternehmens? Es gibt hier mehre Möglichkeiten, das Thema individuell zu lösen, bspw. durch Vereinbarungen zum Güterstand, Pflichtteilsverzichte und entsprechende Pflichten, die gesellschaftsvertraglich geregelt werden. Auch im Testament kann ggf. Vorsorge getroffen werden, etwa wenn der Unternehmensnachfolger nur zum sog. Vorerben eingesetzt wird.

 

Schutz des Unternehmens vor Einflüssen des geschiedenen Ehegatten

Eine streitige Scheidung gehört im Regelfall zu den eher unangenehmen Erfahrungen eines Unternehmers oder seines Nachfolgers. In bestimmten Situationen endet das Thema ohne vorausschauende Regelung auch nicht automatisch mit der Scheidung oder Unterzeichnung der Scheidungsvereinbarung. Wären bspw. die Kinder des Unternehmers im Erbfall noch nicht volljährig, dann würde für das erbende Kind nun der andere (geschiedene) Elternteil handeln. Das kann zu erheblichen Spannungen mit den Mitgesellschaftern oder der Familie des geschiedenen Unternehmers führen. Besonders tragisch wäre auch, wenn der Unternehmer einen Teils seines Unternehmens im Wege der vorweggenommen Erbfolge auf den noch kinderlosen Nachfolger überträgt und er vor dem Senior verstirbt. Ohne besondere Regelungen besteht hier ein Erbrecht oder zumindest ein Pflichtteilsrecht des leiblichen geschiedenen Elternteils. Die gute Nachricht ist, dass die Fälle vorausschauend so geregelt werden können, dass Rechte des geschiedenen Ehegatten von vornherein vermieden werden, ohne ihn beteiligen zu müssen. Für die minderjährigen Kinder kann man einen Testamentsvollstrecker einsetzen und für die Vermeidung der Beteiligung des Ex-Gatten hat die Praxis testamentarische Lösungen entwickelt, indem ein Nacherbe bestimmt wird bzw. eine Ersatzkonstruktion ins Testament aufgenommen wird.

 

Kooperation aufbauen, Streit und Pattsituationen vorbeugen

Dass durch Zwietracht das Große zerfällt, ist keine neue Weisheit. Daher ist es ein verständliches Anliegen des Unternehmers, dafür Sorge zu tragen, dass die künftige Generation sich nicht „unversöhnlich auseinanderentwickelt”. Ob die nächste Unternehmergeneration den Samen der Eintracht in sich trägt, ist keine juristische Frage. Die Senior-Generation kann dazu rechtlich verbindliche Anordnungen hinterlassen. Für den Bestand des Unternehmens und der Unternehmerfamilie von Vorteil ist daher, wenn die künftige Kooperation von Familienstämmen in Gesellschaftsverträgen von Familienpoolgesellschaften oder sogar einer Familienverfassung von der Senior-Generation vorgegeben wird. Konkret angesprochen sind hier Möglichkeiten zur Bildung von Gesellschafterstämmen oder Schiedsvereinbarungen. Stimmrechtsabsprachen können zudem Pattsituationen vermeiden. Aber auch auf der Gestaltung des Testaments liegt hier ein besonderes Augenmerk. Es mag bspw. nicht klug sein, die Kinder aus erster Ehe als designierte Unternehmensnachfolger mit dem von der Unternehmensnachfolge ausgeschlossenen Ehegatten aus zweiter Ehe in eine auf gemeinschaftliche Verwaltung angelegte Erbengemeinschaft „zusammenzu­zwingen”. Auch der Umgang mit unehelichen Kindern will vorausschauend behandelt werden. Das Erbrecht eröffnet hier Lösungsmöglichkeiten.

 

Fazit

Der Unternehmer bzw. die Senior-Generation hat es in der Hand, durch kluge und vorausschauende Anordnungen dafür Sorge zu tragen, dass das Unternehmen vor belastenden Einflüssen aus der Gesell­schaftersphäre geschützt wird. Hierzu werden kritische Situationen antizipiert betrachtet und ein daraus resultierendes Konzept in Testament und Gesellschaftsvertrag umgesetzt.


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Elke Volland

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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