Der Squeeze-Out als Mittel zur Erlangung der alleinigen Aktionärsstellung

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​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 8. Mai 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

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Eine jüngere Entscheidung des Kammergerichts Berlin (v. 16.10.2023 - 2 AktG 1/23) zur rechtsmissbräuchlichen Durchsetzung eines aktienrechtlichen Squeeze-Outs gibt Anlass, die Rechtslage und mögliche Szenarien zur Erlangung der alleinigen Aktionärsstellung zu reflektieren.

Der Beschluss bestätigt das legitime Interesse eines Mehrheitsaktionärs die alleinige Aktionärsstellung und damit die alleinige Entscheidungsgewalt an einer Aktiengesellschaft zu erlangen. So entfällt beispielsweise das Risiko einer Sonderprüfung. Zudem werden durch einen Squeeze-Out die Kosten und der Verwaltungsaufwand reduziert.

Squeeze-Out​

Hierbei handelt es sich um ein gesetzliches Verfahren zum Hinausdrängen der (verbliebenen) Minderheitsaktionäre und zur Erlangung der alleinigen Aktionärsstellung an einer Aktiengesellschaft gegen die Gewährung einer angemessenen Abfindung. 

Der Gesetzgeber hat drei verschiedene Varianten vorgesehen, 
  •    den aktienrechtlichen (§§ 327a ff. AktG), 
  •    den verschmelzungsrechtlichen (§ 62 Abs. 5 UmwG) und 
  •    den übernahmerechtlichen Squeeze-Out (§§ 39a ff. WpÜG).

Alle drei sind an verschiedene Voraussetzungen, insbesondere unterschiedliche Schwellenwerte, geknüpft. Beispielsweise ist ein übernahmerechtlicher Squeeze-Out lediglich bei einer börsennotierten Gesellschaft möglich. Die Wahl der konkreten Squeeze-Out-Variante richtet sich nach den individuellen Gegebenheiten der Gesellschaft.


Der Gesetzgeber hat zudem vorgesehen, dass die Wirksamkeit des Squeeze-Outs nicht von der Frage der Angemessenheit der Abfindung abhängt. Die Angemessenheit kann teilweise in einem nachgelagerten Spruchverfahren überprüft werden. Zu einer erfolgreichen Anfechtung des Squeeze-Out-Beschlusses, die das Ziel der Erlangung der alleinigen Aktionärsstellung verhindert, kommt es eher selten. Auf eine solche Anfechtungsklage kann die Gesellschaft mit einem aktienrechtlichem Freigabeverfahren (§ 246a AktG) reagieren.

Sonderprüfung: Im Aktiengesetz bestehen mehrere Möglichkeiten der Hauptversammlung eine Sonderprüfung zu beantragen. Dies sind eine allgemeine, bilanzrechtliche und eine konzernrechtliche Sonderprüfung. Es handelt sich jeweils um eine außerordentliche Prüfung bestimmter Sachverhalte, insbesondere des Verhaltens der Geschäftsleitung (Vorstand und Aufsichtsrat). Nach einem erfolgreichen Squeeze-Out entfällt das Risiko einer Sonderprüfung durch Minderheitsaktionäre.

Sachverhalt der Entscheidung

Die hier dargestellte Entscheidung stellt einen oben bereits beschrieben Sonderfall dar. Die Ausführungen des Kammergerichts sind eingebettet in ein aktienrechtliches Freigabeverfahren, nachdem der Hauptversammlungsbeschluss über den Squeeze-Out durch die Minderheitsaktionäre angefochten wurde. Während die Aktiengesellschaft als Antragstellerin die Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister begehrte, forderten die Antragsgegner (Minderheitsaktionäre, die im Wege des Squeeze-Outs aus dem Unternehmen gedrängt werden sollten) die Zurückweisung des Freigabeantrags.

Als Begründung für den begehrten Aufschub der Eintragung wurde durch die Antragsgegner vorgebracht, dass der Squeeze-Out als rechtmissbräuchlich anzusehen sei. Der Squeeze-Out diene lediglich dem Zweck, einer bereits eingeleiteten Sonderprüfung (§ 142 AktG) die Grundlage zu entziehen.

Beschluss des Kammergerichts

Im dargestellten Fall bestätigt das Kammergericht ausdrücklich, dass ein aktienrechtlicher Squeeze-Out lediglich der gesetzlichen Voraussetzungen des § 327a AktG bedarf, also des Haltens von 95% des Grundkapitals durch den Hauptaktionär. Darüber hinaus muss die Entscheidung zum Squeeze-Out gerade keinen übergeordneten oder wirtschaftlich nachvollziehbaren Zweck verfolgen. Es ist nicht zu prüfen, ob der Squeeze-Out ein angemessenes Mittel zur Erreichung eines bestimmten Zwecks darstellt. Diese Entscheidung wurde bereits durch den Gesetzgeber getroffen und durch die Schaffung der Vorschrift inklusive immanenter Schwellenwerte abschließend geregelt.

Nach dem Willen des Gesetzgebers reicht allein das abstrakte Risiko der Beeinträchtigung und Behinderung von Unternehmensentscheidungen bei Vorliegen der genannten Mehrheitsverhältnisse aus, um ein Herausdrängen der Minderheitsaktionäre zu rechtfertigen. Der Squeeze-Out trägt seine Legitimation demnach in sich. Der Tatbestand für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs ist somit sehr eng und beschränkt sich auf Fälle, in denen der Squeeze-Out zur Unterwanderung anderer, zwingender Vorschriften dient oder dem gesetzlichen Zweck zuwiderläuft.

Im entschiedenen Fall hat das Kammergericht klargestellt, dass ein gezielter Squeeze-Out als Reaktion auf die Bestellung eines Sonderprüfers zwar grundsätzlich einen solchen Rechtsmissbrauch beinhalten könne. Dies könne bei einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang indiziert sein.

Allerdings konnte im vorliegenden Fall ein solcher besonders schwerer Rechtsverstoß durch ein bezwecktes Unterlaufen der Sonderprüfung nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Die Gesellschaft hatte den Squeeze-Out bereits vor der Bestellung des Sonderprüfers angekündigt, sodass eine derartige Absicht des Hauptaktionärs nach Ansicht des Kammergerichts abwegig erscheint. Im Übrigen verweist das Kammergericht auf das Spruchverfahren, welches unabhängig von der Mandatierung von Sonderprüfern oder besonderen Vertretern Schadenersatzansprüche in die Bemessung der Barabfindung einbeziehen kann, sodass die Minderheitsaktionäre jedenfalls nicht schutzlos gestellt sind.

Fazit

Der Beschluss verdeutlicht, dass beim aktienrechtlichen Squeeze-Out ein Rechtsmissbrauch nur in besonderen Ausnahmefällen gegeben sein wird. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der entsprechenden Vorschriften zum Squeeze-Out die Absicht verfolgt, Behinderungen bei der Unternehmensführung durch die Inhaber von Klein- und Kleinstbeteiligungen auszuschließen. Die Aktionäre erhalten als Ausgleich eine Barabfindung, deren Höhe im sogenannten Spruchverfahren ermittelt wird. Durch die Entkopplung beider Vorgänge will der Gesetzgeber unternehmerische Freiheit und den Schutz der Ansprüche von Minderheitsaktionären gleichermaßen gewährleisten.

Ein Missbrauch des Squeeze-Outs ist nur bei einer Entfremdung des gesetzgeberischen Zwecks und einem Unterlaufen eines anderweitig aufgestellten Verbots oder bei einer Benachteiligung der Minderheit über das vom Gesetz vorgesehene deutlich hinausgehenden Maß anzunehmen.

Der aktienrechtliche Squeeze-Out sowie die parallelen Squeeze-Out-Varianten bleiben daher ein wirksames Instrument zur Erlangung der alleinigen Aktionärsstellung und zur Reduzierung der Kosten und des Verwaltungsaufwandes.

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