Planungsrechtliche Aspekte der Entwicklung neuer Standorte

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veröffentlicht am 25. April 2019


Die Entwicklung neuer Standorte für Gewerbe oder Wohnen muss viele Belange berücksichtigen. Zentrale Bedeutung haben dabei die Energie- und Wärmeversorgung sowie die Elektromobilität.

Bauflächen sind knapp und der Bedarf in Ballungszentren insbesondere für Wohnflächen ist erheb­lich. Unternehmen, die ihren Standort erweitern oder neue Standorte entwickeln wollen, sind ebenso von der Ressourcenknappheit betroffen. Die bauliche Nutzung von Freiflächen in Stadtrandlagen gerät immer mehr in die Kritik. Das wurde insbesondere auch durch das in Bayern initiierte Volks­begehren gegen den Flächenfraß deutlich. Als Lösung bieten sich bereits versiegelte Flächen, wie z.B. Industriebrachen oder ehemalige Militärstandorte an. Umnutzungen dieser Flächen sind vielschichtig und oft mit einem längeren Prozess verbunden.




 

Wollen Unternehmen ihren Standort erweitern, neue Standorte erschließen oder sollen neue Wohngebiete geschaffen werden, stellen sich grundsätzlich die gleichen Fragen und können entsprechend gelöst werden. Insgesamt stehen nicht nur kleine Grundstücke, sondern großflächige Areale und Quartiere im Fokus. Ein Quartier wird gebildet von mehreren in der Fläche zusammenhängenden Gebäuden innerhalb eines Stadtteils, insbesondere kommunalen Einrichtungen, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen, Industrie und privaten Haushalten. Die öffentliche Infrastruktur ist ebenso einbezogen.


Akteure

Der Unternehmer als potenzieller Investor muss ausgehend von einer Projektidee über Marktanalysen frühzeitig die betroffenen Grundstücke sichern. Für ihn sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entscheidender Faktor für eine Umsetzung. Da zum Zeitpunkt der Grundstücksakquise die Umsetzung des Projekts noch nicht abschließend beurteilt werden kann, empfiehlt es sich, durch entsprechende vertrag­liche Regelungen Absicherungen mit dem bisherigen Eigentümer zu vereinbaren.

Andererseits sind nicht nur wirtschaftliche Interessen zu berücksichtigen. Städte und Gemeinden erstellen Stadtentwicklungskonzepte, mit denen sie die ganzheitliche Entwicklung ihres Gebietes sowie interne Entscheidungen und Abläufe steuern. Mit Flächennutzungs- und Bebauungsplänen bestimmen sie die konkreten Nutzungsmöglichkeiten von Grundstücken.


Planungsrecht

Umnutzungen ohne planungsrechtliche Änderungen stoßen zwangsläufig an Grenzen. Bestehende Bauge­nehmigungen beziehen sich nur auf die bisherige Nutzung. Sie sind häufig mehrere Jahrzehnte alt und unter anderen rechtlichen Rahmenbedingungen erteilt worden als den heute geltenden.

Ohne Aufstellung eines neuen oder Änderung eines bereits bestehenden Bebauungsplans kann eine neue Nutzung häufig nicht rechtssicher umgesetzt werden. Der Bebauungsplan bietet der Kommune konkrete Festsetzungsmöglichkeiten, mit denen sie innerhalb des zu entwickelnden Quartiers ihre Vorstellungen planungsrechtlich definieren kann. Insbesondere kann sie Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, Verkehrsflächen, Parkflächen und Versorgungsflächen sowie Gebiete festsetzen, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen und bei der Errichtung von Gebäuden Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus Erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen.

Aus Sicht des Unternehmers müssen diese Festsetzungen aber wiederrum zu seinen Anforderungen passen. Deshalb muss die Kommune frühzeitig in die Planung eingebunden werden. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Städte eigene Planungsvorstellungen für stillgelegte Areale entwickeln, die ggf. nicht mit denen des Investors übereinstimmen.

Um eine neue Nutzung realisieren zu können, müssen deshalb die bauplanungsrechtlichen Grundlagen entsprechend an die neu geplante Entwicklung angepasst werden. Dabei ist eine Abstimmung zwischen Unternehmer und Kommune zwingend erforderlich.


Städtebauliche Verträge

Um für die Kommune und den Unternehmer einen verlässlichen Rahmen zu schaffen, werden häufig städtebauliche Verträge im Zusammenhang mit dem Bebauungsplanverfahren geschlossen. Diese Verträge können Kostentragungen und Umsetzungsfristen sowie Details der Umsetzung regeln.

Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Kommune nicht zu einer bestimmten Planung verpflichten darf, weil sie in ihrer Abwägung über einen Bebauungsplan frei sein muss. Scheitert die Planung, bestehen deshalb keine Kostenerstattungs- bzw. Schadenersatzansprüche gegen die Kommune. Umso wichtiger ist eine Absicherung im Grundstückssicherungs- bzw. Kaufvertrag mit dem bisherigen Eigentümer.

Die in einem städtebaulichen Vertrag vereinbarten Leistungen müssen nach den Gesamtumständen in einem angemessenen Verhältnis (Angemessenheitsgebot) und in einem sachlichen Zusammenhang (Koppelungsverbot) stehen. Üblicherweise wird z.B. die Übernahme der Erschließung des neuen Gebiets durch den Unternehmer auf dessen Kosten vereinbart. Zahlungsverpflichtungen des Unternehmers müssen mit dem Vorhaben unmittelbar zusammenhängen. Verstöße hiergegen führen zur Nichtigkeit des städtebaulichen Vertrags.

Kommunen verhandeln im Zusammenhang mit Wohnungsquartieren immer öfter die Schaffung von Sozial­wohnungen in einem bestimmten prozentualen Anteil an den Gesamtwohnungen in die Verträge und legen dabei bereits einen konkreten Mietpreis fest. Entsprechende Vereinbarungen müssen sich als angemessen darstellen und dürfen nicht gegen das Koppelungsverbot verstoßen. Die Sozialwohnungsquote bietet deshalb immer wieder Konfliktstoff.


Innovative Lösungen: Verkehr, Energie und Wärme

Klima- und Umweltschutz spielen neben der grundsätzlichen Machbarkeit eine große Rolle bei der Entwick­lung. Insbesondere stehen die Belastungen durch den Individualverkehr und die Energie- und Wärmever­sorgung im Fokus. Zum einen sind bereits heute die Bauvorschriften auf Energieeinsparung ausgerichtet. Zum anderen unterliegen Neubauten strikten Anforderungen in Bezug auf den Lärm des Zu- und Abfahrtsverkehrs.

Insbesondere bietet hier die Förderung der Elektromobilität Ansatzpunkte. Der Betrieb von Elektrofahr­zeugen erzeugt in Verbindung mit regenerativ erzeugtem Strom deutlich weniger CO2. Die Ladeinfrastruk­tur sollte als ein wesentlicher Aspekt mit berücksichtigt werden, zumal der Unternehmer und die Kommune mit einem Partner kooperieren können. Den Stadtwerken als Infrastrukturbetreiber kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Sie sollten deshalb ebenfalls frühzeitig in eine entsprechende Standortentwicklung mit eingebunden werden. Unterstützung bieten Fördermittelprogramme.

Weiterer wesentlicher Ansatzpunkt ist die Energie- und Wärmeversorgung. Immer häufiger werden dezentrale Gesamtlösungen verwirklicht. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen verfügen über einen hohen Wirkungsgrad und können auf die individuellen Anforderungen ausgerichtet werden. In der Planungsphase können Photovoltaikanlagen auf den Dächern bereits berücksichtigt werden. Nachrüstungen scheitern in der Praxis häufig an den statischen Gegebenheiten von Gebäuden.

In städtebauliche Verträge können insbesondere Regelungen zum Verkehrs- und Wärmekonzept aufge­nommen werden.


Fazit

Zur Lösung aktueller Themen sind bei der Entwicklung neuer Gewerbestandorte und Wohnquartiere die Themen Energie- und Wärmeversorgung sowie Elektromobilität von zentraler Bedeutung. Die Praxis zeigt, dass oft der eigene gesetzte zeitliche Rahmen nicht eingehalten werden kann. Um Zeitverzögerungen zu vermeiden, sind eine umfassende Bestandsaufnahme, rechtliche Bewertungen, zeitliche und inhaltliche Strukturierung sowie die Entwicklung eines Konzeptes erforderlich. Eine enge Abstimmung zwischen Projektentwickler und Kommune unter Einbeziehung weiterer Akteure – wie z.B. der Stadtwerke als Infrastrukturbetreiber – ist anzustreben. Mit Hilfe städtebaulicher und zivilrechtlicher Verträge können die Rechte und Pflichten fixiert und rechtssicher gestaltet werden. Ggf. können Fördermittel insbesondere für Elektromobilität akquiriert werden.

Kontakt

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Nadine Juch

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Associate Partner

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