Go Gemba – Aktiv Restrukturieren: Operative Verbesserung in der Krise

PrintMailRate-it
„Go Gemba” kommt aus dem japanischen und bedeutet sinngemäß „Gehe dorthin, wo es passiert” oder auch „Sei vor Ort”. Es beschreibt eine grundlegende Geisteshaltung im Lean Management und stellt gleichzeitig die Maxime für eine erfolgreiche Restrukturierung der operativen Bereiche eines Unternehmens dar. Denn kaum etwas ist dermaßen wichtig, wie die tatsächliche Kenntnis der innerbetrieblichen Abläufe am Ort des Geschehens.
 
Eine Unternehmenskrise ist immer von einem oder mehreren der folgenden Faktoren geprägt:
  • Liquidität ist ein knappes Gut.
  • Handlungsspielräume sind eng und nehmen weiter ab.
  • Stakeholder wie Kreditgeber oder Mitarbeiter sind nervös und wollen schnell spürbare Erfolge sehen.
 
Schnell, ressourcensparend und praxisorientiert vorzugehen ist von entscheidender Bedeutung. Aus diesem Grund sollte der Go Gemba-Gedanke im Falle einer Restrukturierung konsequent in alle Analysen, Maßnahmen und Implementierungen zur Verbesserung der aktuellen Unternehmenssituation einfließen.
 
Was bedeutet das konkret? Die folgenden 4 Punkte sollen als Anregung und Leitlinie der operativen Restrukturierung vor Ort dienen.
 

1. Vor Ort – ineffiziente Prozesse identifizieren

Im ersten Schritt ist es wichtig, die Prozesse eines Unternehmens tatsächlich zu verstehen. Dazu reicht ein Interview mit der Geschäftsführung selten aus. Wer verstehen will, wie das Tagesgeschäft wirklich abläuft,  muss mit den Mitarbeitern sprechen, die die Arbeit erledigen. Meist sind dort bereits ein sehr konkretes Problembewusstsein und in weiten Teilen sogar erste Lösungsansätze vorhanden. Gleichzeitig müssen die Probleme quantifiziert werden. Nur so kann später eine Priorisierung und eine Erfolgskontrolle im Sinne der Restrukturierungsplanung sichergestellt werden. Dieses methodische Vorgehen ist in der Krise von besonderer Bedeutung. Oftmals tendiert man ist gerade in Krisenzeiten zu hektischem Aktionismus. Damit können jedoch wertvolle Zeit, Mitarbeiterkapazität und Liquidität verloren gehen.
 

2. Vor Ort – gemeinsam umsetzbare Maßnahmen auswählen

Der Analyse, Fehleridentifikation und -bewertung folgt die Definition und Priorisierung der Restrukturierungsmaßnahmen. Auch hier gilt das Go Gemba-Prinzip. Im Falle der Maßnahmenformulierung und -priorisierung bedeutet das:
  • Maßnahmen sind sehr viel einfacher und erfolgreicher umzusetzen, wenn sie von den betroffenen Mitarbeitern mitgetragen werden. Die Maßnahmenbildung sollte somit, wann immer möglich, kooperativ erfolgen.
  • Das Pareto-Prinzip (80:20) rückt klar in den Vordergrund. Es kommt nicht darauf an, Theorien in Reinform umzusetzen. Vielmehr muss man sich an Machbarem und Pragmatischem orientieren. Eine einfache Lösung – beispielsweise in Form eines Formulars oder einer Checkliste – kann sofort wirken und ist einem neuen ERP-System, das frühestens in 18 Monaten einsatzbereit ist, vorzuziehen.
  • Die Umsetzungsgeschwindigkeit sowie insbesondere die Kosten sind weitere wesentliche Kriterien für die Auswahl und Priorisierung der Restrukturierungsmaßnahmen. Es gibt in der Regel eine Vielzahl an Schritten, die sinnvoll und zielführend wären. Es ist allerdings meist nur ein Bruchteil davon mit den in einer Krisensituation vorhandenen Mitteln tatsächlich realisierbar. Große Investitionen – beispielsweise in einen erhöhten Automatisierungsgrad – sind daher zu vermeiden. Stattdessen kann eine Kapazitätserhöhung durch Optimierung der Nutzungsdauer oftmals mit eigenen Mitteln aus dem Werkzeugbau oder einfachen organisatorischen Maßnahmen erreicht werden, ohne dass liquide Mittel belastet werden.
  • Liquide Mittel können und müssen aus dem Bereich der Innenfinanzierung generiert werden. Ein wesentlicher Hebel hierfür ist in der Regel eine analytische Betrachtung des Lagerbestands und darauf aufbauend eine konsequente Realisierung der Liquiditätspotenziale. In nahezu jedem Unternehmen finden sich Altbestände und Langsamdreher, die verwertet werden können und so eine kurzfristige Reduktion des Working Capital ermöglichen. Der weitaus größere Hebel liegt aber in der nachhaltigen Senkung der Bestände durch eine Orientierung der Lagerhaltungsstrategie und der Produktionssteuerung an tatsächlichen statt prognostizierten Kundenbedarfen.
  • Um diesem Anspruch gerecht zu werden, gilt es, bei aller Fokussierung auf die kurzfristigen Erfolge, reine Strohfeuer zu vermeiden. Jede Maßnahme muss dem Anspruch genügen, einen langfristigen Beitrag zur Gesundung des Unternehmens und der nachhaltigen Erwirtschaftung einer für die Stakeholder auskömmlichen Rendite zu leisten. 
     

3. Vor Ort – selektiv, nachhaltig und schnell umsetzen

Im Rahmen der Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen passiert ein Fehler immer wieder: Es wird versucht, alle identifizierten Maßnahmen gleichzeitig umzusetzen und so die Versäumnisse der letzten Jahre „aufzuholen”. Meist wird damit jedoch genau das Gegenteil erreicht: Die Organisation wird durch eine Vielzahl an zusätzlichen Belastungen schlicht überfordert, verzettelt sich und immer neue Probleme tauchen auf.
 
Neben der umsetzungsorientierten Gestaltung der Maßnahmen kommt es folglich auf die richtige Dosis an: nur eine geringe Anzahl schnell wirksamer Aktionen für den Anfang, um dann nach und nach die weiteren Schritte umzusetzen. Es ist von immenser Bedeutung, die Aufgaben, die gerade aktuell sind, schnell und konsequent zu realisieren – das Tempo darf nicht gedrosselt werden. 
 
Das richtige Maß an Arbeitsbelastung und Umsetzungsgeschwindigkeit zu finden und zu halten ist nur am Ort des Geschehens und im Kontakt mit den Mitarbeitern möglich. Auch hier ist das Go Gemba-Prinzip zu beachten. 
 

4. Vor Ort – den Kunden im Fokus behalten

Bei aller Notwendigkeit an schnellen Entscheidungen, harten Schnitten und grundlegenden Veränderungen, ist es doch immer wichtig, alle Maßnahmen und Zielvorgaben der Restrukturierung vor dem Hintergrund der Marktgegebenheiten und der Vertriebsstrategie zu betrachten.
 
Zu oft wird die eigentliche Kernkompetenz eines Unternehmens aus den Augen verloren und der Effizienzsteigerung geopfert. Gerade in der Krise reicht es nicht aus, das bisher Gewohnte mit mehr Effizienz zu tun, sondern auch neue Umsatzpotenziale zu identifizieren und zu erschließen. 
 
Zudem ist es gerade in der Krise bedeutend, bestehende Märkte weiter zu durchdringen sowie neue Märkte zu identifizieren und zu erschließen. Ein Perspektivenwechsel ist durchaus ratsam. Es geht darum, den Platz des Kunden einzunehmen, und im Zweifel nur die Maßnahmen umzusetzen, die positiv auf den Kunden wirken. 
 
Diese Leitlinien sind die Richtschnur für alle Restrukturierungshandlungen in operativen Bereichen von Rödl & Partner. Wir orientieren uns konsequent an den Prinzipien des Lean Managements  – und, wie exemplarisch dargestellt, am Go Gemba-Gedanken. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die Maßnahmen auf die Produktion oder auf kaufmännische bzw. administrative Bereiche beziehen. 
 
Die Zielsetzungen unserer Restrukturierungsberatung, die in allen Unternehmensbereichen und Branchen gelten, sind:
  • absolute Kundenorientierung,
  • hohe Effizienz und Flexibilität sowie
  • einfache, schnell umsetzbare Lösungen.
     
Denn es gilt: „Es geht nicht darum die Zukunft vorherzusagen. Es geht darum, sie zu ermöglichen”, Antoine de Saint-Exupéry.

 

 zuletzt aktualisiert am 04.09.2013
Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu