Hinderungsgründe für Selbstanzeigen

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​​Seit der Ankauf von Daten-CDs etwaiger Steuersünder im Ausland durch die Bundesregierung erwogen wird, steht die Selbstanzeige als Rettungsanker zur Legalisierung von unversteuertem Vermögen im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Täglich steigt die Zahl derer, die von der Möglichkeit Gebrauch machen.
 
Doch für viele Personen mit Schwarzgeld im Ausland ist eine Selbstanzeige nicht möglich. Bei ca. jeder fünften Anfrage muss davon abgeraten werden, sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt dem Finanzamt zu offenbaren. Bei manchen Berufsgruppen sind es sogar noch mehr. Die Dunkelziffer derjenigen, die keinen Rechtsanwalt oder Steuerberater aufsuchen, weil ihnen die Problemlage bereits bekannt ist, dürfte noch höher liegen.
 
Fraglich ist, welche Gründe gegen die Offenbarung gegenüber dem Finanzamt sprechen und welche Auswege es aus dem Dilemma gibt.

1. Bezahlung der Steuerschuld ist nicht möglich

Bei einer Selbstanzeige ist die gesamte Steuerschuld nebst Zinsen sofort an das Finanzamt zu bezahlen. Nach Einreichung der Selbstanzeige besteht dafür je nach Bearbeitungsdauer zwischen 1 und 6 Monaten Zeit. Kann die Steuer für die strafbefangenen Jahre nicht beglichen werden, ist die Selbstanzeige unwirksam, und es kommt zu einem Strafverfahren. Für viele Steuersünder ist dies der wichtigste Hinderungsgrund. Denn die Höhe der Steuerschuld ist unabhängig vom aktuellen Wert des Depots. Auch haben viele Steuersünder im Zuge der Finanzkrise schwere Verluste erlitten, oftmals unterschreitet das Vermögen die Höhe der Steuerschuld nebst Zinsen.
 

2. Bank kann oder darf Unterlagen nicht bereitstellen

Dies kann insbesondere bei einem vererbten Schwarzgeldkonto zum Problem werden, soweit die Erben keine Einigkeit über die Abgabe einer Selbstanzeige erzielen können. Soweit sich nur einer der Erben querstellt, kann unter Umständen der Informationsfluss durch die Bank blockiert werden. Ohne vollständige Dokumentation ist eine Selbstanzeige ebenfalls unwirksam.

3. Sperrwirkung einer laufenden Betriebsprüfung

Ist der Anleger unternehmerisch tätig, kann er während einer laufenden Betriebsprüfung keine Selbstanzeige abgeben. Entscheiden sich seine Geschwister währenddessen für eine Selbstanzeige, gilt die Tat als entdeckt, und eine Selbstanzeige ist nicht mehr möglich.

4. Beamten drohen disziplinarische Folgen

Beamte mit unversteuertem Vermögen im Ausland stecken in der Zwickmühle. Selbst bei einer wirksamen Selbstanzeige drohen Beamten Disziplinarmaßnahmen bis hin zur Entlassung oder Aberkennung der Pension. Die Selbstanzeige eines öffentlich Bediensteten kann damit existenzbedrohende Folgen haben. Erfahrungsgemäß bremst das Steuergeheimnis nicht die behördliche Weitergabe der für den Arbeitnehmer schädlichen Informationen.
 

5. Angehörige freier Berufe müssen mit berufsrechtlichen Sanktionen rechnen

Steuerberatern, Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Ärzten oder Apothekern und sonstigen Angehörigen freier Berufe drohen berufsrechtliche Sanktionen. So wurde im Zuge der Liechtenstein-Affäre einem Arzt, der über die Jahre insgesamt 300.000 Euro Steuern hinterzogen hatte, die Approbation entzogen. Besonders gefährdet sind Steuerberater wegen der Nähe zum Kern ihrer Berufstätigkeit. Auch hier schützt das Steuergeheimnis nicht vor außersteuerlichen Konsequenzen.
 

6. Negative Medienberichterstattung

Politiker und andere Personen des öffentlichen Interesses müssen unter Umständen damit rechnen, dass die begangene Steuerstraftat publik wird. Seit der Verhaftung des Vorstands der Deutschen Post AG, Klaus Zumwinkel, in seinem Privathaus am Morgen des 14. Februar 2008 vor laufenden Kameras ist das Vertrauen in die Behörden deutlich gesunken. Dies hält nicht wenige Steuerpflichtige von der Abgabe einer Selbstanzeige ab.
 

7. Selbstanzeige deckt weitere Straftaten auf

Die Straffreiheit der Selbstanzeige erstreckt sich ausschließlich auf die Steuerhinterziehung. Bei der Untersuchung unversteuerter Depots im Ausland können weitere Straftaten aufgedeckt werden. Stammen Teile der Vermögensanlage aus Korruption oder wurden sie für verdeckte Provisionen eingesetzt, sind strafrechtliche Konsequenzen für den Unternehmer unvermeidlich. Wurde das Vermögen bei einem Unterhaltsprozess nicht angegeben, können Ermittlungen wegen Betrugs folgen. Laufen die Konten auf Kinder, die trotz des Auslandsvermögens BaFöG erhalten haben, wird ebenfalls wegen Betrugs ermittelt. Wurde das Kapital einem Unternehmen durch Arbeitnehmer oder Geschäftsführer in unbefugter Weise entzogen, könnte wegen Untreue ermittelt werden.

In den vorgenannten Fällen ist die Abgabe einer Selbstanzeige zwar nicht immer, aber doch in vielen Fällen ausgeschlossen. Hier müssen zunächst alle für und gegen eine Selbstanzeige sprechenden Risiken sorgfältig durchdacht werden. Diese Abwägung erfordert Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Entscheidet sich der Steuerpflichtige nach umfassender Beratung gegen die Abgabe einer Selbstanzeige, sollten zugleich Alternativen diskutiert werden, um die Risiken für den Steuerpflichtigen zumindest so weit wie möglich zu minimieren. Langfristiges Ziel sollte stets die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit sein.
 

8. Gefahr der unwirksamen Teilselbstanzeige

Der Bundesgerichtshof hat am 20.05.2010 entschieden, dass er eine sogenannte „Teilselbstanzeige” entgegen seiner früheren Rechtsprechung nicht mehr als wirksam ansieht. Da das Finanzamt grundsätzlich bei jeder objektiv falschen Angabe Hinterziehungsvorsatz unterstellen kann,  muss sicherheitshalber die gesamte Steuererklärung auf Fehler überprüft und entsprechend berichtigt werden. Wo dies wegen der Komplexität der steuerlichen Verhältnisse nicht möglich ist, muss vor Abgabe einer Selbstanzeige eine fundierte Risikoabwägung erfolgen.
 
 
zuletzt aktualisiert am 19.04.2013

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Ulrike Grube

Wirtschaftsjuristin (Univ. Bayreuth), Rechtsanwältin

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