BNA-Hinweis „ausgeförderte EEG-Anlagen”: Systembruch oder Aufruf zum Vertragsbruch?

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​veröffentlicht am 2. März 2021

 

Die Bundesnetzagentur hat mit der Anwendung der Zuordnungsfiktion für ausgeförderte Anlagen auf die geförderte Direktvermarktung eine Lösung für das Problem von Verstößen gegen das Gebot sortenreiner Bilanzierung durch das Auslaufen der Marktprämienförderung empfohlen. Netzbetreiber, Direktvermarktungsunternehmen und EEG-Anlagenbetreiber müssen jetzt entscheiden, ob sie den Hinweis umsetzen oder – insbesondere für ausgeförderte Nicht-Windkraftanlagen über 100 kW - die haftungsrechtliche Abwicklung im Direktvermarktungsschuldverhältnis bevorzugen.


 Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 15.02.2021 einen „Hinweis zur Zuordnung von ausgeförderten EE-Anlagen” veröffentlicht. Damit will die BNetzA das Problem möglicher Verstöße von Direktvermarktungsunternehmen gegen das Gebot sortenreiner Bilanzkreise (§ 20 Nr. 3 EEG 2021) einer Lösung zuführen.


Bei der geförderten Direktvermarktung setzt der Anspruch auf Förderung durch die Marktprämie voraus, dass der direkt vermarktete Strom in einem Bilanzkreis bilanziert wird, in dem ausschließlich Strom aus EEG-Anlagen in der Vermarktungsart der geförderten Direktvermarktung bilanziert wird (§ 20 Nr. 3 EEG 2021). Das Bilanzkreismanagement ist regelmäßig Aufgabe des Direktvermarktungsunternehmens. Verstößt ein Direktvermarktungsunternehmen gegen die Sortenreinheit, entfällt für alle EEG-Anlagenbetreiber, die über den unreinen Bilanzkreis bilanziert werden, der Anspruch auf Marktprämie. In der Regel haftet dann das Direktvermarktungsunternehmen gegenüber den EEG-Anlagenbetreibern für den Schaden.


Mit dem regulären Förderende von Ü20-Anlagen endet nach § 25 Abs. 1 EEG 2021 bzw. der ggfs. nach der Übergangsregelung anwendbaren Vorgängernorm der Anspruch auf Marktprämienvermarktung. § 25 Abs. 2 EEG 2021 räumt ausdrücklich nur einen Anspruch auf Einspeisevergütung für ausgeförderte Anlagen, nicht jedoch auf Zahlung der Marktprämie ein. Damit endet der Anspruch auf geförderte Direktvermarktung für alle EEG-Anlagen mit Ablauf der Erstförderdauer. An sich läge dann ohne eine rechtzeitige Ummeldung ein Verstoß gegen die Meldepflicht des § 21c Abs. 1 Satz 1 2. Alt. EEG 2021 vor. Der Gesetzgeber hat jedoch in § 21c Abs. 1 Satz 3 EEG 2021 eine Zuordnungsfiktion vorgesehen.

 

Danach gilt eine ausgeförderte Anlage als der Veräußerungsform der Einspeisevergütung für ausgeförderte Anlagen zugeordnet, soweit der Anlagenbetreiber keine andere Zuordnung getroffen hat. Nach Auffassung der BNetzA ist § 21c Abs. 1 Satz 3 EEG 2021 nicht nur für bisher in der regulären Einspeisevergütung vermarktete EEG-Anlagen, sondern auch auf in der Marktprämienvermarktung vermarktete Ü20-Anlagen anwendbar. Diese Auslegung steht zwar in einem gewissen Widerspruch zu dem Nachsatz „soweit der Anlagenbetreiber keine andere Zuordnung vorgesehen hat”, den die BNetzA jedoch unter Berufung auf die Gesetzesbegründung durch die ergänzende Auslegung auf die Vornahme einer zulässigen Zuordnung auflöst.


Ohne eine Ummeldung des Stroms aus der ausgeförderten EEG-Anlage in einen anderen Bilanzkreis läge weiterhin ein Verstoß gegen das Sortenreinheitsgebot des § 20 Nr. 3 EEG 2021 vor. Die BNetzA ist der Auffassung, dass dieser Verstoß ebenfalls durch die Zuordnungsfiktion des § 21c Abs. 1 Satz 3 EEG 2021 geheilt wird. Dabei kollidiert die Rechtsfigur der Fiktion mit der Bilanzkreisummeldung als tatsächlichem Vorgang, der nach den Regeln der Festlegungen der Vorgaben zur elektronischen Marktkommunikation der BNetzA („Marktkommunikation 2020” – „MaKo 2020”, Az.: BK6-18-032), insbesondere nach den Vorgaben der Anlage 3 „Marktprozesse für erzeugende Marktlokationen (Strom) (MPES)” zu erfolgen hat.

 

Die Übertragung der EEG-rechtlichen Meldefiktion auf die rein tatsächlichen Bilanzkreismanagementpflichten ist deshalb ein Systembruch. Soweit die ab dem 1. Januar 2021 eingespeisten Strommengen entgegen der EEG-rechtlichen Fiktion tatsächlich weiterhin dem Marktprämien-Bilanzkreis zugeordnet worden sind, muss dies nach Auffassung der BNetzA durch eine beidseitige Korrektur der Bilanzkreise des Direktvermarktungsunternehmens und des Netzbetreibers „geheilt” werden. Dafür sind allerdings wiederum die Fristen der Korrektur von Bilanzierungsdaten nach der MPES zu beachten, insbesondere auch die Änderungsfristen der Überführungszeitreihen. In beiden betroffenen Bilanzkreisen können durch die Korrektur Ausgleichsenergiezahlungen anfallen. Insofern ist jedenfalls für eine „Heilung” des Verstoßes erforderlich, dass die Korrektur auch tatsächlich durchgeführt wird.


Damit verlagert die BNetzA durch die Anwendung der Zuordnungsfiktion auf die Bilanzkreis-Ummeldung bzw. auf die Korrektur der unterlassenen Ummeldung die EEG-rechtlichen Pflichten vom Direktvermarktungsunternehmen auf den Netzbetreiber. Denn durch eine automatisches Einspeiserechtsverhältnis entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis. Dabei ist das Bilanzkreismanagement durch den Netzbetreiber Teil dieses gesetzlichen Schuldverhältnisses.

 

Insofern ist fraglich, ob dieser für die Pflichterfüllung haftet. Dies steht im Widerspruch zu dem fehlenden Vergütungs- und Abnahmeanspruch für ausgeförderten Anlagen, die keine Windkraftanlagen sind und über 100 kW installierte Leistung haben. Insofern lässt die BNetzA ausdrücklich offen, ob und nach welchen Kriterien der Netzbetreiber den Strom derartiger Anlagen zu vergüten hat.


Darüber hinaus greift die Ausdehnung der EEG-rechtlichen Zuordnungsfiktion auf die Bilanzkreiszuordnung in das schuldrechtliche Verhältnis zwischen EEG-Anlagenbetreiber und Direktvermarktungsunternehmen ein. Spiegelt die Bilanzkreiszuordnung doch die tatsächliche Umsetzung der schuldrechtlichen Stromliefer- und Abnahmepflicht aus dem laufenden Direktvermarktungsvertrag wider. Wenn auch mangels Verschulden des EEG-Anlagenbetreibers kein Vertragsbruch vorliegt, führt die Bilanzkreisummeldung in der Regel zu einer Verletzung der Lieferpflicht des EEG-Anlagenbetreibers aus dem Direktvermarktungsvertrag. Weiterhin kann es zu Schäden des Direktvermarktungsunternehmens kommen, soweit dieses in Bezug auf die Weitervermarktung des Stroms vertraglich gebunden ist.


Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob der Gesetzgeber mit der Zuordnungsfiktion überhaupt, und die BNetzA mit der weiten Auslegung für die Marktprämienvermarktung eine sachgerechte Lösung gefunden hat. Für die an sich adressierten Kleinanlagenbetreiber hätte es einer Zuordnungsfiktion mangels Wechsel der Vermarktungsart Einspeisevergütung nicht bedurft, für die für kaufmännische Sorgfaltspflichten einstehenden Direktvermarktungsunternehmen dagegen ist die Freistellung von Wechselmeldepflichten nicht gerechtfertigt. Es bleibt dennoch zu hoffen, dass Netzbetreiber den Hinweis der BNetzA einheitlich umsetzen und Direktvermarktungsunternehmen eine einvernehmliche Lösung zur schuldrechtlichen Abwicklung der Direktvermarktungs- und Folgevermarktungsverträge finden, damit die missglückte Rechtsfigur der Zuordnungsfiktion dennoch einer kurzfristigen Lösung zugeführt werden kann.


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