Betrachtung von Sanierungen bei der Transformationsplanung ist unverzichtbar

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​​​​​​veröffentlicht am 19. März 2025


Für Stadtwerke geht mit der Organisation der Wärmewende ein vielschichtiger Planungsprozess einher, bei dem zahlreiche Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind. In diesem Artikel wird das Thema energetische Sanierungen als ein wesentlicher Einflussfaktor auf die Entwicklung des zukünftigen Wärmebedarfs und damit des Wärmeabsatzes behandelt. Obwohl die Entscheidung über Sanierungsmaßnahmen letztlich bei den Gebäudeeigentümern liegt, ist es für Stadtwerke essenziell, deren Auswirkungen auf den Wärmebedarf zu berücksichtigen und diese in ihre Transformationspläne einzubinden.


Der Gebäudebestand: Hoher Wärmebedarf durch geringe Dämmung

Über 43 % der Wohngebäude (vgl. linke Abbildungen) in Deutschland stammen aus der Nachkriegszeit (1946–1976), weitere 25 % wurden vor 1945 errichtet. Veraltete Gebäude weisen abgesehen von meist fossilen Heizungssystemen häufig außerdem eine unzureichende Dämmung auf, was zu hohen Wärmeverlusten durch beispielsweise Fenster sowie die Außenwände führt. Dies führt zu einem deutlich erhöhten Wärmebedarf, der nicht nur die Energiekosten in die Höhe treibt, sondern auch die CO₂-Emissionen spürbar steigern kann. Diese Immobilien wurden nach den damals üblichen energetischen Standards gebaut und haben im Schnitt einen fast doppelt so hohen Wärmebedarf wie Neubauten ab dem Jahr 2002.

 

 

 

Abbildung 1: Baualtersklassen und spezifischer Energieverbrauch von Wohngebäuden


Auch Nichtwohngebäude (vgl. Abbildung 2: Baualtersklassen und spezifischer Energieverbrauch von Nichtwohngebäuden) wie Verwaltungsgebäude, Schulen oder Krankenhäuser weisen ähnliche Defizite auf. Die meisten dieser Gebäude entstanden in Zeiten 1958 bis 1978, in denen die Nutzbarkeit im Fokus stand. Dies zeigt sich vor allem an den deutlich höheren Endenergieverbräuchen der älteren Gebäude im Vergleich zu den neueren Gebäuden, die ab 2000 gebaut wurden. So ist der Endenergieverbrauch von Gebäuden aus den Jahren 1919-1948 sechsmal so hoch pro Jahr wie der Endenergieverbrauch der Gebäude, die nach 2010 gebaut wurden. Der energetische Zustand des Gebäudebestands verdeutlicht das immense Einsparpotenzial – Potenziale, die für eine langfristige, verlässliche Energie- und Wärmebedarfsplanung berücksichtigt werden müssen. Letztlich hat die prognostizierte Leistung und Wärmelieferung im Endausbau maßgeblichen Einfluss auf die jetzige Investitionsentscheidung.


 

 

 

 

Abbildung 2: Baualtersklassen und spezifischer Energieverbrauch von Nichtwohngebäuden

 

Sanierungsrate als entscheidender Faktor

Die tatsächlich benötigte Leistung der Gebäude und der Wärmeverbrauch hängt maßgeblich von der umgesetzten Sanierungsrate - der Anteil der Gebäude oder Bauteile, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums renoviert oder modernisiert werden, im Verhältnis zum gesamten Bestand - ab. Mit einer jährlichen Sanierungsquote von knapp unter 1 % bleibt Deutschland aktuell weit hinter den Anforderungen der Klimaziele, welche bei einer Sanierungsrate von 2 % ansetzen1, zurück. Zudem zeigt die Entwicklung eine rückläufige Tendenz2. Zu den Hauptgründen gehören der anhaltende Fachkräftemangel, der die Umsetzung von Sanierungsprojekten erheblich verzögert, sowie die wirtschaftliche Unsicherheit. Zudem machen die steigenden Baukosten und finanziellen Belastungen es für viele Gebäudeeigentümer schwierig, notwendige Investitionen in energetische Sanierungen zu realisieren.


Ein Blick auf die aktuelle Situation zeigt, dass rund 30 % aller Wohngebäude in einem energetisch unzureichenden Zustand sind. Diese Gebäude verbrauchen etwa 50 % der Energie im Gebäudesektor und verursachen dementsprechend hohe Emissionen. Ohne eine signifikante Steigerung der Sanierungsrate bleiben diese Einsparpotenziale ungenutzt.


Das Wärmeeinsparpotenzial in Zahlen

Die Einsparpotenziale durch Sanierungsmaßnahmen wie Wärmedämmung, Fenstererneuerung sowie Heizungssanierung sind enorm. Unsanierte Wohngebäude weisen einen Wärmebedarf von durchschnittlich 170 kWh/m²/Jahr auf. Durch Vollsanierungen können im Schnitt 23 % des Wärmebedarfs eingespart werden, während teilsanierte Gebäude durch eine umfassende Sanierung 18 % einsparen können.


 

 

Tabelle 1: Effekt von Sanierungstiefe auf den spezifischen Wärmebedarf

 

Nichtwohngebäude zeigen noch höhere Potenziale. Eine Sanierung auf den GEG-Standard könnte den Wärmebedarf um durchschnittlich 28 % reduzieren, mit Spitzenwerten von 56 % bei Verkehrsgebäuden. Würden Nichtwohngebäude auf den EG55-Standard saniert, wären sogar Einsparungen von bis zu 70 % möglich, was die notwendige Anschlussleistung beeinflusst.


Fazit:

Die energetische Sanierung spielt eine Schlüsselrolle in der Transformationsplanung der Stadtwerke und ist entscheidend, um die Infrastruktur effizient und zukunftsfähig zu gestalten. Eine unzureichende Berücksichtigung der Sanierungsrate im Sinne einer Unterschätzung kann zu einer Überdimensionierung der Wärmeinfrastruktur führen, was die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigt.


Für Stadtwerke bedeutet dies, den Gebäudebestand sowie die Entwicklung der Sanierungsraten kontinuierlich zu beobachten, um fundierte Entscheidungen zu treffen und Fehleinschätzungen bei der Planung zu vermeiden. Die Erstellung eines Transformationsplans erfordert daher eine präzise Analyse des aktuellen Zustands der Gebäude und ihres Sanierungszustandes und der künftigen Entwicklungen. Auch wenn die Vorhersage der Sanierungsentwicklung eine Herausforderung darstellt, ist es wichtig verschiedene Entwicklungspfade abzubilden, um ihren Einfluss auf die langfristige wirtschaftliche Bewertung analysieren zu können. Nur durch eine solche vorausschauende Planung lässt sich sicherstellen, dass die Wärmeversorgung langfristig effizient, wirtschaftlich und klimafreundlich bleibt.


Haben Sie Fragen? Wir unterstützen Sie gerne bei der  Entwicklung von Transformationsplänen. Sprechen Sie uns an!

 

Quellen:

 

1 Deutsche Energie-Agentur GmbH (Hrsg.) (dena, 2021). „dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität“

2 Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle e.V. (Hrsg.) (BuVEG, 2025). „Sanierungsquote“, abrufbar unter: Sanierungsquote - BuVEG

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