Bundesgerichtshof veröffentlicht Beschluss zur Unvereinbarkeit der Kundenanlage mit dem EU-Recht (BGH, Beschl. v. 13.5.2025 – EnVR 83/20)

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​​​​​veröffentlicht am 9. Juli 2025

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Die lang erwarteten Entscheidungsgründe zum Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Kundenanlage wurden jüngst veröffentlicht. Die Einordnung von Energieanlagen bzw. Leitungssystemen als Kundenanlage im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG wird künftig deutlich erschwert.​


Zum Hintergrund

Gegenstand der Entscheidung des BGH war die Ablehnung des Anschlusses zweier Energieanlagen zur Versorgung mehrerer Mieteinheiten mit dezentral erzeugtem Strom als Kundenanlagen durch den zuständigen Netzbetreiber. Nach Vorlage der Frage der Vereinbarkeit der Annahme einer Kundenanlage nach § 3 Nr. 24a EnWG mit Europäischem Recht durch den BGH an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) im vorliegenden Fall, stellte der EuGH (Urt. v. 28.11.2024 – C-293/23) die Unvereinbarkeit des § 3 Nr. 24a EnWG mit dem Europäischen Recht fest.

Die Entscheidung des BGH

Unter Verweis auf die Verbindlichkeit der Entscheidung des EuGH für nationale Gerichte, gab der BGH in der Konsequenz von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Kundenanlage nach § 3 Nr. 24a EnWG auf. Eine Einordnung als Kundenanlage im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG ist bei richtlinienkonformer Auslegung nur möglich, wenn das zu bewertende Leitungssystem nicht als Verteilernetz im Sinne Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (EU-Richtlinie 2019/944) einzuordnen ist, entschied der BGH.

Auf Grundlage der europarechtlichen Vorgaben ist ein Verteilernetz ein Netz, das der Weiterverteilung von Elektrizität mit Hoch-, Mittel oder Niederspannung dient, die zum Verkauf an Großhändler und Endkunden bestimmt ist. Liegt ein Verteilernetz vor, können Verteilernetzbetreiber von den ihnen obliegenden Pflichten nur befreit werden, wenn ein in der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie vorgesehener Ausnahmetatbestand vorliegt. Eine Erweiterung der Ausnahmetatbestände durch nationale Gesetzgeber ist unzulässig.

Mittels richtlinienkonformer Auslegung kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass jedenfalls dann das Vorliegen einer Kundenanlage weiterhin angenommen werden kann, wenn das Leitungssystem der Weiterleitung von Elektrizität dient, die nicht zum Verkauf bestimmt ist. Als Beispiel für eine Kundenanlage führt der BGH „mit Erzeugungsanlagen verbundene Leitungssysteme, die von Eigentümern einer Wohnungseigentumsanlage oder Grundstückseigentümern gemeinsam betrieben und genutzt werden“ an.

Fazit

Die Entscheidungsgründe des BGH bestätigen, was bereits aufgrund der Pressemitteilung zur Entscheidung vom 13.5.2025 zu vermuten war: Die Möglichkeit Annahme einer Kundenanlage im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG wird im Vergleich zum bisherigen Status quo deutlich beschränkt. Die Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung konkretisiert der BGH nicht wesentlich, sodass die seit der Entscheidung des EuGH bestehende erhebliche Unsicherheit in der Branche nicht ausgeräumt werden kann. Seitens der betroffenen Akteure wird daher weiterhin eine sorgfältige Einzelfallabwägung samt Risikobewertung vorzunehmen sein. Klarheit hinsichtlich der weiterhin verbleibenden offenen Fragstellungen wird der Gesetzgeber schaffen müssen.


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