Leihe, Sachdarlehen, Darlehen, Kredit – wo liegt der Unterschied?

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Jeder von uns kennt die Situation: wir verleihen etwas. Obwohl wir unterschiedlichste Dinge unter unterschiedlichsten Umständen verleihen, wird die allgemeine Bezeichnung Verleih oder Ausleihe verwendet. „Leihst du mir die Zahnpasta?”, „Leihst du mir Geld?”, „Leihst du mir einen Schraubenzieher?” – obwohl wir in all diesen Situation das Wort „leihen” verwenden, hat es jedoch in jeder Situation eine andere Bedeutung mit einem anderen Ergebnis: einen Teil der Zahnpasta werden wir verbrauchen (wir nehmen etwas weg), für eine Leihe von Geld (bei einer Bank) sind wir bereit einen Zins zu bezahlen (wir geben etwas hinzu) und den Schraubenzieher geben wir nach Gebrauch im selben Zustand zurück, in dem er war (wir nehmen nichts weg und fügen nichts hinzu). Im normalen Leben können wir diese Situationen in Abhängigkeit von den Umständen unterscheiden. Das Recht reagiert hierauf und unterscheidet verschiedene Formen einer „Ausleihe”, wie wir nachfolgend sehen werden.

​Aber der Reihe nach: Die „Leihe” bedeutet eine „Überlassung einer Sache zur Nutzung” und das tschechische Recht unterscheidet gar noch verschiedene Formen einer Leihe. Die Leihe wiederum unterscheidet sich von einem Darlehen oder einem Kredit. Aber wie genau?
 
Das tschechische Recht kennt zum einen eine Leihe als eine Überlassung einer Sache zu einer unentgeltlichen Nutzung, ohne zu wissen, zu welchem Zweck die Sache und wie lange sie verliehen wird (výprosa). Charakteristisches Merkmal ist, dass der Eigentümer jederzeit die Rückgabe der Sache verlangen kann. Stellen wir uns in diesem Zusammenhang folgende Alltagssituation vor: wir überlassen unserem Nachbarn eine Schippe und sagen ihm (oder wir geben ihm zu verstehen): „Ich leihe dir die Schippe und will nichts dafür. Wenn ich sie brauche, hole ich sie wieder ab.” Dem gegenüber stellt das tschechische Gesetz eine Leihe einer nicht konsumierbaren Sache über einen bestimmten Zeitraum (výpůjčka). Selbstverständlich kann die Sache dann vorher zurückgegeben werden, sofern der Verleiher (půjčitel) dem zustimmt. Dem gegenüber kann die Sache nicht früher zurückgefordert werden, falls der Entleiher (vypůjčitel) dem nicht zustimmt. Der Unterschied zur erstgenannten Situation besteht darin, dass wir unserem Nachbarn Folgendes sagen: „Ich leihe dir die Schippe und will nichts dafür. Aber am Sonntag musst du sie mir zurückgeben.” Und wenn wir die Schippe dann am Samstag von unserem Nachbarn zurückverlangen sollten, würden wir widerrechtlich handeln.
 
Etwas völlig anderes ist dann ein Sachdarlehen oder Darlehen (zápůjčka). Ein Sachdarlehensvertrag oder ein Darlehensvertrag entsteht, falls wir jemandem eine vertretbare Sache überlassen (z.B. Holz oder Geld), damit dieser darüber nach Belieben verfügen kann, und er uns später eine gleichartige Sache zurückgibt. In der tschechischen juristischen Terminologie wurden im Fall eines (finanziellen) Darlehens die Vertragsparteien als Schuldner (dlužník) und Gläubiger (věřitel) bezeichnet. Die heutigen Termini zapůjčitel und vydlužitel würden dem deutschen Darlehensgeber und Darlehensnehmer entsprechen. Bei einem Darlehen können Zinsen vereinbart werden. Unserem Nachbarn bieten wir in diesem Fall Folgendes an: „Hier hast du 100 Kronen. Mach damit was du willst. Aber gib sie mir am Sonntag zurück, sonst zahlt du mir für jeden Tag des Verzuges eine Krone extra.”
 
Von einem Darlehen unterscheidet sich ein Kredit kaum. Die Parteien werden als Kreditgeber (úvěrující) und Kreditnehmer (úvěrovaný) bezeichnet und Gegenstand eines Kredites ist ein Geldbetrag (also keinesfalls z.B. Holz). Der Kreditnehmer verpflichtet sich zur Bezahlung von Zinsen (bei einem Darlehen müssen keine Zinsen vereinbart werden). Der zentrale rechtliche Unterschied besteht darin, dass während das Darlehen durch faktische Überlassung der Sache entsteht, ein Kredit bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages gilt. Hieraus folgt, dass beiden Parteien bei einem Kredit Rechte und Pflichten bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung entstehen, nicht erst bei der eigentlichen Gewährung des finanziellen Betrages. Als Beispiel können wir eine Situation annehmen, in der wir unseren Nachbarn bitten: „Überweise mir bitte 100 Kronen aufs Konto. Bis Sonntage zahle ich sie dir zurück, ansonsten bezahle ich dir für jeden Tag eines Verzuges eine Krone extra,” und der Nachbar antwortet: „Okay, akzeptiert.” In dieser Hinsicht ist wichtig, dass es zum Zeitpunkt des Abschluss des mündlichen Vertrages noch nicht zu der Übergabe gekommen ist, jedoch beide Seiten bereits Verpflichtungen haben, die sie erfüllen müssen.

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JUDr. Petra Budíková, LL.M.

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