Wie viel bezahlt die Versicherungsgesellschaft im Falle eines beschädigten Gebrauchtwagens?

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  • Vielleicht haben auch Sie bereits erlebt, dass Ihnen die Versicherungsgesellschaft nicht den vollständigen Betrag erstattet hat, den Sie in der Werkstatt für die Reparatur Ihres Fahrzeugs bezahlen mussten, mit der Begründung, dass Ihr Gebrauchtfahrzeug durch die Reparatur eigentlich aufgewertet wurde. Kann eine solche Vorgehensweise bejaht werden? Was sagen die Gerichte?

Wir als Versicherungsmakler werden in der Praxis mit Fällen konfrontiert, bei denen es um eine problematische Abwicklung von Versicherungsfällen im Rahmen einer Kfz-Haftpflichtversicherung oder einer  Haftpflichtversicherung von Arbeitnehmern für einen dem Arbeitgeber verursachten Schaden geht. Insbesondere handelt es sich um Fahrzeugschäden, die problematisch werden, sobald ein älteres Fahrzeug bei einem Unfall beschädigt wird. Die Versicherungsgesellschaften argumentieren oft damit, dass ein solches Fahrzeug nach dessen Reparatur mit neuen Ersatzteilen aufgewertet würde - und aus diesem Grund ziehen sie von der Versicherungsleistung den Materialaufwand ab (Berücksichtigung der sog. Amortisation). Im Ergebnis wird dem Geschädigten der entstandene Schaden nicht vollständig ersetzt, er erhält nur einen aliquoten Teil, der nach dem Alter des Fahrzeugs und nach der Höhe der tabellenabhängigen Korrektur um den Materialaufwand festgelegt wird.
 
Als Beispiel können wir in diesem Zusammenhang einen Fall anführen, in dem bei einem Mandanten ein Fahrzeug der Marke Renault durch einen Mitarbeiter der Gesellschaft beschädigt wurde, als er auf der Fahrbahn ins Schleudern kam und mit dem Fahrzeug in einem Straßengraben landete. Es handelte sich um ein Fahrzeug des Baujahres 2007 mit 120.000 gefahrenen Kilometern. Die tatsächlichen Reparaturkosten, die durch die seitens der Werkstatt zu Lasten des Mandanten ausgestellten Rechnungen nachgewiesen wurden, beliefen sich auf 50.845 CZK ohne Umsatzsteuer.  Die Versicherungsgesellschaft hat jedoch bei der Berechnung der endgültigen Höhe der Versicherungsleistung die erwähnten Materialkosten im Wert von 12.805 CZK abgezogen, was eine Minderung der Versicherungsleistung wegen verwendeter Ersatzteile in Höhe von 30% darstellt. In ihrer Argumentation berief sich die Versicherungsgesellschaft – wie auch in zahlreichen ähnlichen Fällen – auf die sog. technische Norm für Sachverständige Nr. 1/2005. In der Abschlussphase der Abwicklung von Schadensfällen im Rahmen einer Haftpflichtversicherung für einen dem Arbeitgeber verursachten Schaden wird zusätzlich noch der Selbstbehalt des betreffenden Mitarbeiters abgezogen, der in dem vorliegenden Fall 1/3 der berechneten Versicherungsleistung ausmacht. Somit würde in dem vorliegenden Fall die geschädigte Firma von der Versicherungsgesellschaft eine Versicherungsleistung in Höhe von 25.360 CZK erhalten, und von dem Mitarbeiter direkt einen dem Selbstbehalt entsprechenden Ersatz in Höhe von 12.680 CZK. Der Geschädigte würde somit insgesamt einen Schadensersatz in Höhe von 38.040 CZK erhalten, und zwar anstelle des Betrages in Höhe von 50.845 CZK, den der Mandant für die Reparatur bezahlen musste. Ähnlich gehen die Versicherungen auch bei jenen Schadensfällen vor, die im Rahmen einer Kfz-Haftpflichtversicherung (d.h. der gesetzlichen Haftpflichtversicherung) abgewickelt werden, insbesondere dann, wenn der Geschädigte bei Teilschäden (nicht bei Totalschäden) keine Kaskoversicherung in Anspruch nehmen kann, da er eine solche für das betreffende Fahrzeug nicht abgeschlossen hat. Um einer solchen Minderung von Leistungen und Abzügen durch die Versicherungsgesellschaften entgegenzuwirken, hat man bislang üblicherweise bei Reparaturen von älteren Fahrzeugen vereinbart, dass für die Reparatur entweder ältere Teile oder Ersatzteile alternativer Hersteller eingesetzt werden, da diese günstiger sind. Es ist jedoch nicht immer möglich, zweckdienlich oder geeignet, eine solche Reparatur in Anspruch zu nehmen.
 
Die beschriebene Praxis von Versicherungsgesellschaften konnte sich auf einige ältere gerichtliche Entscheidungen stützen. So schlussfolgerte z.B. das Oberste Gericht in seinem Urteil vom 28.11.2001, Aktenzeichen 25 Cdo 347/2000, dass „von dem Betrag, der die Kosten für die Reparatur der Sache darstellt, ein Betrag abgezogen werden muss, welcher der Aufwertung der Sache durch deren Reparatur gegenüber dem ursprünglichen Zustand entspricht.” Die entscheidende Wende in dieser Frage brachte der Befund des tschechischen Verfassungsgerichts vom 11.06.2014, Aktenzeichen I. ÚS 1902/2013, in dem die nachfolgende Auffassung zum Ausdruck gebracht wird: „Die Erstattung des vollständigen Preises einer zweckmäßig durchgeführten Reparatur eines Kraftfahrzeugs (die nur auf die Beseitigung der Folgen eines Schadenfalls abzielt) [...] sollte die Regel sein; dem Geschädigten wurde die sog. Aufwertung des Fahrzeugs durch eine unrechtmäßige Handlung aufgezwungen, mit der Reparatur wird lediglich dessen Rückversetzung in den vor dem Unfall herrschenden Zustand bezweckt. Sofern die Reparatur nicht kostengünstiger durchgeführt werden kann und diese nur auf die Beseitigung der Folgen des Schadensfalls abzielte, erscheint es nicht als gerecht, wenn die Geschädigten in der Regel gezwungen werden, für die Instandsetzung des Fahrzeugs oft hohe Beträge nachzuzahlen.” Das Verfassungsgericht hat zwar nicht ausgeschlossen, dass der „Geschädigte auch infolge einer zweckmäßig durchgeführten Reparatur eindeutig und ohne Zweifel gegenüber dem vor dem Unfall herrschenden Zustand bereichert werden kann”, solche Situationen sind jedoch nach Auffassung des Verfassungsgerichts „eher eine Ausnahme”. In der Regel sollte, wie bereits zitiert, der volle Reparaturpreis erstattet werden.
 
Auch nach dem Erlass des oben zitierten Befundes bestehen die Versicherungsgesellschaften weiterhin auf ihrer bisherigen Praxis, der sog. Amortisation, und mindern nach wie vor die Beträge, die an die Versicherten ausbezahlt werden. Die Tatsache, dass die Schlussfolgerungen des unlängst erlassenen Befundes des Verfassungsgerichtes missachtet werden, kann jedoch nicht so einfach hingenommen werden. Falls ein Kunde wegen seiner unbefriedigten Ansprüche eine Klage erheben würde, könnte er relativ große Chancen auf einen Erfolg haben. Das Verfassungsgericht selbst hat in seinem Befund vom 01.02.2013, Aktenzeichen IV. ÚS 33465/12, angeführt - zwar im Zusammenhang mit einer anderen Problematik - , dass „eine Missachtung der tragenden Gründe der Befunde des Verfassungsgerichts ohne Vorlage einer hinreichend begründeten (konkurrierenden) Argumentation, die geeignet wäre, eine Abweichung von der bestehenden Befundjudikatur auszulegen, für das allgemeine Gericht eine Verletzung [...] der Charta der Grundrechte und Grundfreiheiten und [...] der Verfassung darstellt.” (Anm.: Die Hervorhebung durch Fettschrift haben wir in beiden Zitaten selbst ergänzt.)
 
Sollten die Versicherungsgesellschaften bei der Abwicklung von Versicherungsfällen, in welche Gebrauchtfahrzeuge verwickelt sind, die erwähnte Amortisation gegenüber unseren Mandanten weiterhin anwenden und den zitierten Befund des Verfassungsgerichts vom Juni 2014 missachten, werden wir gegenüber der Versicherungsgesellschaft nachdrücklich im Sinne der angeführten Entscheidung des Verfassungsgerichtes argumentieren, gegebenenfalls auch in einem Gerichtsverfahren, falls sich ein Mandant für eine solche Vorgehensweise entscheiden sollte.

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