Fiktive verbindliche Stellungnahmen nach tschechischem Baugesetz

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Wollen Sie bauen oder sanieren? Die erforderliche Genehmigung können Sie neu auch auf Grundlage sog. fiktiver verbindlicher Stellungnahmen der zuständigen Behörden erhalten.

Am 13. Oktober 2020 erschien in der tschechischen Sammlung der Gesetze unter Nr. 403/2020 Slg. das Gesetz zur Neufassung des Gesetzes über die Beschleunigung der Errichtung von Verkehrs-, Wasserwirtschafts- und Energieinfrastruktur und elektronischer Kommunikationsinfrastruktur und der zusammenhängenden Gesetze. Dieses Gesetz trat am 1. Januar 2021 in Kraft. Obwohl diese Regelung auf den ersten Blick als unwesentlich erscheinen mag, ist das Gegenteil der Fall: Mit dem neugefassten Gesetz werden 25 Vorschriften geändert, unter anderem im Umweltbereich und in verwandten Bereichen oder im Bildungsbereich. Gleichzeitig werden ausgewählte Bestimmungen anderer Gesetze geändert, nicht zuletzt das Baugesetz und die Verwaltungsordnung. Im Folgenden werden die Auswirkungen der beiden letztgenannten Vorschriften näher beleuchtet. 

Nach dem tschechischen Baugesetz sollen die Bauämter so vorgehen, dass die Bauherren so wenig wie möglich belastet werden und in einem konkreten Fall nach Möglichkeit nur eine Entscheidung erlassen wird. Die Bauämter arbeiten daher mit sogenannten betroffenen bzw. zuständigen Behörden zusammen, die die öffentlichen Interessen (Sicherheit, Gesundheit, Wirtschaftswachstum, soziale Gerechtigkeit, nachhaltige Entwicklung usw.) gemäß dem Baugesetz oder besonderen Gesetzen (Wassergesetz, Gesetz über den Natur- und Landschaftsschutz, Luftschutzgesetz, Gesetz über die staatliche Denkmalpflege, Waldgesetz, Gesetz über den Feuerschutz, Straßengesetz, Bergbaugesetz, Kurgesetz, Gesetz über den Schutz der öffentlichen Gesundheit oder Energiewirtschaftsgesetz) schützen. Für diesen Zweck werden insbesondere nach der Verwaltungsordnung erlassene sogenannte verbindliche Stellungnahmen verwendet.

Sogenannte fiktive verbindliche Stellungnahme

Eine verbindliche Stellungnahme für die Zwecke des Verfahrens und des Vorgehens des Bauamtes wird durch die zuständigen Behörden standardmäßig als Grundlage für Entscheidungen der Bauämter über Anträge auf Erteilung einer Bebauungsentscheidung, Baugenehmigung oder sog. gemeinsamen Genehmigung abgegeben. Nach dem Baugesetz kann die Grundfrist für die Abgabe einer verbindlichen Stellungnahme der zuständigen Behörde (dreißig Tage) durch einen in der Akte vermerkten Beschluss um bis zu weitere dreißig Tage verlängert werden. Der Antragsteller muss über die Verlängerung der Frist informiert werden. Voraussetzung für die Verlängerung der Frist ist der gesetzlich (in der Verwaltungsordnung) festgelegte Grund: Eine Untersuchung vor Ort wird angeordnet oder es handelt sich um einen besonders komplexen Fall. 

Mit der Neufassung des Baugesetzes wird die sogenannte Fiktion der Abgabe einer positiven (zustimmenden) verbindlichen Stellungnahme der zuständigen Behörde eingeführt, und zwar für Fälle, in denen die verbindliche Stellungnahme von der zuständigen Stelle nicht innerhalb der festgelegten Frist abgegeben wird. Eine solche fiktive verbindliche Stellungnahme gilt als Zustimmung ohne Auflagen. Im Falle einer Verlängerung der Frist für die Abgabe einer verbindlichen Stellungnahme muss die zuständige Behörde auch das Bauamt benachrichtigen, damit von dem Datum der Antragstellung bei der zuständigen Behörde und dem Ablauf der 30-tägigen Frist nicht abgeleitet wird, dass eine fiktive verbindliche Stellungnahme erging und das Bauamt (bereits) seine Zustimmung oder Genehmigung erteilen kann.
Der Charakter einer fiktiven verbindlichen Stellungnahme unterscheidet sich nicht von „klassischen“ verbindlichen Stellungnahmen.

Grundlage ist der Antrag

Der Antrag auf Ausgabe einer verbindlichen Stellungnahme der zuständigen Behörde muss fehlerfrei sein. Ist dies nicht der Fall, fordert die zuständige Behörde den Antragsteller auf, die Mängel des Antrags auszuräumen (über diese Aufforderung ist auch das Bauamt zu benachrichtigen), räumt ihm hierfür eine angemessene Frist ein und belehrt ihn über die Folgen einer Nichtbeseitigung der Mängel. Bei Festlegung der Frist kann die Art des Mangels berücksichtigt werden. Die Festlegung einer Frist für die Ausräumung von Mängeln im Antrag führt nicht zur Abgabe einer fiktiven zustimmenden verbindlichen Stellungnahme, da die Frist für deren Abgabe während der Dauer der Ausräumung von Mängeln nicht läuft.
Wenn der Antragsteller die Mängel des Antrags nicht ausräumt, gibt die zuständige Behörde keine Stellungnahme ab und teilt dem Antragsteller schriftlich mit, dass keine verbindliche Stellungnahme abgegeben werden kann (auch in diesem Fall ergeht diese Information auch an das Bauamt). Ein Antrag auf Abgabe einer verbindlichen Stellungnahme kann wiederholt gestellt werden.

Erst wenn die Mängel des Antrags ausgeräumt sind, setzt die Frist für die Abgabe einer verbindlichen Stellungnahme ein. Das Datum, an dem der ursprüngliche (unvollständige oder fehlerhafte) Antrag gestellt wurde, spielt unter dem Gesichtspunkt der Fiktion der Abgabe einer zustimmenden verbindlichen Stellungnahme dann keine Rolle. Es ist nicht erforderlich, den Antragsteller darüber zu informieren, dass die Mängel des Antrags ausgeräumt wurden und dass die zuständige Behörde ihn weiter bearbeitet. Es sollte jedoch unbedingt darauf hingewiesen werden, dass Mängel nicht vollständig behoben wurden und dass die Frist für die Abgabe einer verbindlichen Stellungnahme daher noch nicht eingesetzt hat. Der Antragsteller sollte dann von der zuständigen Behörde erneut aufgefordert werden, die noch offenen Mängel zu beheben.

Das Ziel aller Bauherren ist zweifellos, eine Genehmigung zu erhalten, um das geplante Bauvorhaben in kürzester Zeit umzusetzen. Da die von den Bauämtern geführten Verfahren durch einen Antrag veranlasst werden, hängt es zumindest teilweise von den Bauherren selbst ab, wie schnell die jeweilige Genehmigung erteilt wird. Es ist daher wünschenswert, dass die von ihnen eingereichten Anträge keine Mängel aufweisen, deren Beseitigung zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen würde.

Ihr Interesse vorausgesetzt sind wir gern bereit, mit ihnen als zukünftigen Bauherren nicht nur die Frage des Bauverfahrens, sondern auch die inhaltlichen Anforderungen an die zusammenhängenden Anträge zu besprechen, die entsprechende baurechtliche Dokumentation zu erstellen oder Sie in den Verfahren vor öffentlichen Behörden zu vertreten.

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JUDr. Alena Tomsová

Attorney at Law (Tschechische Rep.), Senior Associate

+420 236 1637 20

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