Wird eine grenzüberschreitende Eintreibung von Forderungen einfacher?

PrintMailRate-it
Anfang Juli 2019 hat die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Übereinkommen) verabschiedet. Das Übereinkommen kann in Zukunft ein wichtiges Instrument für die internationale Geschäftspraxis sein, insbesondere in Bezug auf eine grenzüberschreitende Eintreibung von Forderungen. In diesem Artikel werden der derzeitige Stand der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile und mögliche künftige Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Übereinkommen näher behandelt.

Verfügt der Verpflichtete (der Schuldner) im Hoheitsgebiet des Staates, in dem das Urteil ergangen ist, nicht über ausreichend Vermögen, bleibt dem Berechtigten (dem Gläubiger) nichts anderes übrig, als die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils in einem anderen Staat zu beantragen. Die Anerkennung einer Entscheidung bedeutet, dass die ausländische Entscheidung die gleiche Rechtswirkung hat wie eine inländische Entscheidung. Die Vollstreckung der Entscheidung besteht dann darin, den Verpflichteten zu zwingen, die ihm durch die Entscheidung auferlegte Verpflichtung zu erfüllen (z. B. den geschuldeten Betrag zu zahlen).

Das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile wartet auf seine Ratifizierung. 

Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile wird durch eine Reihe von supranationalen Rechtsvorschriften geregelt, darunter EU-Verordnungen und internationale Übereinkommen. Ihr Manko ist jedoch ihr begrenzter räumlicher Geltungsbereich. EU-Verordnungen gelten nur im Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedstaaten und internationale Übereinkommen nur im Hoheitsgebiet jener Staaten, die dem jeweiligen Übereinkommen beigetreten sind. Es fehlt jedoch noch immer ein internationales Übereinkommen, dem die Mehrzahl der Staaten der Welt beigetreten wäre und das die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen regeln würde. 

Wenn eine EU-Verordnung oder ein internationales Übereinkommen weder in dem Staat, in dem die Entscheidung ergangen ist, noch in dem Staat, in dem der Berechtigte die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung beantragt, räumlich anwendbar ist, befindet sich der Berechtigte in einer schwierigen Lage. Er muss die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils nach dem nationalen Recht des betreffenden Staates beantragen. 

Die nationalen Gesetze der einzelnen Länder, die die Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen aus Drittstaaten regeln, können sehr unterschiedliche Vorschriften enthalten. Sie können so streng sein, dass dem Berechtigten letztlich nichts anderes übrig bleibt, als ein neues Gerichtsverfahren in diesem Staat einzuleiten.

Für tschechische Rechtsträger kann es problematisch sein, wenn sie in einem Vertrag mit einem Geschäftspartner aus einem Drittstaat außerhalb der EU die Zuständigkeit der tschechischen Gerichte vereinbart haben, der Geschäftspartner aber kein oder nur unzureichendes Vermögen in der Tschechischen Republik hat. In dieser Situation können sie zwar grundsätzlich die Ausgabe eines Urteils durch die tschechischen Gerichte erwirken, aber die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils muss in der Regel im Hoheitsgebiet des Drittstaats erfolgen, in dem der Geschäftspartner seine Hauptverwaltung (seinen satzungsmäßigen Sitz) und in der Regel auch ausreichendes Vermögen hat. Die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung aus der Tschechischen Republik unterliegen ausschließlich dem Recht des betreffenden Drittstaates.

Genau dieser Missstand soll mit dem angeführten Übereinkommen behoben werden. Sein Ziel ist es, im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen die gleiche Bedeutung zu erlangen, die dem New Yorker Übereinkommen von 1958 auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche beigemessen wird. Dieses hat derzeit 156 Vertragsstaaten, und seine weltweite Bedeutung für die internationalen Handelsbeziehungen ist daher immens.

Das Übereinkommen von 2019 hat zweifellos die Voraussetzungen, eine ähnliche Bedeutung zu erlangen. Rechtsexperten aus diversen Ländern, darunter der EU, den USA und China, haben jahrelang an dessen Ausarbeitung mitgewirkt. Dadurch konnte ein qualitativ hochwertiger, weithin akzeptierter Text verabschiedet werden. Entscheidend für die Zukunft wird jedoch sein, ob dem Übereinkommen genügend Staaten beitreten, damit es weltweite Bedeutung erlangen kann.  

Seit der Verabschiedung des Übereinkommens am 2. Juli 2019 haben es bisher nur sechs Staaten unterzeichnet (Uruguay, Ukraine, Israel, Russland, Costa Rica und die USA). Allerdings hat noch keiner dieser Staaten das Übereinkommen ratifiziert, und zwischen Unterzeichnung und Ratifizierung können Jahrzehnte vergehen, oder aber zu einer Ratifizierung durch den jeweiligen Staat muss es letztendlich gar nicht kommen. Die Ratifizierung durch mindestens zwei Staaten ist dabei eine der Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Übereinkommens. 

Auch die EU könnte für die Zukunft des Übereinkommens eine wichtige Rolle spielen, da der Beitritt zum gegenständlichen Übereinkommen nach einer Stellungnahme des Europäischen Gerichtshofs von 2006 in die ausschließliche Kompetenz der EU und ihrer Organe fällt. Die Europäische Kommission hat dem Europäischen Parlament am 16. Juli 2021 einen Vorschlag für den Beitritt zu dem Übereinkommen vorgelegt.   
Es bleibt also nur zu hoffen, dass die EU und andere Länder dem Übereinkommen so bald wie möglich beitreten werden und es so sein erhofftes weltweites Potenzial wird erfüllen können. 

Als bestmögliche Lösung für das Problem der Vollstreckung von Entscheidungen in den Beziehungen zu Handelspartnern in Drittländern erscheint daher nach wie vor die Aushandlung einer geeigneten Schiedsklausel in Einklang mit dem New Yorker Übereinkommen. Unsere Berater unterstützen Sie gern bei der Ausarbeitung einer geeigneten Schiedsklausel sowie bei der möglichen Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs oder einer ausländischen Gerichtsentscheidung in der Tschechischen Republik.

Kontakt

Contact Person Picture

JUDr. Alice Kubová Bártková

Advokátka (Tschechische Republik)

Associate Partner

+420 236 163 710

Anfrage senden

Profil

Deutschland Weltweit Search Menu