Umsatzsteuer: Änderung der Bemessungsgrundlage bei vorübergehender Uneinbringlichkeit aufgrund von Sicherungseinbehalt

PrintMailRate-it
Das am 3. August 2015 veröffentlichte BMF-Schreiben befasst sich mit dem BFH-Urteil vom 24. Oktober 2013 (Az. V R 31/12) und folgt diesem erfreulicherweise. Indem Urteil wurde entschieden, dass ein Unternehmer grundsätzlich im Umfang eines Sicherungseinbehalts zur Minderung der Bemessungsgrundlage aufgrund von Uneinbringlichkeit des Entgelts (gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) berechtigt sein kann.
 
Unternehmer müssen dem Fiskus keine Umsatzsteuer vorauszahlen und vorfinanzieren, wenn sie selbst ihr vereinbartes Entgelt erst später, teilweise sogar Jahre später, erhalten. Der Fall betraf einen Bauunternehmer, der seinen Kunden Gewährleistungsansprüche von 2 bis 5 Jahren auf seine Arbeiten einräumte. Bis zu 10 Prozent der Rechnungssumme behielten die Kunden daher als Sicherheit ein und mussten sie erst nach Ablauf der vereinbarten Frist zahlen. Abzuführen hatte der sollversteuernde Unternehmer die Umsatzsteuer sofort (bei Leistungserbringung) und in voller Höhe des vereinbarten Entgelts. 
 
Ein der Sollbesteuerung unterliegender Unternehmer kann die Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG berichtigen (hier mindern) soweit er aufgrund eines vertraglichen Einbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen seinen Entgeltanspruch über einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren nicht durchsetzen kann.  
 
Die Voraussetzungen für eine Minderung der Bemessungsgrundlage wegen Uneinbringlichkeit sind durch den Unternehmer nachzuweisen. Aus diesen Nachweisen muss sich leicht und einwandfrei ergeben, dass für jeden abgeschlossenen Vertrag konkrete – im Einzelnen vom Unternehmer begehrte – Gewährleistungsbürgschaften beantragt und abgelehnt wurden.
 
Hingegen liegt also in den Fällen keine Uneinbringlichkeit und damit keine Berichtigungsmöglichkeit vor, in denen der Unternehmer eine vollständige Entgeltzahlung bereits mit Leistungserbringung für die Fälle beanspruchen kann, in denen er die Gewährleistungsansprüche seiner Leistungsempfänger durch Bankbürgschaft gesichert hat oder ihm eine derartige Bürgschaftsgestellung möglich war. 
 
Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird entsprechend ergänzt, die Regelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
 

Praxishinweis

Betroffene Unternehmer sollten prüfen, ob sie den bisherigen Liquiditätsnachteil für alle offenen Fälle und bei noch einbehaltenen Sicherheiten beseitigen und jetzt noch Umsatzsteuer via Entgeltminderung nach § 17 UStG berichtigen können. Für künftige Fallkonstellationen sollte eine solche umsatzsteuerliche Berichtigung und Cashflow-Optimierung beachtet werden.
 

Beispiel

Ein Bauunternehmer stellt eine Rechnung in Höhe von 500.000 Euro (zuzüglich 95.000 Euro Umsatzsteuer) an den Kunden. Es wurde ein Sicherungseinbehalt in Höhe von 10 Prozent vertraglich vereinbart. Die o.g. Voraussetzungen für eine Berichtigung und die Entgeltminderung sind erfüllt. 
 
Der Bauunternehmer kann nach § 17 UStG berichtigen und muss lediglich die Umsatzsteuer in Höhe von 85.500 Euro (19 Prozent von 450.000 Euro) an das zuständige Finanzamt abführen, also nicht auf den Sicherungseinbehalt. Der Kunde hat auf der Vorsteuerseite dann aber korrespondierend den Vorsteuerbetrag zu kürzen. Sofern keine Baumängel auftreten und der Bauunternehmer nach Ablauf der Gewährleistungen die restlichen 50.000 Euro von seinem Kunden erhält, hat er die Umsatzsteuer auf dem Sicherungseinbehalt (in Höhe von 9.500 Euro) an das Finanzamt abzuführen.
 
zuletzt aktualisiert am 11.08.2015
Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu