Betriebsveranstaltungen: Folgen für die Umsatzsteuer durch Lohnsteuer-Neuregelungen?

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Mit dem Schreiben vom 14. Oktober 2015 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zur Anwendung der gesetzlichen Neuregelung bei der Besteuerung von Zuwendungen an Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebs­ver­anstaltungen Stellung genommen. Die gesetzlichen Änderungen betreffen die Lohnsteuer, entfalten jedoch auch indirekte Auswirkungen auf die Umsatzsteuer. So wurden mit dem BMF-Schreiben insbesondere die „Betriebsveranstaltung” näher spezifiziert, die betroffenen Arbeitnehmer (-gruppen) definiert, die Berechnung des nun für die Lohnsteuer entscheidenden Freibetrags erläutert sowie teilweise die bisherigen Auffassungen bestätigt.
 

Auffassung der Finanzverwaltung im Bereich Lohnsteuer und Betriebsveranstaltungen

Für die Umsatzsteuer ergeben sich aufgrund der Umwandlung der sog. Freigrenze in Höhe von 110 Euro in einen Freibetrag und der Definition der Betriebsveranstaltung als solche seit dem 1. Januar 2015 keine unmittelbaren Neuerungen, da die Zuwendungen an Personal im Rahmen einer Betriebsveranstaltung weiterhin als sog. Aufmerksamkeiten beurteilt werden – soweit sie nach Art, Teilnehmerkreis, Häufigkeit und Dauer üblich sind, eine im Interesse des Arbeitgebers ausgeführte Veranstaltung vorliegt und es am Zuwendungswillen zugunsten des Arbeitnehmers fehlt.

Übersteigt jedoch die jeweilige Betriebsveranstaltung den Rahmen des Üblichen, also den Betrag von 110 Euro (einschließlich Umsatzsteuer) pro Arbeitnehmer, ist eine Zuwendung des Arbeit­gebers auch für den privaten Bereich des Personals gegeben. Eine Umsatzbesteuerung als sog. unentgeltliche Wertabgabe ist bei Überschreitung des auch für die Umsatzsteuer relevanten Betrags durchzuführen, wenn zuvor ein Vorsteuerabzug (aus bezogenen Leistungen zur Durchführung der Betriebsveranstaltung, z.B. Anmietung von Räumlichkeiten, Catering, Musik etc.) vorgenommen wurde. Steht von vornherein die Überschreitung des umsatzsteuerlichen Freibetrags fest, besteht bereits kein Anspruch auf Vorsteuerabzug. Das führt im nächsten Schritt und in dieser Konsequenz auch nicht zu einer Besteuerung der Sachzuwendungen als unentgeltliche Wertabgabe auf Ebene des Arbeitgebers (Unternehmers).

Die Beurteilung, ob eine Betriebsveranstaltung den Rahmen des Üblichen überschreitet, erfolgt im Umsatzsteuerrecht typisierend. Die Höhe der Zuwendungen ist demnach noch üblich, wenn die Aufwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen. Bei der Berechnung müssen jeweils Begleitung des Arbeit­nehmers bzw. Familienangehörige, Geschäftsfreunde usw. detailliert berücksichtigt werden. Wird der Freibetrag nicht überschritten, ist eine Zuwendung aus betrieblichem Anlass gegeben, der keine unentgeltliche Wertabgabe auslöst. Die Vorsteuerbeträge aus den Eingangsleistungen sind der gesamten Geschäftstätigkeit zuzuordnen, so dass ein Abzug in voller Höhe (bei voll vor­steuer­abzugsberechtigten Unternehmern) möglich ist. Sofern der Betrag von 110 Euro über­schritten wird, gelten die privaten Interessen des Arbeitnehmers als im Vordergrund stehend. Dann sind damit im Zusammenhang stehende Vorsteuerbeträge insgesamt in voller Höhe nicht abzugsfähig.


Mehrere Betriebsveranstaltungen pro Kalenderjahr

Werden in einem Kalenderjahr mehr als 2 Betriebsveranstaltungen durch den Arbeitgeber durchgeführt, ergibt sich für deren umsatzsteuerliche Beurteilung – anders als aus lohn­steuerlicher Sicht – nur bei den als üblich qualifizierten Betriebsveranstaltungen ein Wahlrecht, für welche beiden der Freibetrag in Anspruch genommen werden soll. Als üblich gelten grundsätzlich höchstens zwei Betriebsveranstaltungen im Kalenderjahr, deren Aufwendungen den Freibetrag von 110 Euro nicht übersteigen. Jede weitere Betriebs­veranstaltung gilt infolgedessen wohl grundsätzlich als „unüblich”, so dass auch kein Vor­steuer­abzugsrecht bei den weiteren Veranstaltungen besteht bzw. – im Falle erst nachträglicher Feststellung des Überschreitens – eine Umsatzbesteuerung als unentgeltliche Wertabgabe erfolgen muss.

Die Umsatzsteuer richtet sich so nicht nach den ertragsteuerlichen Kriterien. U.U. kann es zu abweichenden Ergebnissen gegenüber der Lohnsteuer kommen, da im Ertragsteuerrecht stets die Betriebsveranstaltungen innerhalb eines Kalenderjahrs ausgewählt werden, bei denen der zu versteuernde Arbeitslohn für den Arbeitnehmer möglichst gering ist.

Hinweise und Empfehlungen für die Praxis

Das BMF-Schreiben vom 14. Oktober 2015 führt grundsätzlich zu keiner Änderung oder Neu­regelung der Umsatzbesteuerung in Bezug auf die Ersetzung der lohnsteuerlichen Freigrenze durch einen Freibetrag.

Jedoch gilt zu beachten, dass den gesetzlichen lohnsteuerlichen Änderungen nur bedingt im Umsatz­steuer­recht gefolgt wird und möglicherweise unterschiedliche Konsequenzen bei der lohnsteuerlichen Beurteilung mehrere Betriebsveranstaltungen in einem Kalenderjahr bestehen. Diese Ungleichbehandlung ist aus Sicht der Finanzverwaltung schlichtweg gegeben und stellt daher keine mangelnde Abstimmung zwischen beiden Steuerarten dar.

Wie für andere Sachzuwendungen an Arbeitnehmer sollten bei Betriebsveranstaltungen die jeweiligen betroffenen Steuerarten beachtet und im Vorfeld bzw. bei Planung von (mehreren) Betriebs­ver­anstaltungen im Kalenderjahr – z.B. in Kalenderjahren mit zusätzlichen Firmenfeiern anlässlich eines Jubiläums – die Konsequenzen für Arbeitgeber (Unternehmer) und Arbeitnehmer einbezogen werden.
zuletzt aktualisiert am 23.03.2016

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Dr. Heidi Friedrich-Vache

Diplom-Kauffrau, Steuerberaterin, Umsatzsteuerberatung | VAT Services

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