Valuation Caps bei Wandelschuld­ver­schrei­bun­gen: Nachteile für Gründer und Investoren

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​veröffentlicht am 14. September 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Cyril Prengel, Rödl & Partner Nürnberg, und Alexander Hennevogel

  

Wandelschuldverschreibungen sind seit geraumer Zeit eine etablierte Form der Mezzanine-Finanzierung für Start-ups, wie bereits in unserem vorherigen Artikel „Wandelanleihen und deren Bedeutung für Finanzierungsrunden“ dargelegt wird. Sie bieten sowohl für Gründer als auch für Investoren in der frühen Phase eines Start-ups einige Vorteile. Es ist jedoch zu beachten, dass ein weit verbreitetes Sonderrecht im Zuge dieser Finanzierungsart, ein sog. Valuation Cap oder kurz Cap, vor allem auf Seiten der Gründer zu erheblichen Nachteilen führen kann.

 

 

Ein Valuation Cap dient in erster Linie den Interessen eines Frühphasen-Investors und gewährleistet, dass er nach der ersten Finanzierungsrunde und der damit verbundenen Umwandlung seines Darlehens in Anteile einen Mindestanteil am Unternehmen erhält. Folgendes Zahlenbeispiel veranschaulicht die Wirkungsweise des Valuation Caps:

 

 

Ein Start-up nimmt ein Wandelschulddarlehen über 25.000 Euro mit einem Valuation Cap über 1 Mio. Euro von einem Frühphasen-Investor auf. In einer später stattfindenden ersten Finanzierungsrunde einigt man sich mit neuen Investoren auf einen Unternehmenswert (nach Wandlung) von 5 Mio. Euro und einem Anteilspreis von 10 Euro. Ohne den Valuation Cap könnte der Frühphasen-Investor sein Darlehen in 2.500 Anteile (entspricht 0,5 Prozent) umwandeln. Unter Berücksichtigung des Valuation Caps zahlt der Frühphasen-Investor in dem Beispiel pro Anteil jedoch nur 2 Euro und kann somit 12.500 Anteile (entspricht 2,5 Prozent) erwerben. Durch den Valuation Cap errechnet sich der Preis eines Anteils über die Gesamtanzahl der Anteile (hier 5 Mio. Euro/10 Euro = 500.000 Anteile) und des Valuation Caps selbst (1 Mio. Euro/500.000 = 2 Euro pro Anteil). 

 

 

Valuation Caps in Wandelschuldverschreibungen können als legitime Forderung seitens des Frühphasen-Investors angesehen werden, wenn Gründer dabei einige wichtige Punkte beachten. Aus Sicht des Gründers ist es unabdingbar, dass die Höhe des Valuation Caps angemessen in Bezug auf die aktuelle Phase und die künftigen Erwartungen des Start-ups ist.

 

Nachfolgende Szenarien verdeutlichen die Nachteile, die einem Gründer durch ein Valuation Cap entstehen können. Wenn die Bewertung des Start-ups in der ersten Finanzierungsrunde deutlich höher als erwartet und somit deutlich über dem Valuation Cap ausfällt, hat das hauptsächlich zwei Implikationen: Zum einen können die Wandelschuldverschreibungen zu einem geringeren Preis in Unternehmensanteile umgewandelt werden, als es für neue Investoren der Fall ist. Dieser Nachteil für die anderen Gesellschafter wird üblicherweise auf die Gründer abgewälzt, während die Neuinvestoren den Valuation Cap entsprechend einpreisen. Zum anderen ist es möglich, dass die Unternehmensanteile des Frühphasen-Investors nach der Umwandlung der Wandelschuldverschreibung bedeutend höher ausfallen als erwartet. Im Extremfall kann eine zu starke Verwässerung der Gründer zu fehlender Motivation und damit zu einer eingeschränkten Finanzierungsfähigkeit des Start-ups für spätere Eigenkapitalinvestoren führen.

 

Auch in den Fällen, in denen mehrere Wandelschuldverschreibungen mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen vorliegen, werden künftige Finanzierungsrunden wegen der Undurchsichtigkeit und Komplexität des Capitalisation Table erschwert. Hinzu kommt, dass eine höhere Anzahl und Komplexität dieser Finanzierungsart bei der Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital zu höheren Rechtskosten führt.

 

Ein weiterer Nachteil auf Seiten der Gründer kann sich aus dem Zusammenspiel des Valuation Caps und einer Liquiditätspräferenz ergeben. Beteiligt sich der Frühphasen-Investor in der Anfangsphase mit einer Wandelschuldverschreibung und bekommt die gleichen Bedingungen wie der Lead-Investor in der Folgefinanzierungsrunde zugesprochen, ist üblicherweise von einer Kombination von Valuation Cap und Liquidationspräferenz auszugehen. Bereits bei einer einfachen Liquiditätspräferenz (z.B. nominaler Multiplikator = 1) erhöht sich der effektive Multiplikator der Liquiditätspräferenz, wenn die Erstbewertung anlässlich der ersten Finanzierungsrunde oberhalb des Valuation Caps liegt. Je nach Höhe des Valuation Caps und der Bewertung des Start-ups kann der effektive Multiplikator somit deutlich über 1 liegen. In unserem obigen vereinfachenden Beispiel läge der Multiple bei 5. Ein Multiplikator in dieser Höhe würde einem Frühphasen-Investor effektiv die fünffache Auszahlung seines ursprünglichen Investments garantieren, bevor nachrangige Gesellschafter (meist ausschließlich die Gründer) am Exiterlös partizipieren. Eine derartige Rendite steht oftmals nicht im Verhältnis zu dem Risiko des Investments. Diese auf den ersten Blick nicht ersichtliche potenzielle multiple Liquiditätspräferenz kann jedoch von den Gründern über eine Klausel im Wandeldarlehensvertrag ausgeschlossen werden.
 
Investoren schützt der Valuation Cap hingegen vor einer möglichen Verwässerung und sichert ihnen ein Minimum an Anteilen des Unternehmenswertes vor der ersten Finanzierungsrunde – unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Bewertung.

 

Eine mögliche Variante zur Vermeidung von unverhältnismäßigen Unterschieden zwischen Erstbewertung und Valuation Cap stellen sog. Tiered Valuation Caps-Klauseln dar. Solche Klauseln ermöglichen eine flexible Anpassung des Valuation Cap in Abhängigkeit der Entwicklung des Start-ups. Dabei richtet sich die Höhe des Valuation Caps an im Voraus vereinbarte Meilensteine und wirkt somit extremen Unterschieden zwischen Erstbewertung und Valuation Cap entgegen. Eine weitere Möglichkeit, die Nachteile eines Valuation Caps abzuschwächen, besteht durch die ausschließliche Gewährung eines Discounts für den Frühphasen-Investor: Hierbei wird bei der Umwandlung der Wandelschuldverschreibung in Anteile der Wert des Start-ups nach der ersten Finanzierungsrunde abzüglich eines im Voraus vereinbarten Discounts herangezogen. Der prozentuale Discount ist somit flexibel und verhindert bei einer unerwartet hohen Bewertung ebenfalls eine Verwässerung der Anteile des Frühphasen-Investors, wenngleich zu einem geringeren Maß bei Bewertungen oberhalb des dann nicht vereinbarten Valuation Caps.

 

Fazit

Wandelschuldverschreibungen erfreuen sich aus gutem Grund großer Beliebtheit und bieten für Gründer und Investoren Vorteile wie der Artikel „Wandelanleihen und deren Bedeutung für Finanzierungsrunden“ aufzeigt. In der frühen Phase eines Start-ups ist es aufgrund der dünnen Informationslage und ungewissen Zukunft schwierig, einen angemessen Wert für das junge Unternehmen festzulegen. Zusätzlich ermöglichen Wandelschuldverschreibungen das Überbrücken von Liquiditätsengpässen mit vergleichsweise geringen Transaktionskosten und Zeitaufwand. Jedoch müssen Gründer bei dieser Finanzierungsart besonders zwei Punkten Beachtung schenken: Eine hohe Anzahl an Wandelschuldverschreibungen erhöht die Komplexität und kann Investoren abschrecken. Ein großer Unterschiedsbetrag zwischen dem Valuation Cap und der Bewertung im Zuge der ersten Finanzierungsrunde führt nicht nur dazu, dass ein Frühphasen-Investor die Unternehmensanteile zu günstigeren Konditionen erwerben kann als nachfolgende Investoren, sondern auch, dass seine Anteile höher ausfallen als vor der ersten Finanzierungsrunde erwartet. Letzteres kann in Extremfällen die Wahrscheinlichkeit künftiger Finanzierungsrunden wegen einer unverhältnismäßigen Verwässerung der Gründer reduzieren.

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