EU erlässt IPI-Maßnahme: Ausschluss von chinesischen Unternehmen bei Vergabe von Medizinprodukten

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​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 1. Juli 2025


Am 30. Juni 2025 ist die Durchführungsverordnung (EU) 2025/1197 (kurz: DVO) in Kraft getreten, mit der die EU erstmals eine sog. IPI-Maßnahme (vgl. Vergabe Kompass 6/2024 v. 3.6.2024) verabschiedet hat. Damit wird der Zugang von chinesischen Unternehmen und Medizinprodukten mit Ursprung in China zum europäischen Markt für öffentliche Aufträge im Bereich Medizinprodukte eingeschränkt.


  • Die EU hat festgestellt, dass in China 87 Prozent der öffentlichen Ausschreibungen für Medizinprodukte (Marktvolumen rd. 128 Mrd. Euro) Verbote zur Beschaffung ausländischer und damit auch europäischer Medizinprodukte enthalten. Umgekehrt werden in die EU Medizinprodukte im Wert von ca. 6,2 Mrd. Euro mit chinesischem Ursprung unbeschränkt eingeführt, wovon rd. 3 bis 4,5 Mrd. Euro den öffentlichen Beschaffungsmarkt betreffen.
  • Als Reaktion auf den für europäische Unternehmen insoweit erheblich eingeschränkten öffentlichen Auftragsmarkt in China hat die EU eine IPI-Maßnahme in Form des zwingenden Ausschlusses i. S. d. Art. 6 Abs. 6 Buchst. b VO (EU) 2022/1031 (kurz: IPI-Verordnung) aller Angebote von Unternehmen aus China eingeführt (Art. 1 Abs. 1 DVO). Nicht-chinesische Unternehmen, die Medizinprodukte mit Ursprung in China anbieten, sind hingegen nicht auszuschließen, soweit der chinesische Anteil der gelieferten Medizinprodukte weniger als 50 Prozent des Auftragswertes beträgt (Erw.grd. 36 DVO, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b IPI-Verordnung). 
  • Die DVO gilt für alle Vergabeverfahren nach der VgV, SektVO und KonzVgV (nicht: VSVgV) zur Beschaffung von Medizinprodukten mit einem geschätzten Netto-Auftragswert i. H. v. mindestens 5 Mio. Euro (Art. 1 Abs. 2 IPI-Verordnung, Art. 1 Abs. 1 DVO). Die DVO gilt vorerst für die nächsten fünf Jahre (Art. 6 Abs. 11 Satz 1 IPI-Verordnung).​
  • Als Medizinprodukte gelten alle Beschaffungsgegenstände, die unter die CPV-Codes 33100000-1 bis 33199000-1 fallen. Dazu zählen z. B.: Röntgengeräte, Magnet-Resonanz-Anlagen, CT-Scanner, Kardiografen, medizinische Verbrauchsartikel, Beatmungsgeräte für medizinische Zwecke, Inkubatoren, OP-Instrumente, Dialysatoren, orthopädische Hilfsmittel, Möbel für ärztliche Zwecke, Rollstühle, Patienten-Fernüberwachungssysteme, medizinische Kleidung.
  • Öffentliche Auftraggeber müssen in den Vergabeunterlagen bestimmte Verpflichtungen des erfolgreichen Bieters aufnehmen (Art. 8 Abs. 1 IPI-Verordnung, Art. 2 Abs. 1 DVO), um eine mögliche Umgehung der IPI-Maßnahme zu verhindern (Erw.grd. 23 IPI-Verordnung):
 
a) nicht mehr als 50 Prozent des Gesamtwerts des Vertrags an chinesische Unternehmen als Unteraufträge zu vergeben,
 
b) bei Lieferverträgen während der Laufzeit des Vertrags sicherzustellen, dass die gelieferten Medizinprodukte aus China nicht mehr als 50 Prozent des Gesamtwerts des Vertrags ausmachen, unabhängig davon, ob diese Medizinprodukte unmittelbar vom erfolgreichen Bieter oder von einem Unterauftragnehmer geliefert oder erbracht werden,
 
c) dem öffentlichen Auftraggeber spätestens bei Vertragserfüllung auf Verlangen geeignete Nachweise entsprechend den Buchst. a oder b vorzulegen,
 
d) im Falle einer Nichteinhaltung der unter den Buchst. a oder b genannten Verpflichtungen eine anteilige Vertragsstrafe zwischen 10 Prozent und 30 Prozent des Gesamtwerts des Vertrags zu zahlen.

  • Öffentliche Auftraggeber brauchen die IPI-Maßnahme ausnahmsweise nicht anzuwenden, wenn nur Unternehmen aus China ausschreibungskonforme Angebote einreichen oder als einzige spezifische Medizinprodukte anbieten, die aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses notwendig sind (Erw.grd. 37 DVO, Art. 9 Abs. 1 IPI-Verordnung).
  • Bewerber/Bieter haben einen subjektiven Anspruch darauf, dass die IPI-Maßnahme im Vergabeverfahren eingehalten wird und können ggf. bei der zuständigen Vergabekammer ein Nachprüfungsverfahren beantragen (Art. 10 IPI-Verordnung).​​


VERÖFFENTLICHUNGEN

  • H. Schröder, Planung und Ausführung von Bauleistungen –​ Begriffshistorische Auslegung des öffentlichen Bauauftrags im Kontext des EU-Vergaberechts, in: Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht (NZBau) 2025, 352 ff.
  • H. Schröder, Ganztagsbetreuung bringt vergaberechtliche Fragen​, in: Staatsanzeiger Baden-Württemberg Nr. 22 vom 6.6.2025, Seite 12.

VERANSTALTUNGEN

23. Nürnberger Vergabere​c​htstag​ am 4. Dezember 2025​

AUSZEICHNUNGEN

  • JUVE Handbuch 2024/2025 – Verkehrssektor/Vergaberecht (F. Weber)
  • Handelsblatt „Deutschlands beste Anwälte 2025 – Öffentliches Wirtschaftsrecht“ (H. Schröder)
  • Best Lawyers Germany 2026 „Public Law“ (H. Schröder)
  • 2./3./5. Preisträger Deutsches Vergabenetzwerk (DVNW) Award 2019/2015/2020 (H. Schröder)
  • WirtschaftsWoche-Topkanzleien 2018 Vergaberecht (H. Schröder)​​

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