Das wettbewerbliche Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 3 VO 1370

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Im Vergaberegime der Verordnung muss zwingend ein wettbewerbliches Vergabeverfahren stattfinden (Art. 5 Abs. 3 VO 1370), soweit kein Fall vorliegt, in welchem die VO explizit ausnahmsweise Direktvergaben erlaubt (so in Art. 5 Abs. 2, 4, 5, 6 VO 1370).
 

Vorveröffentlichung

Als ersten Schritt muss der Aufgabenträger bereits spätestens ein Jahr vor der eigentlichen Bekanntgabe des Vergabeverfahrens im Wege der Vorveröffentlichung folgende Informationen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichen lassen (Art. 7 Abs. 2 VO 1370):
 
  • Name und Anschrift des Aufgabenträgers als zuständige Behörde
  • das Vorgehen nach dem wettbewerblichen Vergabeverfahren
  • den Ort und die Art der zu vergebenden Dienstleistungen
 
Von der Veröffentlichung darf er nur absehen bei Notmaßnahmen und bei Aufträgen über weniger als 50.000 km jährlicher öffentlicher Personenverkehrsleistung. Bei nachträglicher Änderung der Umstände muss der Auftraggeber die Angaben „so rasch wie möglich” korrigieren, sodass die interessierten Betreiber noch angemessen reagieren können.
 

Vergabebekanntmachung

Die Vergabebekanntmachung als zweiter Schritt sollte ebenfalls im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgen; ihr Inhalt darf nicht wesentlich von dem der Vorveröffentlichung abweichen und muss zusätzlich Folgendes umfassen:
 
  • den Inhalt und den Umfang der Personenbeförderungsdienste
  • die Frist für die Abgabe des Teilnahmeantrags und/oder des Angebots
  • die Anschrift der Stelle, bei der die Angebotsunterlagen bzw. die Teilnahmeunterlagen angefordert werden können
  • die vorzulegenden Unterlagen und Dokumente
  • die für Nachprüfungsverfahren zuständige Stelle (Vergabekammer)
 

Angebotsphase: einstufiges oder zweistufiges Verfahren

Der Aufgabenträger kann zwischen zwei Verfahrensarten wählen: Beim einstufigen Verfahren werden über die Bekanntmachung alle interessierten Betreiber direkt aufgerufen, ein Angebot für die Erbringung der Verkehrsdienstleistungen abzugeben. Beim zweistufigen Verfahren werden zuvor nichtdiskriminierende und transparente Kriterien festgelegt, die die Bieter erfüllen müssen; die interessierten Betreiber werden erst zu einem Teilnahmewettbewerb aufgerufen; aus dem Kreis der Teilnehmer dürfen dann nur diejenigen, die den vorgefassten Kriterien genügen, ein Angebot abgeben.
 
Bei Fehlen der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen nach § 13 PBefG darf auch der Aufgabenträger das Angebot eines Bieters nicht berücksichtigen, da dieser keine Genehmigung zur Personenbeförderung von der Genehmigungsbehörde erhalten würde. Um hier sicherzustellen, dass Finanzierungsvertrag und Genehmigung gleichlaufen, sollte der Aufgabenträger die Genehmigungsbehörde in das Vergabeverfahren zum Verkehrsfinanzierungsvertrag einbinden und die Voraussetzungen des § 13 PBefG von dieser prüfen lassen.
 
Die Fristen zur Abgabe der Angebote bzw. Teilnahmeanträge müssen für eine fundierte Einschätzung und Erstellung von Angebot bzw. Teilnahmeantrag auch durch interessierte Betreiber aus anderen Mitgliedstaaten ausreichen.
 

Leistungsbeschreibung, Auftragsbedingungen und Vergabekriterien

Die VO 1370 gibt keine bestimmten Auswahl- oder Entscheidungskriterien vor, sondern verlangt nur, dass die Kriterien und deren Gewichtung den Interessenten bzw. Bewerbern vor Angebotsabgabe bekannt gegeben werden, also in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen. In den Vergabeunterlagen müssen auch alle sonstigen für den Auftrag maßgeblichen Informationen und Bedingungen, bspw. die Möglichkeit und der erlaubte Umfang von Unteraufträgen, aufgeführt werden.
 
Unbedingt zu beachtende Anforderungen des Nahverkehrsplans (§ 8 Abs. 3 PBefG) sollten bereits in die Leistungsbeschreibung einfließen, nämlich im Rahmen der Definition von Art und Umfang der zu vergebenden Verkehrsdienstleistungen.
Die nach dem PBefG zwingenden subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen (§ 13 Abs. 1 PBefG) sind mit Eignungsanforderungen im vergaberechtlichen Sinne gleichzusetzen und können als zwingende Auswahlkriterien bzw. als Auftragsbedingungen formuliert werden.
 
Nach der VO 1370 darf der Auftraggeber dem Betreiber im Rahmen der Verdingungsunterlagen auch die Vorgabe machen, seinen Arbeitnehmern dieselben Rechte wie sein Vorgänger den seinigen zu gewähren oder ihm die Einhaltung bestimmter Sozialstandards vorschreiben (Art. 4 Abs. 5 VO 1370).
Die flexiblen Faktoren zur Bestimmung des öffentlichen Verkehrsinteresses bzw. zur Festlegung der „qualitativ besten” Leistung sollten als Entscheidungskriterien festgelegt werden, da ihr Vorliegen zu einer Vorrangigkeit des Angebots führen soll, genauso wie bei Zuschlagskriterien im allgemeinen Vergaberecht. Der Aufgabenträger sollte sich in jedem Fall von dem Preis-Leistungs-Verhältnis als Entscheidungskriterium leiten lassen. Die „beste Qualität” kann beispielsweise aus den Kriterien der Taktdichte, der Fahrzeugqualität wie den Umwelt- oder Sicherheitseigenschaften und der Barrierefreiheit oder der Integration verschiedener Verkehrsdienste folgen. Entsprechend der Bedeutung des einzelnen Kriteriums für den Auftrag muss dessen Gewichtung deutlich gemacht werden, etwa durch Prozentangaben der Wichtigkeit oder Vergabe fester Punktzahlen je Kriterium.
 

Entscheidungsphase

Es gilt nach Abgabe der Angebote in der Regel ein Verbot von Verhandlungen, außer bei besonderer oder komplexer Natur der Personenbeförderungsleistungen (Art. 5 Abs. 3 S. 3 VO 1370). Im Sinne der Nichtdiskriminierung und Fairness darf jedoch kein Bieter einen ungerechtfertigten Vorteil durch Zugang zu mehr Information als die anderen Bieter erlangen.
Aufgrund der Geheimhaltungsinteressen der Bieter sollte bei der Anhörung der im gleichen Einzugsgebiet bereits tätigen Unternehmen nach § 14 PBefG lediglich der Antragsvordruck, Fahrplan und Linienverlauf offenbart werden; das Anhörungsverfahren sollte man erst nach Vorliegen sämtlicher Genehmigungsanträge bzw. nach Ablauf einer hierfür gesetzten Antragsfrist durchführen. Die Aufgabenträger müssen beteiligt werden.
Um einen wirksamen Rechtsschutz zu gewährleisten, muss nach der Vergabeentscheidung eine Mitteilung an die nicht berücksichtigten Bieter über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, den Grund der Nichtberücksichtigung ihrer Angebote und den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Textform vorangehen (Vorabbekanntmachung). Erst nach einer weiteren Frist darf dann der Zuschlag erteilt werden.
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