Fernlinienverkehre

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Erstreckt sich der Busverkehr eines Verkehrsunternehmers innerhalb der Bundesrepublik Deutschland über größere Entfernungen, insbesondere über mehrere Bundesländer, so stellt dies einen sogenannten Fernlinienverkehr dar. Auch für diesen sind die rechtlichen Vorgaben des PBefG, insbesondere § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 13 Abs. 1 und Abs. 2, § 42 S. 1 PBefG, zu beachten, da der Fernlinienverkehr einen Verkehr mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr darstellt. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 kann ein Fernlinienverkehr mit Bussen unter Umständen genehmigt werden, auch wenn die Strecke bereits von der Bahn bedient wird, soweit die Fahrpreise im Busverkehr deutlich günstiger sind als die entsprechenden Bahnpreise. Allerdings muss der Bahn die Möglichkeit zu einer Ausgestaltung ihres Schienenverkehrs eingeräumt worden sein. Wurde dies berücksichtigt, so kann auch ein innerdeutscher Fernlinienverkehr mit Bussen zulässig sein.
 
Für den Fernlinienverkehr erscheint fraglich, ob die Vorgaben der VO 1370 zur Geltung gelangen, da deren Anwendbarkeit für touristische Zwecke gemäß Erwägungsgrund 13 zur VO 1370 und Art. 1 Abs. 2 S. 1 VO 1370 ausdrücklich ausgeschlossen ist.
 
Unabhängig davon, ob ein Verkehr in erster Linie touristischen Zwecken dient oder nicht, findet die VO 1370 Anwendung, wenn die Genehmigung gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen (Beförderungs-, Tarif- und Betriebspflicht) auferlegt. Da eine Linie im Fernverkehr aufgrund deren Ausgestaltung als Liniengenehmigung gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegt, führt dies zur Anwendbarkeit der VO 1370, weshalb deren Vorgaben zu beachten sind.
 
Soweit von der Übergangsvorschrift des Art. 8 Abs. 2 VO 1370 Gebrauch gemacht wird, erfolgt die „Vergabe” der Genehmigung nach den Vorschriften des PBefG. Einer europaweiten Ausschreibung bedarf es daher nicht.
 
Das Verfahren wird durch die an dem Linienverkehr interessierten Unternehmer mittels eines Antrags gem. § 12 PBefG eingeleitet.
 
Hinsichtlich der Anhörung der Unternehmer, die im Einzugsbereich des beantragten Verkehrs einen Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen betreiben, § 14 Abs. 1 Nr. 1 PBefG, ist zu beachten, dass diesen nicht die Antragsunterlagen von Mitbewerbern zugänglich gemacht werden, da dies mit den Grundsätzen der Chancengleichheit und Transparenz, die aufgrund der unmittelbaren Geltung der VO 1370 stets zu beachten sind, nicht vereinbar wäre.
 
Soweit von der Übergangsregelung des Art. 8 Abs. 2 VO 1370 Gebrauch gemacht wird, ist die Genehmigungsdauer unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen auf maximal acht Jahre zu bemessen, § 16 Abs. 2 S. 1 und 2 PBefG.
 
Sobald mehrere Bewerber um eine Linie konkurrieren, wandelt sich der aus § 1 GewO resultierende Anspruch auf Erteilung der personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung in einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung. Der Behörde steht somit ein weiter Ermessensspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt im Rahmen des § 114 VwGO prüfbar ist.
 
Die materiell-rechtlichen Anforderungen an die Genehmigung ergeben sich aus § 13 PBefG, sollen hier aber keiner näheren Betrachtung unterzogen werden.
 
Zu beachten ist jedoch, dass § 13 Abs. 3 PBefG europarechtskonform auszulegen ist, wenn sich ein Altunternehmer im Anschluss an eine auslaufende Genehmigung neben einem Neubewerber bewirbt. Allerdings darf dieser aufgrund seiner Altunternehmerstellung nicht privilegiert werden, da dies dem durch die VO 1370 geforderten Postulat der Fairness und Nichtdiskriminierung widerspräche. Nur wenn ein Altunternehmer und ein Neubewerber zwei völlig identische Anträge stellen, diese also unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und Aspekten des Verkehrs völlig übereinstimmen, kann an eine Berücksichtigung der bisherigen Leistungen des Altunternehmers gedacht werden. Im Ergebnis darf dem Altunternehmer jedoch keine vorweggenommene – wie auch immer gestaltete – Bevorzugung aufgrund seiner Altunternehmerstellung (europarechtskonforme Auslegung) zukommen.

Weiterhin wird man die parallele Bedienung einer Linie durch mehrere Unternehmer nicht als zulässig erachten können, da die bestehenden Konkurrenzverhältnisse stets die Gefahr in sich bergen, dass versucht wird, zulasten der Verkehrssicherheit Kosten zu sparen. Zudem besagt auch § 9 Abs. 1 Nr. 3 PBefG, dass die Genehmigung für die Linienführung und den Betrieb erteilt wird. Aufgrund der Linienbezogenheit der personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung ist eine parallele Bedienung unzulässig, zumal nur so dem Unternehmer eine gewisse Planungssicherheit gewährleistet wird. Soweit der Fernlinienverkehr mit Bussen in Konkurrenz zu einer Linie der Bahn tritt, kann dieser nur unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 genehmigt werden.
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