Verhältnis öffentlicher Dienstleistungsauftrag - Genehmigungsauftrag

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In der VO 1370 wird nicht näher eingegangen auf das Verhältnis zwischen den beiden unterschiedlichen zuständigen Behörden (Genehmigungsbehörde und ÖPNV-Aufgabenträger) und damit auch nicht auf das Verhältnis zwischen den beiden öffentlichen Dienstleistungsaufträgen.
 
Die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2009 enthalten – zwar noch zur alten bis 2. Dezember 2009 gültigen Rechtslage – Hinweise zum Verhältnis zwischen dem ÖPNV-Aufgabenträger und der Genehmigungsbehörde. Diese Überlegungen lassen sich auch auf die Rechtslage nach Inkrafttreten der VO 1370 nutzbar machen. Wichtig ist dabei insoweit die allgemeingültige Erkenntnis, dass das Bundesverwaltungsgericht beide Behörden nicht isoliert nebeneinander stehen sieht, sondern eine gesetzlich nicht näher normierte Abstimmung für notwendig hält. Daraus folgt das Gebot, mittels verfahrensleitender Fristen eine Strukturierung des Genehmigungsverfahrens und der Gewährung von Ausgleichsleistungen herbeizuführen.
 
Die Entscheidungen von ÖPNV-Aufgabenträger und Genehmigungsbehörde können zeitlich und inhaltlich koordiniert werden. Folgende verfahrensleitende Regelungen sind zu beachten:
 
  • Die Genehmigungsbehörde veröffentlicht die zur Wiedererteilung anstehenden Liniengenehmigungen frühzeitig. Die Veröffentlichung muss mindestens 21 Monate vor der Wiedererteilung erfolgen. Inhaltlich sollten in der Bekanntmachung der Name und die Anschrift der jeweils zuständigen Genehmigungsbehörde sowie die Gültigkeitsdauer und der Streckenverlauf der Liniengenehmigungen angegeben werden. Zugleich sollte vorsorglich ein kurzer Hinweis auf die jeweils aktuelle Rechtslage aufgenommen werden, etwa dahin gehend, dass die „Vergabe”der auslaufenden Linienkonzessionen nicht im Rahmen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens bzw. einer Direktvergabe i.S. VO 1370/07 erfolgt, sondern aufgrund eines von der Genehmigungsbehörde entsprechend des PBefG regulierten Genehmigungswettbewerbs. Schließlich sollte in der Bekanntmachung vorgesehen werden, dass interessierte Verkehrsunternehmen etwaige Antragsdokumente und -unterlagen (z. B. Nahverkehrsplan) sowie Auskünfte bei dem jeweils zuständigen Aufgabenträger angefordert werden können.
  • Die Bekanntmachung sollte zeitlich entweder spätestens 21 Kalendermonate vor dem Ablauf der „alten” Liniengenehmigung bzw. vor dem Beginn des „neuen” Gültigkeitszeitraumes (singuläre Lösung) oder mindestens am Ende jeden Kalenderjahres (plurale Lösung) erfolgen. In letzterem Falle sollte die Genehmigungsbehörde ein Verzeichnis aller bestehenden Linienkonzessionen veröffentlichen. Durch die Wahl einer dieser beiden Möglichkeiten dürfte der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil v. 2. Juli 2003 – 3 C 46.02) zum individuellen Auskunfts- und Informationsanspruch ausreichend Rechnung getragen werden.
  • In der Bekanntmachung ist auch darauf hinzuweisen, zu welchem Zeitpunkt die Genehmigungsanträge frühestens und spätestens eingereicht werden müssen. Hierbei sollte die frühestmögliche Antragsfrist neun Kalendermonate vor dem Ablauf der „alten” Liniengenehmigung bzw. vor dem Beginn des „neuen” Gültigkeitszeitraumes liegen. Die spätestmögliche Abgabe der Genehmigungsanträge sollte acht Kalendermonate vor dem Ablauf der „alten” Liniengenehmigung bzw. vor dem Beginn des „neuen” Gültigkeitszeitraumes betragen. Damit steht den interessierten Verkehrsunternehmern maximal ein Kalendermonat (Antragskorridor) zur Erstellung des Genehmigungsantrages zur Verfügung.
  • Ein Genehmigungsantrag, der nicht innerhalb des vorgeschriebenen Antragszeitraumes eingereicht wird, sollte von der Genehmigungsbehörde ausgeschlossen werden. Diese letztlich materielle Ausschlusswirkung kann aber Bedenken begegnen, weil diese nicht ausdrücklich durch eine fachgesetzliche Regelung abgesichert wird. Denn die verwaltungsverfahrensrechtliche Rechtsgrundlage nach § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 31 Abs. 2 VwVfG ermöglicht grundsätzlich lediglich verfahrensleitende Fristen der Genehmigungsbehörde. Es ist also vorstellbar, dass interessierte Verkehrsunternehmer z. B. eine Verlängerung der von der Genehmigungsbehörde vorgesehenen Antragsfristen beantragen, über die dann nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden wäre. Ein insoweit bestehendes Anfechtungsrisiko ist de lege lata hinzunehmen.
  • Parallel zur Veröffentlichung des Bestandes der Liniengenehmigungen informiert die Genehmigungsbehörde den Aufgabenträger über das Auslaufen der Liniengenehmigung und fragt beim Aufgabenträger an, ob und wie der Aufgabenträger gedenkt, die Ausgleichsleistung für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen zu vergeben. Dem Aufgabenträger stehen nach Art. 8 Abs. 2 VO 1370 die Möglichkeiten zur Verfügung, die bis zum Inkrafttreten der VO 1370 am 3. Dezember 2009 bestanden oder er wendet die Möglichkeiten nach Art. 5 Abs. 1 bis 5 VO 1370 an. Die Genehmigungsbehörde sollte vorsorglich den Aufgabenträger darauf hinweisen, dass die Vergabeoptionen nach Art. 5 Abs. 2 bis 4 VO 1370 eine Vorveröffentlichungspflicht nach Art. 7 Abs. 2 VO 1370 von mindestens 12 Monaten erfordern.
  • Der Aufgabenträger teilt der Genehmigungsbehörde mit, für welches Vergabeverfahren er sich entschieden hat. Er trägt Sorge dafür, dass die Vorveröffentlichungspflichten nach Art. 7 Abs. 2 VO 1370 eingehalten werden. Sofern der Aufgabenträger eine Vergabe nach Art. 5 Abs. 2 (Interner Betreiber), Abs. 3 (wettbewerbliches Vergabeverfahren), Abs. 4 (Klein- und Mittelständische Vergabe) anstrebt, sollte die Vorveröffentlichung mindestens 21 Monate vor der Vergabe erfolgen, um etwaige konkurrierende Anträge sowohl genehmigungs- als auch vergaberechtlich rechtskonform behandeln zu können.
  • Geht während der einjährigen Frist nach Art. 7 Abs. 2 VO 1370 ein Initiativantrag eines anderen Verkehrsunternehmens ein, prüft der Aufgabenträger die Ernsthaftigkeit des Antrags und Leistungsfähigkeit des Verkehrsunternehmens. Ist beides zu bejahen und entscheidet sich der Aufgabenträger die Ausgleichsleistungen nunmehr im Wege eines wettbewerblichen Verfahrens zu vergeben, berichtigt er seine Vergabebekanntmachung. Eine erneute einjährige Vorveröffentlichung ist sodann nicht mehr erforderlich, da dem Grundsatz der Publizität hinreichend Rechnung getragen wurde. Auf der Grundlage beider Anträge entscheidet der Aufgabenträger über die Vergabe.
  • Der Aufgabenträger teilt der Genehmigungsbehörde spätestens sechs Monate vor dem Ablaufen der alten Liniengenehmigung mit, ob er die Finanzierung des Genehmigungsantrages/der Genehmigungsanträge für ausreichend erachtet. Er unterrichtet die Genehmigungsbehörde darüber, mit wem er gedenkt, einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag abzuschließen.
  • Die Genehmigungsbehörde berücksichtigt den beabsichtigten öffentlichen Dienstleistungsauftrag bei ihrer Entscheidung nur insoweit, wie sichergestellt sein muss, dass das beantragte Verfahren vom Verkehrsunternehmen nach Art und Umfang gewährleistet ist.
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