Förderung des Ausbildungsverkehrs in kommunaler Verantwortung

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Die Gewährung von Ausgleichsmitteln für den Ausbildungsverkehr zählt derzeit zu den schwierigsten Themen des kommunalen ÖPNVs. Einige Bundesländer, darunter Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und zukünftig auch Sachsen-Anhalt haben die ehemaligen Mittel nach
§ 45a PBefG auf die Aufgabenträger übertragen. In diesen Bundesländern obliegt es den Aufgabenträgern, eigene Regelungen für die Förderung des Ausbildungsverkehrs zu treffen.
 


Die europäische VO (EG) 1370/2007 (nachfolgend VO 1370 genannt) sieht hierfür den Abschluss eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags (Art. 3 Abs. 1 VO 1370) oder die Finanzierung im Wege einer allgemeinen Vorschrift (Art. 3 Abs. 2 VO 1370) vor. Den Aufgabenträgern stehen somit zwei Instrumente zur Verfügung, die jedoch deutliche Unterschiede aufweisen:
 
  • Ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag (Art. 2 litt. i) VO 1370) bezeichnet einen oder mehrere rechtsverbindliche Akte zwischen der zuständigen Behörde und einem Betreiber, die gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen betreffen und die nach den vergaberechtlichen Anforderungen der VO 1370 zu vergeben sind.
  • Unter einer allgemeinen Vorschrift (Art. 2 litt. l) VO 1370) ist „eine Maßnahme [zu verstehen], die diskriminierungsfrei für alle öffentlichen Personenverkehrsdienste derselben Art in einem bestimmten geografischen Gebiet, das im Zuständigkeitsbereich einer zuständigen Behörde [oder einer Gruppe von Behörden] liegt, gilt”.
 
Während der öffentliche Dienstleistungsauftrag stets eine individuelle Regelung zwischen Behörde und Betreiber voraussetzt, gilt die allgemeine Vorschrift für alle Unternehmen gleichermaßen. Vergaberechtlich besteht der Unterschied darin, dass bei einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag die Regelungen des Art. 5, 8 Abs. 2 VO 1370 Anwendung finden, wohingegen diese Vorgaben im Rahmen einer allgemeinen Vorschrift nicht gelten. Erforderlich ist nur, dass die allgemeine Vorschrift diskriminierungsfrei für alle Verkehrsdienste zur Anwendung gelangt. Beihilferechtlich richten sich die Anforderungen für einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag nach der Wahl der Vergabeart. Bei einer allgemeinen Vorschrift gilt hingegen ein einheitlicher Maßstab. Die Auflistung zeigt, dass aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung viel für eine allgemeine Vorschrift spricht.
 
Bei einer allgemeinen Vorschrift richten sich die beihilferechtlichen Anforderungen nach Art. 4, 6 in Verbindung mit dem Anhang der VO 1370. Daraus ergibt sich das Verbot der Überkompensation. Eine Überkompensation ist zu verneinen, wenn der Anhang der VO 1370 beachtet wurde, wonach der Ausgleich den finanziellen Nettoeffekt nicht übersteigen darf. Als finanzieller Nettoeffekt wird die Summe aller Belastungen verstanden, die mit der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verbunden sind (Kosten und Mindererlöse) abzüglich der hierdurch dem Unternehmen entstandenen positiven Effekte. Die Berechnung des finanziellen Nettoeffekts ist auf das konkrete Unternehmen abzustellen.
 
Für die Anwendung dieser Vorgaben auf den Ausbildungsverkehr sind zwei Modelle denkbar: Zu nennen sind das Kosten-Preis-Modell (ähnlich wie § 45a PBefG) und der Preis-Preis-Vergleich. Beim Kosten-Preis-Modell wird die Differenz aus Kosten und Erlösen herangezogen, beim Preis-Preis-Vergleich wird die Differenz zwischen dem Preis einer rabattierten Schülerkarte und dem Preis einer Jedermannkarte ausgeglichen. Beide Modelle sind mit Risiken behaftet, die es bei der konkreten Ausgestaltung zu umschiffen gilt. Zu nennen ist etwa die Gefahr der Umsatzsteuerpflicht beim Preis-Preis-Modell.
 
Beide Modellansätze lösen bei den Unternehmen entsprechende Dokumentations- und Nachweispflichten aus, die insbesondere nach der Umstellung auf ein neues Verfahren einen zusätzlichen Aufwand für die Beteiligten begründen. Um diesen für regional tätige Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger möglichst gering zu halten, sollten sich die Aufgabenträger in homogenen Nahverkehrsräumen über ein abgestimmtes Verfahren verständigen. Die Aufgabenträger können hierzu als „Gruppe von Behörden” tätig werden. Diese Gruppe kann mit den bestehenden Verkehrsverbünden identisch sein oder eine neue Organisationseinheit unterhalb der Verbundebene bilden. In jedem Fall sollten die Aufgabenträger die kommunale Verantwortung nutzen, um über dieses wichtige Finanzierungsinstrument aktiv Einfluss auf die Leistungserbringung zu nehmen.
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