Rügelose Beteiligung an Direktvergabe hindert Rechtsschutz

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Der Sachverhalt betraf eine Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 4 VO 1370 an eine Bietergemeinschaft bestehend aus zwei Verkehrsunternehmen. Das eine der beiden Verkehrsunternehmen stand nach dem Willen der zuständigen Behörde bereits fest, während das andere Unternehmen von der vergebenden zuständigen Behörde im Wege einer Preisanfrage ermittelt werden sollte. Die Preisanfrage wurde wiederum an zwei Verkehrsunternehmen gerichtet. Eines der beiden Unternehmen war die (unterlegene) Antragsstellerin, das andere Unternehmen der von der zuständigen Behörde letztlich ausgewählte Betreiber. Die Antragsstellerin befürwortete im Vorfeld der Vergabeentscheidung die Durchführung einer Direktvergabe seitens der zuständigen Behörde mehrfach. Die Durchführung des Direktvergabeverfahrens bemängelte sie erst, nachdem sie realisiert hatte, dass sie im Rahmen der Auswahlentscheidung der zuständigen Behörde unterliegen würde, da sie nicht das günstigste Angebot abgegeben hatte. Der Nachprüfungsantrag der Antragsstellerin ist im Ergebnis als unzulässig zurückgewiesen worden.
 
Die Vergabekammer Baden-Württemberg hatte sich (wie bereits das OLG Düsseldorf, B. v. 02.03.2011 – Verg 48/10 und das OLG München, B. v. 22.06.2011 – Verg 6/11) mit der Frage zu beschäftigen, ob der Weg zu den Vergabeinstanzen im Fall des Rechtsschutzes gegen eine Direktvergabe nach der VO 1370 eröffnet ist. Die Vergabekammer schloss sich der Auffassung des OLG Düsseldorf und des OLG München an, nach denen nicht der Verwaltungsrechtsweg einschlägig ist, sondern analog §§ 102 ff. GWB der zulässige Rechtsschutz bei den Vergabekammern gewährt wird.
 
Die Unzulässigkeit des Antrages begründete die Vergabekammer mit einem fehlenden Rechtsschutzinteresse der Antragsstellerin. Die Antragstellerin sei am Verfahren beteiligt gewesen und hätte in der Korrespondenz mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass die gewählte Vorgehensweise der Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 4 VO 1370 gut geheißen werde. Den Angriff der Direktvergabe wertete die Vergabekammer als venire contra factum propium (Zuwiderhandlung gegen das eigene frühere Verhalten). Eine Berufung auf die Unwirksamkeit des gewählten Verfahrens an sich komme aufgrund des Wegfalls des Rechtsschutzinteresses nicht mehr in Betracht.
 
Interessant sind auch die Ausführungen der Vergabekammer zur Frage, ob die durch die Antragstellerin behauptete Unstatthaftigkeit des gewählten Direktvergabeverfahrens bereits vor der Zuschlagserteilung zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens (vor der Vergabekammer) hätte gemacht werden müssen. Es herrsche – so die Kammer – der Grundsatz, dass die Vergabekammern nach dem Zuschlag nicht mehr angerufen werden können, es sei denn eine Ausnahmeregelung (wie § 101b GWB) greife ein. Die Vergabekammer sprach sich aber im Hinblick auf die erfolgte Vorankündigung gemäß Art. 7 Abs. 2 VO 1370 gegen eine (analoge) Anwendung der Regelungen der unwirksamen De-facto-Vergabe gemäß § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB aus. Für eine Nichtanwendung spräche auch, dass die Antragsstellerin gerade im Rahmen des Verfahrens beteiligt worden war.
 
Höchst interessant ist ferner, dass die Vergabekammer Baden-Württemberg (im Rahmen eines obiter dictum) davon ausgeht, dass eine Direktvergabe gemäß Art. 5 Abs. 4 VO 1370 nicht nach nationalem Recht untersagt ist. Damit festigt sich die Rechtsprechung, dass die Direktvergabe im Einklang mit der nationalen Rechtsordnung auf Bundesebene steht.
 

Anmerkung: Es erscheint nicht zwingend, dass das Rechtsschutzinteresse im Fall eines vorherigen Gutheißens des Verfahrens verneint werden muss. Hier könnte die Frage gestellt werden, ob und vor allem inwieweit überhaupt ein Vertrauenstatbestand durch die vorherige Befürwortung geschaffen worden ist. Allerdings sollte die Entscheidung die Bieter im Rahmen einer Direktvergabe anmahnen, sich im Rahmen ihrer Akquisebemühungen auf einer klaren Linie zu bewegen.

 
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