BGH: Zu hohe Stationsentgelte der DB – Bundesrichter geben EVU Recht

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Mit Urteil vom 17. Januar 2013 wurde die Deutsche Bahn-Tochter DB Station & Service AG (DB) vom Kammergericht Berlin (Az.: 2 U 10/11 .Kart) zur Rückzahlung von überhöhten Stationsentgelten verpflichtet. Zugleich wiesen die Richter die Widerklage der DB auf Zahlung einbehaltener Entgelte für die Nutzung von Personenbahnhöfen ab.   
Die Revision wurde in der Entscheidung nicht zugelassen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 12. November 2013 (Az.: KZR 7/13) – gemeinsam mit weiteren Parallelverfahren – die von der DB eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen. Das Urteil des Kammergerichtes Berlin ist somit rechtskräftig.
 

Sachverhalt

Das von Rödl & Partner vertretene nichtbundeseigene Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) muss für seine Halte an den Personenbahnhöfen (Stationen) der DB ein Entgelt, das sogenannte Stationsentgelt zahlen. Zum 1. Januar 2005 hatte die DB ein neues Berechnungssystem, das sogenannte „Stationspreissystem 2005“ (SPS 05) eingeführt, das das bisherige (SPS 99) ablöste. Das SPS 05 verteuerte die Preise für die Stationshalte des EVU deutlich. Teils behielt das EVU deshalb die Preisdifferenz ein, die sich zu dem bisherigen Abrechnungssystem (SPS 99) ergab, teils zahlte es die Differenzbeträge nur unter Vorbehalt an die DB. Dementsprechend forderte das EVU die unter Vorbehalt geleisteten Beträge von der DB klageweise zurück und wurde seinerseits von der DB auf Zahlung der einbehaltenen Stationsentgelte verklagt. Nachdem das erstinstanzliche Landgericht Berlin noch der DB Recht gegeben hatte, entschied das Kammergericht Berlin in zweiter Instanz zugunsten des EVU: Die von der DB geforderten Entgelte für die Nutzung ihrer Personenbahnhöfe halten einer zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB nicht stand.
 

Entscheidung

§ 315 BGB ist anwendbar, weil der zwischen der DB und dem EVU geschlossene Rahmenvertrag ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zugunsten der DB vorsieht. Eine Einigung über die Geltung des SPS 05 haben die Richter zu Recht verworfen, da das EVU den Preiserhöhungen bzw. dem SPS 05 widersprochen hat. § 315 BGB wird auch nicht von den Vorschriften des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) oder der Eisenbahninfrastruktur-Verordnung (EIBV) verdrängt. Denn die eisenbahnrechtlichen Normen bezwecken die Bestimmung einer Bandbreite zulässiger Entgelte und die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur, um ein betriebssicheres, attraktives und wettbewerbskonformes Angebot zu schaffen. Sie sind von öffentlichen Interessen bestimmt. Demgegenüber ist für eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB die Interessenlage der Vertragsparteien, also insbesondere der Vertragszweck und die Bedeutung der Leistung entscheidend. Außerdem sind die Möglichkeiten des EVU, sich bei der Bundesnetzagentur nach den Regelungen des AEG gegen die Festsetzung eines Stationsnutzungsentgelts durch die DB zu wehren, deutlich schwächer ausgestaltet als der Rechtsschutz vor den Zivilgerichten.
 
Die Billigkeit der Stationsentgelte hat die DB prozessual darzulegen und zu beweisen. Diesen Anforderungen hat die DB vor Gericht nicht entsprochen. Denn es ist unklar geblieben, ob sich die DB bei der einseitigen Festlegung der Stationsentgelte innerhalb des von § 315 BGB vorgegebenen Ermessensspielraums gehalten hat und nach sachgerechten Kriterien vorgegangen ist. Für das Kammergericht Berlin war bspw. nicht erkennbar, dass den nach dem SPS 05 erzielten Erlösen diejenigen Kosten der von dem EVU konkret genutzten Stationen gegenüberstehen. Auch die von der DB z.B. dargestellte Ermittlung der vermeintlich auf das EVU entfallenden Kosten-/Erlösanteile blieb intransparent, obwohl der Verteilungsmaßstab ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Überprüfung der Billigkeit gemäß § 315 BGB ist.
 

Fazit

Die Entscheidung des BGH ist nicht allein für noch rechtshängige Streitverfahren richtungsweisend, sondern bspw. auch für Stationsentgeltzahlungen, die im Jahr 2010 an die DB geleistet wurden. Etwaige Rückforderungsansprüche von nichtbundeseigenen EVU müssen aber frühzeitig geltend gemacht werden. Andernfalls kann die Verjährung solcher Ansprüche drohen.
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