Ein aktiver Bestellermarkt im straßengebundenen ÖPNV entsteht

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Im Rahmen des neuen PBefG ist mit einem Rückgang des Anteils eigenwirtschaftlicher Verkehre zu rechnen. Soll das heutige Verkehrsangebot erhalten bleiben, wird dies in der Regel über Ausschreibungen oder Direktvergaben erfolgen. Insbesondere in ländlichen Regionen werden Ausschreibungen die Regel werden. Die Aufgabenträger müssen sich daher frühzeitig mit den Anforderungen an einen aktiven Bestellermarkt vertraut machen. Welche Anforderungen kommen auf sie zu?
 
​Die Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung mittels öffentlicher Co-Finanzierung erfordert ein aktives Tätigwerden des Aufgabenträgers. Neben der Vorabbekanntmachung sind die vergaberechtlichen Anforderungen nach der VO 1370/2007 zu beachten. Aufgabenträgern stehen insoweit die Direktvergabetatbestände an den internen Betreiber gem. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 oder als Unterschwellenvergabe nach Art. 5 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1370/2007* zur Verfügung. Zudem kommen wettbewerbliche Verfahren nach Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 iVm VOL/A und nach Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1370/2007** in Betracht. Der Abschluss von sog. Verkehrsverträgen ohne Beachtung der vergaberechtlichen Anforderungen ist nicht mehr gestattet und birgt für Aufgabenträger und Unternehmen hohe rechtliche Risiken. Als Ergebnis der vergaberechtlichen Marktzugangsoptionen wird ein zweigeteilter Markt erwartet (siehe Grafik DB Regio AG), in dem einige Unternehmen sich im Wettbewerb behaupten müssen, andere insbesondere kommunale Unternehmen hingegen durch Direktvergaben geschützt sind.
 
Sofern wettbewerbliche Vergaben angestrebt werden, müssen die Aufgabenträger komplexe vergaberechtliche Anforderungen beachten. Diese sind sehr stark von den Gegebenheiten vor Ort beeinflusst. Das betrifft etwa die Frage, wer das Tarif und Fahrgastentwicklungsrisiko tragen soll. Ist ein Nettovertrag gewünscht – bei dem der Unternehmer das Erlösrisiko trägt – wird es darauf ankommen, ob Erlösdaten verfügbar sind, um den Unternehmen eine sachgerechte Kalkulation der Erlöse zu ermöglichen. Zudem sind Standards in Bezug auf Qualität und Quantität zu definieren, die sodann über den gesamten Zeitraum der Vergabe zu beachten sind. Wegen des langen Leistungszeitraums von bis zu zehn Jahren sind Veränderungen des Gesamtumfeldes (z. B. aufgrund der Demographie) unvermeidbar. Um auf solche Veränderungen reagieren zu können, sind in den Ausschreibungsunterlagen Regelungen über Zu- und Abbestellungen zu treffen, die eine möglichst flexible Anpassung ermöglichen und gleichzeitig übermäßige Risikoaufschläge seitens der Unternehmen vermeiden. Ein weiteres Themenfeld betrifft Anreiz- und Kontrollsysteme. Insgesamt ist zu Regelungen mit Augenmaß zu raten. Ausschreibungen führen nur dann zu wirtschaftlichen Ergebnissen, wenn die Risiken und Anforderungen für die Unternehmer zum Zeitpunkt der Angebotserstellung kalkulierbar sind und wenn der Aufwand für die Angebotsabgabe durch möglichst weitreichende Standardisierungen so gering wie möglich gehalten wird. Das Instrument des Wettbewerbs an sich ist noch kein Garant für einen wirtschaftlichen ÖPNV. Dies muss ergänzt werden durch möglichst stabile Rahmenbedingungen und flexible Vertragsfinanzierungsregelungen.

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Jörg Niemann

Diplom-Jurist

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