Prüft die Genehmigungsbehörde öffentliche Dienstleistungsaufträge im Genehmigungsverfahren?

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In das novellierte PBefG ist der europarechtlich geprägte Begriff des öffentlichen Dienstleistungsauftrages (öDA) eingeführt worden. Ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag ist gemäß § 8a Abs. 1 Satz 2 PBefG von der zuständigen Behörde (d.h. i.d.R. den Aufgabenträgern) zu vergeben, wenn zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung Ausgleichsleistungen oder ausschließliche Rechte gewährt werden sollen.
​​Fraglich ist allerdings, ob die Genehmigungsbehörde das Vorhandensein oder die Rechtgültigkeit der öDAs im Genehmigungsverfahren überprüft.
 
Die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist bereits europarechtlich immer erforderlich, wenn Ausgleichsleistungen oder ausschließliche Rechte an einen Betreiber gewährt werden. Das novellierte PBefG greift dieses Erfordernis auf und versucht das grundsätzlich von der Vergabe von öDAs zu unterscheidende Genehmigungsverfahren mit dem Vergabeverfahren zu verzahnen. Hierfür ist in § 12 Abs. 6 PBefG eine Ausschlussfrist für Konkurrenzanträge gesetzt worden, die auf Leistungen zielen, die eigentlich auf der Grundlage eines öDAs vergeben werden sollen, die der Konkurrenzantrag aber in eigenwirtschaftlicher
Weise zu erbringen beabsichtigt (d.h. ohne Ausgleichsleistungen im Rahmen von öDAs). Wird im Rahmen eines öDAs sodann ein ausschließliches Recht gewährt, sind alle Genehmigungsanträge,
die dieses ausschließliche Recht verletzen würden, nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PBefG abzulehnen. Um dem nachzukommen, muss die Genehmigungsbehörde zumindest die (entsprechenden) Inhalte der öDAs kennen. Folgerichtig normiert § 12 Abs. 1 Nr. 1 lit. e PBefG nunmehr, dass im Rahmen des Genehmigungsantrages über einen etwaig für die Leistung abgeschlossenen öDA der Genehmigungsbehörde gegenüber ein Nachweis erbracht werden soll. Die Vorgabe ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet, weswegen nicht in jedem Fall eines vorhandenen öDAs die Nachweiserbringung zwingend notwendig ist. Aus diesem Umstand und der Tatsache, dass § 13 PBefG (der die Genehmigungsvoraussetzungen regelt) nicht die Überprüfung der öDAs durch die Genehmigungsbehörde fordert, kann geschlossen werden, dass die Genehmigungsbehörde die Wirksamkeit eines öDAs im Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen hat.
 
Eine neue Entscheidung des BVerwG könnte diesen Befund möglicherweise aufweichen. Mit Urteil vom 24.10.2013 (Az.: 3 C 26.12) hat das BVerwG entschieden, dass die Genehmigungsbehörde einen Genehmigungsantrag abzulehnen hat, wenn der Genehmigungsbewerber den Verkehr nicht dauerhaft in dem der Genehmigung zugrunde liegenden Umfang betreiben kann, obwohl ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis besteht. Fehlt die dauerhafte Gewährleistung des Verkehrs, seien die öffentlichen Verkehrsinteressen beeinträchtigt und somit der Genehmigungsantrag abzulehnen.
 
Zur Begründung wird u.a. angeführt, dass die Genehmigungsbehörde nicht gezwungen sein kann, sehenden Auges einen in seiner Kontinuität von vornherein gefährdeten Linienbetrieb zu genehmigen. Vergleicht man die Situation, die der Entscheidung des BVerwG zugrunde lag, mit derjenigen des Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins eines wirksamen öDAs, wäre zusätzlich § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG in die Betrachtung einzustellen. Nach dieser Norm hat die Genehmigungsbehörde eine Genehmigung zu widerrufen, wenn bei Verkehren, bei denen die Vergabe eines öDAs erforderlich war, kein öDA mehr besteht. Argumentativ eröffnet die Entscheidung des BVerwG daher Tür und Tor für verschiedene Annahmen im Hinblick auf das Prüfprogramm der Genehmigungsbehörde. Betrachtet man § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG und den Umstand, dass ein fehlender (bzw. unwirksamer) öDA den Widerruf der Genehmigung und damit auch die Diskontinuität der Leistungen zur Folge hätte, könnte argumentiert werden, dass die Genehmigungsbehörde zumindest die Möglichkeit hätte, bei Zweifeln über die Wirksamkeit des öDAs, eine Überprüfung desselben vorzunehmen. Andernfalls würde sie auch an dieser Stelle womöglich einen Verkehr sehenden Auges genehmigen, dessen Kontinuität auf absehbare Zeit zu verneinen ist.
 
Bisher ist allerdings, wie bereits ausgeführt, eine solche Überprüfungsmöglichkeit durch die Genehmigungsbehörde im PBefG nicht vorgesehen. Die vorstehenden Ausführungen sollen lediglich zeigen, dass die neue Rechtsprechung des BVerwG in Kombination mit dem novellierten PBefG einige Unklarheiten birgt, die möglicherweise künftig noch Fragen aufwerfen könnte.

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Jörg Niemann

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