Polen: Beschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit von immateriellen Dienstleistungen ab 1. Januar 2018

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​veröffentlicht am 12. Dezember 2017

 

Die vom polnischen Finanzministerium geplanten Änderungen sollen das Körperschaftsteuersystem abdichten, um den Zusammenhang zwischen dem Betrag der von Großunternehmen, insbesondere von internationalen Konzernen, gezahlten Steuer und dem tatsächlichen Ort, an dem sie Einnahmen erzielen, zu gewährleisten.

 

  

Um die Steueroptimierung zu beschränken und der Anwendung von Mechanismen zur Verringerung der Steuerbemessungsgrundlage entgegenzuwirken, ist die Einführung u.a. folgender Lösungen vorgesehen:
  • Einführung einer sog. Mindestkörperschaftsteuer für Steuerpflichtige, die kommerzielle Immobilien von wesentlichem Wert besitzen,
  • Änderung der Vorschriften, die die Höhe der abzugsfähigen Zinsen beschränken, sowie
  • Änderung der Vorschriften, welche die Funktionsweise von Organschaften bzw. der beherrschten ausländischen Gesellschaften regeln.
  • Beschränkung der Möglichkeit, Aufwendungen für immaterielle Dienstleistungen als Betriebsausgaben geltend zu machen.       

 

Die Novellierung der Körperschaftsteuervorschriften wurde bereits am 22. November 2017 durch den Staatspräsidenten Andrzej Duda unterzeichnet. Es ist vorgesehen, dass die o.g. Änderungen am 1. Januar 2018 Rechtskraft erlangen werden. 
 

Die neuen Vorschriften zu immateriellen Dienstleistungen im Entwurf

Der dem Sejm zugeleitete Gesetzentwurf kündigt an, dass in dem polnischen Körperschaftsteuergesetz  (nachfolgend: „KStG-PL”) ein Artikel 15e hinzugefügt werden soll, der die Möglichkeit einschränkt, folgende Aufwendungen, die mittelbar oder unmittelbar zugunsten verbundener Unternehmen i.S.d. KStG-PL getragen wurden, steuerlich abzusetzen:
  • Bestimmte immaterielle Dienstleistungen, d.h. Dienstleistungen in folgenden Bereichen: Beratung, Marktforschung, Werbung, Leitung und Kontrolle, Datenverarbeitung, Versicherungen, Garantien und Bürgschaften sowie Leistungen von ähnlichem Charakter;
  • Gebühren aller Art sowie Lizenzgebühren für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung von Rechten (die als immaterielle Vermögensgegenstände und Rechte bezeichnet werden), zu denen Folgendes gehört:
    • Urheber oder mit diesen verwandte Rechte;
    • Lizenzen;
    • gewerbliche Eigentumsrechte, wie z.B.: subjektives Recht auf Patente an Erfindungen, Gebrauchsmuster, industrielle Gebrauchsmuster, Warenzeichen, Dienstleistungsmarken, Handelsbezeichnungen sowie Kennzeichnungen oder Bezeichnungen des Ursprungs;
    • Gegenwert erhaltener Informationen im Zusammenhang mit Kenntnissen im Bereich von Industrie, Handel, Wissenschaft und Organisation (Know-how).
  • Übertragung des Risikos der Illiquidität des Schuldners von Forderungen aus Darlehen, die nicht von Banken oder genossenschaftlichen Spar- und Kreditinstituten erteilt wurden, darunter im Rahmen von Finanzderivaten oder Leistungen von ähnlichem Charakter insofern diese Kosten im Steuerjahr insgesamt höher sind als 5 Prozent des betrieblichen Gewinns.

Der betriebliche Gewinn ist der Überschuss der Summe der Einnahmen aus sämtlichen Einnahmequellen, vermindert um die Zinseinnahmen, über die Summe der abzugsfähigen Betriebsausgaben, vermindert um diejenigen Abschreibungen und Zinsen, die in dem betreffenden Steuerjahr zu den abzugsfähigen Betriebsausgaben gerechnet wurden.
 
Der oben genannte Überschuss entspricht dem betrieblichen Gewinn (EBITDA), und zwar vor dem Abzug von Zinsen auf aufgenommene verzinste Verbindlichkeiten (Kredite, Schuldverschreibungen), Steuern sowie Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände und Rechte.
 
In der Praxis wird der Steuerpflichtige erst dann, wenn er im Steuerjahr unmittelbar oder mittelbar zu Gunsten verbundener Unternehmen Aufwendungen von mehr als 3 Mio. PLN für die o.g. Dienstleistungen, Gebühren und Forderungen trägt, von den absetzbaren Betriebsausgaben den Überschuss über 5 Prozent EBITDA ausschließen. Wird der Betrag der o.g. Aufwendungen 3 Mio. PLN überschreiten und wird der Steuerpflichtige verpflichtet, die Aufwendungen über 5 Prozent EBITDA auszuschließen, so wird er die Möglichkeit haben, den Wert des nicht abgezogenen Überschusses in den folgenden 5 Steuerjahren steuerlich abzusetzen. Bei der Berücksichtigung des nicht abgezogenen Überschusses aus den Vorjahren unter den absetzbaren Betriebsausgaben ist zu beachten, dass die obigen Obergrenzen im Laufe des Steuerjahres nicht überschritten werden dürfen.
 
Zur Berechnung der o.g. Obergrenze sind diejenigen Bestimmungen des KStG-PL heranzuziehen, welche die Ausschlüsse von der Steuerbemessungsgrundlage regeln. Diese neu eingeführte Beschränkung wird ebenfalls keine Anwendung finden auf die Einzelkosten für die Herstellung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen oder auf die Kosten für die von dem Steuerpflichtigen vorgenommenen Weiterbelastungen auf andere Unternehmen.
 

Die o.g. Vorschriften betreffen ebenfalls Kosten, welche für Rechtsträger getragen wurden, die Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung in einem Gebiet oder einem Land haben, das schädlichen Steuerwettbewerb betreibt. Außerdem betreffen auch den Anteil an nicht rechtsfähigen Gesellschaften, an Organschaften oder an in Polen gelegenen Betriebsstätten.
 
Hervorzuheben ist, dass unter mittelbaren Verbindungen auch diejenigen Kosten zu verstehen sind, die zu Gunsten eines mit dem Steuerpflichtigen nicht verbundenen Unternehmens getragen wurden, wenn es sich bei dem tatsächlichen Eigentümer der Forderungen aus den o.g. Rechtstiteln oder einem Teil dieser Forderungen um ein Unternehmen handelt, das laut KStG-PL mit dem Steuerpflichtigen oder mit einem Unternehmen aus einem sog. „Steuerparadies” verbunden ist.
 
Hinzuweisen ist noch auf eine weitere Einschränkung in dem Gesetzentwurf, welche den Abzug von Lizenzgebühren und Lizenzforderungen von der Steuerbemessungsgrundlage betrifft.
 

Praktische Relevanz der neuen polnischen Regelungen

Die neuen Vorschriften betreffen hauptsächlich Geschäfte mit mittelbar oder unmittelbar miteinander verbundenen Unternehmen. Nach dem ursprünglichen Plan sollte die Beschränkung auch die Inanspruchnahme von Dienstleistungen externer Unternehmen umfassen. Hiervon ist in dem neuesten Entwurf allerdings Abstand genommen worden.
 

Aus den neuen Vorschriften ergibt sich für die Steuerpflichtigen die Notwendigkeit, laufend zu überwachen, welchen Anteil die Kosten für den Kauf immaterieller Dienstleistungen oder immaterieller Vermögensgegenstände und Rechte bei mittelbar oder unmittelbar verbundenen Unternehmen an dem betrieblichen Gewinn EBITDA haben, und bei Überschreitung der o.g. Obergrenzen für die Aufwendungen entsprechende Ausschlüsse vorzunehmen.
 

Die Einführung dieser Vorschriften wird Steuerpflichtige dazu zwingen, die bisher bei verbundenen Unternehmen erworbenen immateriellen Dienstleistungen zu überprüfen, darunter insbesondere die Struktur der Abrechnung von Aufwendungen für immaterielle Dienstleistungen, die von der herrschenden Gesellschaft in der Gruppe verbundener Unternehmen im Rahmen eines sog. „Cost Sharing Agreement” erbracht werden. Die Dezentralisierung der Kosten in der Gruppe und deren Umlage durch das verbundene Unternehmen wird ab dem 1. Januar 2018 für polnische Steuerpflichtige ungünstig sein. Als eine Möglichkeit, die Folgen der bald eingeführten Vorschriften zu entschärfen, können der Abschluss von Verträgen ohne die Vermittlung eines verbundenen Unternehmens oder die Änderung der Form, in welcher immaterielle Vermögensgegenstände und Rechte genutzt werden, genannt werden.
 

Laut Schätzungen des Finanzministeriums werden die in der Gesetzesnovelle vorgeschlagenen Lösungen zur Abdichtung des Körperschaftsteuersystems im ersten Jahr der Geltungsdauer des Gesetzes zu einer Erhöhung der Einkünfte des öffentlichen Finanzsektors um 1.468 Mio. PLN, darunter Einkünfte des Staatshaushalts um 1.139 Mio. PLN und Einkünfte der Gebietskörperschaften um 329 Mio. PLN, beitragen.

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