Wie beeinflusst Corona den Wasserverbrauch?

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veröffentlicht am 29. Mai 2020


Dass Leitungswasser auch in Zeiten von Corona bedenkenlos getrunken werden kann und sehr gut gegen Viren geschützt ist, hat das Umweltbundesamt sehr schnell unterstrichen. Auch ansonsten erweist sich die Wasserversorgung – wie erwartet – als sicher und zuverlässig. Sie kann auf veränderte Nutzungsgewohnheiten reagieren.

Der sogenannte Lockdown, also zeitweise stillstehende Industrie-Produktionsanlagen, Schließungen von Schulen, Ausweitung der Home-Office-Nutzungen oder die Beschränkung der Reisefreiheit, hat vielfältige Nutzungsänderungen der öffentlichen Infrastruktur hervorgerufen. So vielfältig diese Änderungen sind, so unterschiedlich sind auch kommunale Wasserversorger in ihrer Struktur von den Änderungen betroffen. Wasser Tirol hat umfangreiche Ergebnisse1 veröffentlicht und auch aus den Auswertungen deutscher Versorger lassen sich Trends ableiten.

 

1. Rückgang des Wasserabsatzes in Gemeinden mit produzierenden Unternehmen

Der Lockdown hat bei produzierenden Unternehmen zu einer Reduzierung der Produktion geführt. Während bspw. die Produktion in Automobilwerken vollständig gestoppt war, hat sich auch in anderen Branchen die Produktionsaktivität reduziert, indem bspw. die Anzahl der Tagesschichten verringert wurde oder zusätzliche Schichten entfallen sind. Anhand der Beobachtung einer kleinen Gemeinde mit 1.000 Einwohnern mit zwei größeren Betrieben ist der Trend ersichtlich, dass sich die Wasserabgabe insgesamt reduzierte.

 

 

Graph Rückgang Wasserabsatz von Gemeinden mit produzierenden Unternehmen

 

Quelle: Wasser Tirol - Ressourcenmanagement-GmbH


Dabei wird sowohl weniger Betriebswasser für die Produktion benötigt als auch weniger Trinkwasser für Toilettenspülung, Händewaschen und Reinigung.
 

2.Touristen fehlen

Einen Sonderfall des Rückgangs des Wasserabsatzes zeigt sich für den Tourismus als Wirtschaftszweig. Klassische Urlaubsorte, zum Beispiel an der deutschen Ostsee, leben davon, dass sich neben den Einwohnern auch Touristen dort aufhalten und übernachten. Das spiegelt sich auch im Wasserverbrauch der Urlaubsorte wider. So berichtet die Insel Usedom davon, dass rund 20 Prozent der Jahresmenge von Touristen in Hotels und Gaststätten verursacht werden, saisonal natürlich auf die Hauptferienzeit in den Sommerferien verdichtet. Während Usedom im Winter, also außerhalb der Reisesaison rund 4.000 m³ Wasser pro Tag verbraucht, sind es an Spitzentagen im Sommer bis zu 19.000 m³ pro Tag. Durch den Lockdown und die Schließung der Hotels und Gaststätten, lag die Abnahmemenge Ende April um bis zu 40 Prozent unter dem Wert Mitte März. Für die Normalisierung des Wasserabsatzes hoffen die Verantwortlichen daher auf eine baldige Wiederbelebung des Tourismus.

 

3. Anstieg des Wasserabsatzes in „Wohngemeinden” und der Peripherie von Städten

Die Verschiebung von Anwesenheitszeiten in Dienstleistungs- und Industriebetrieben hin zu Home-Office-Zeiten und auch das Home-Schooling legen nahe, dass in Wohngemeinden untertags mehr Wasser verbraucht wird, da schlichtweg mehr Zeit in den Wohngemeinden verbracht wird. Berufspendler und Schüler verbrauchen sozusagen jetzt Wasser daheim statt im Büro und in der Schule. Die Beobachtung von Wasser Tirol in einer Gemeinde mit etwas über 1.400 Einwohnern im Einzugsgebiet einer größeren Stadt mit positivem Einpendler-Saldo bestätigt das.

 

 

Graph Anstieg Wasserabsatz in Wohngemeinden und periphären Städten 

Quelle: Wasser Tirol - Ressourcenmanagement-GmbH

 

Auch HamburgWasser hat eine Verlagerung des Wasserverbrauchs weg von zentrumsnahen Versorgungszonen hin zu peripheren Zonen, also klassischen Wohngebieten, festgestellt. Wohngemeinden sind sozusagen der Profiteur des Lockdowns.

 
4. Flachere und spätere Tagesspitze

Nicht nur räumlich im Versorgungsgebiet lassen sich durch den Lockdown Veränderungen im Wasserverbrauch feststellen, auch zeitlich treten Veränderungen auf. Die Tagesspitze, die üblicherweise an Werktagen vergleichsweise ausgeprägt ist und vom Beginn von Arbeits- und Schultag abhängt, wird durch Home-Office und Home-Schooling flexibler und tritt später auf. Das zeigen sowohl die Beobachtungen in Berlin als auch die Beobachtungen in Köln.

 

 

Graph flachere und spätere Tagesspitze

 

Quelle: Berliner Wasserbetriebe

 


 

Anstatt zwischen 7:30 und 8:30 Uhr wird nun zwischen 9:30 und 10:30 Uhr am meisten Wasser verbraucht. Die Tagesspitze verschiebt sich um rund eineinhalb Stunden.

Fazit

Aktuell ist es noch zu früh, abzusehen, was die Nutzungsänderungen für das Gesamtjahr bedeuten, zumal auch klimatische Faktoren den Wasserverbrauch beeinflussen. Verallgemeinernd zeigt sich aus den Beobachtungen, dass geringere Wasserabnahmemengen im Tourismus und produzierenden Unternehmen gleichzeitig höhere Wasserabnahmemengen in Wohnstädten gegenüberstehen. Im Fall der Urlaubsorte ist der geringere Wasserabsatz aufgrund der Fixkostenremanenz problematisch. Während die Erlöse aus mengenbezogenen Entgelten (€/m³) der Versorger sinken, bleiben die Kosten der Infrastruktur nahezu unverändert, denn das gesamte Versorgungssystem ist auf den Spitzenverbrauch ausgelegt. Die meisten bestehenden Tarifmodelle der Wasserversorgung sind auf Lockdown-Situationen nicht ausgelegt.

 

 

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1 https://www.wassertirol.at/service-kontakt/news/details/trinkwasser-und-coronavirus/

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Florian Moritz

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