Wie die Digitalisierung die Anforderungen an eine Due Diligence und deren Ablauf ändert

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Quelle: Fachbuch „Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen” erschienen im Schäffer-Poeschel Verlag, 8. Auflage 2019, S. 817 ff.

 

veröffentlicht am 23. Mai 2019 | Lesedauer ca. 5 Minuten

 

Die Digitalisierung beflügelt den M&A-Markt, sehen Unternehmen doch M&A-Transaktionen zunehmend als Möglichkeit zur Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen. Daneben resultieren aus der Digitalisierung und disruptive Technologien neue Risiken sowie neue Geschäftsmodelle. Dies und das Auftreten digitaler Geschäftsmodelle ändern die Anforderungen an eine Due Diligence. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, die Schwerpunkte einer zukunftsorientierten Digital Due Diligence darzustellen sowie Empfehlungen zu geben bzw. Fragestellungen aufzuzeigen, denen sich die Digital Due Diligence zuwenden sollte. Gleichsam ändert die Digitalisierung auch das Berufsbild hinter der Due Diligence. Im weiteren Verlauf des Beitrags wird daher darauf eingegangen, wie die Digitalisierung den M&A Prozess an sich verändert und der Wirtschaftsprüfer bzw. Berater neueste Technologien gewinnbringend für sich einsetzten kann.

 

   

Die Digitalisierung ist unaufhaltsam und verändert die Unternehmenslandschaft grundlegend. Neue Technologien revolutionieren unternehmerische Produktionsprozesse, bringen neue Produkte auf den Markt und machen bewährte Geschäftsmodelle obsolet. Wettbewerber wie Uber oder Airbnb treten auf den Markt, die Geschäftsprozesse vollständig in das Internet ausgelagert haben.

 

Deutlich schnellere Veränderungszyklen und sich ständig ändernde Wettbewerbs- und Kundenlandschaften treiben das M&A-Geschehen voran. So sind M&A-Aktivitäten heute vor allem von einem strategischen Technologietransfer getrieben: Käufer wollen ihre digitale Positionierung verbessern, um durch eine Transaktion fehlendes Fachwissen hinzuzukaufen, Synergien zu nutzen sowie Fehlentwicklungen oder Zeitverzögerungen bei ihrer internen Entwicklung vorzubeugen. Unternehmen wie Google oder Facebook übernehmen zunehmend digitale Unternehmen bzw. Unternehmen, die sich auf die Zukunftsthemen Internet of Things, Cloud Computing oder künstliche Intelligenz spezialisiert haben. Neben dem Erwerb von Beteiligungen spielen verstärkt auch andere Formen der Investitionen wie z.B. Joint Ventures und der Zukauf von Know-how eine wichtige Rolle, gleichzeitig fördert die Digitalisierung auch die Tendenz zu Desinvestitionen bzw. Carve Outs von Bereichen, die nicht bzw. weniger zukunftsfähig erscheinen. Digitalisierung kann demnach als Auslöser von Unternehmenstransaktionen verstanden werden und wird den M&A-Markt auch in Zukunft beflügeln.

 

Als technologischer Grundpfeiler für alle laufenden Aktivitäten im Hinblick der Digitalisierung ist eine möglichst aktuelle, leistungsfähige IT-Infrastruktur unabdingbar. Das im Rahmen von Unternehmenstransaktionen verwendete Analyseverfahren der IT-Infrastruktur – die IT Due Diligence – konzentriert sich vor allem auf die Gebiete IT-Infrastruktur, IT-Anwendungen und IT-gestützte Geschäftsprozesse einschließlich des IT-Umfeldes und der IT-Organisation. Sie hat dabei eher die Kosten und die Kostenentwicklung im Blick. Die Digitalisierung hält jedoch nicht nur Einzug in die IT-Systeme, sondern auch in die Geschäftsmodelle, die Prozesse im Unternehmen sowie das gesamte Produktportfolio. Die reine IT Due Diligence stößt mehr und mehr an ihre Grenzen, Themenfelder wie beispielsweise die Digitalisierungsstrategie sowie die Zukunftsfähigkeit der angebotenen Produkte werden im Rahmen dieser Prüfung bisher nicht abgedeckt.

 

Daher ist zu überlegen, ob und wie das Thema der Digitalisierung in der Due Diligence verankert wird, damit diese bereichsübergreifend ausgelegt wird und alle digitalisierungsrelevanten Themen einbezieht und analysiert.

 

Die Digital Due Diligence hat einen anderen Fokus als die IT Due Diligence und greift zukunftsorientiert verschiedenste Aspekte in Bezug auf die Digitalisierung auf. Vor allem beleuchtet sie dabei, wie das Geschäftsmodell von morgen aussehen könnte und ob mit der Aufstellung des Unternehmens den Herausforderungen der digitalen Transformation begegnet werden kann. Dabei untersucht die Digital Due Diligence die Definition einer Digitalisierungsstrategie, das digitale Erscheinungsbild des Unternehmens sowie die Position des Unternehmens in der digitalen Infrastruktur. Ein weiteres Ziel der Digital Due Diligence ist, die Zukunftsfähigkeit der angebotenen Produkte zu identifizieren sowie die Digitalisierung der Prozesse zu beleuchten. Dazu zählt der Wandel vom Einkauf zum Einkauf 4.0 (Digitalisierung des Beschaffungsprozesses), fortschrittliche Produktionsverfahren wie Additive Manufacturing, die Nutzung von Artificial Intelligence oder Augmented Reality (Digitalisierung der Produktion) sowie das Nutzen digitaler Absatzwege. In Verbindung mit der Digitalisierung der Prozesse gewinnt auch das Thema Sicherheit vor externen Angriffen mehr und mehr an Bedeutung, was die Überprüfung der Cyber Security in einer Due Diligence unabdingbar macht.

 

Doch nicht nur die Due Diligence an sich, auch der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer muss sich an veränderte Rahmenbedingungen anpassen und den veränderten Geschäftsmodellen seiner Mandanten gerecht werden, sich mit Industrie 4.0 sowie den Auswirkungen disruptiver Technologien befassen. Schnelligkeit ist heute in M&A-Situationen entscheidend: Je länger der Prozess dauert, desto höher das Risiko, dass die Transaktion abgebrochen wird. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Due Diligence deutlich beschleunigt, die Frage ist nun, wie schnell der Prozess in der Zukunft ablaufen kann und wie er weiterhin forciert werden kann. 

 

Process Mining stellt einen innovativen neuen Ansatz dar, der Data Mining und Prozessoptimierung verbindet: Process Mining nimmt die aus dem unternehmenseigenen ERP-System gewonnen Informationen auf, „veredelt" diese durch Data-Mining-Algorithmen und leitet so detaillierte Ist-Prozessbeschreibungen ab. Im Gegensatz zum traditionellen Prozessmanagement bietet Process Mining die Chance auf unverfälschten und objektiven Rohdaten aufzusetzen. So ermöglicht es umfassende Transparenz und Realtime-Kontrolle, der Rückgriff auf subjektiv verzerrten oder veralteten Befunden wird so verhindert.

 

Gerade beim Zusammenführen von Unternehmen ist die transparente Darstellung von Synergien ein wichtiger Faktor. Process Mining kann genau in diesem Schritt unterstützen und Schwachstellen bzw. Chancen für eine Optimierung aufzeigen. Anschließend können Ziele für die einzelnen Prozesse und zur Umsetzung erforderlichen Maßnahmen definiert werden. Ein Vorteil des Process Minings besteht darin, dass die Geschäftsprozesse des Erwerbers sowie des Übernahmeziels im Voraus der Transaktion bereits analysiert, um die Möglichkeiten der Realisation von Economies of Scales einschätzen zu können. Zudem ermöglicht Process Mining dadurch eine zielgerichtete Implementierung neuer Prozesse im erworbenen Unternehmen. Daneben kann das Process Mining aber auch im Bereich der Post-Merger-Integration eingesetzt werden.

 

Automatisierte Systeme zur Textanalyse können ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur schnelleren Auswertung an Informationen leisten. Vorausgesetzt, die Dokumente haben eine entsprechend hohe Qualität, kann OCR (Optical Character Recognition) dabei helfen, die Inhalte der Dokumente digital auswertbar zu machen. Anschließend können Systeme zur Textanalyse diese Inhalte durchsuchen und anhand verschiedener Schlagwörter das entsprechende Dokument kategorisieren. Parallel dazu erhalten Berater direkt eine Übersicht über die für sie wesentlichen Dokumente.

 

Weitere richtungsweisende Technologien für die Due Diligence stellen der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) bzw. Machine Learning dar: Bei KI handelt es sich um Anwendungen, die mittels Algorithmus in der Lage sind Ergebnisse zu prognostizieren, ohne dass diese Vorhersagen expliziert programmiert wurden. Obwohl gerade im Zusammenhang mit Industrie 4.0 bei den produzierenden Unternehmen ein äußerst aktuelles Thema, hat die Anwendung von künstlicher Intelligenz ihren Weg in die Transaktionsberatung noch nicht gefunden. Dabei sind die vorstellbaren Anwendungsmöglichkeiten umfänglich und könnten in mehrere Phasen des M&A Prozesses eingebunden werden.

 

In der kurzen Frist werden der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Machine Learning den größten Einfluss auf den Prozess der Due Diligence haben. Sicherlich spielen aber auch virtuelle Datenräume – wohl der größte Fortschritt in der M&A-Due Diligence in den letzten Jahren - eine wichtige Rolle. Tatsache ist, dass eine Kombination dieser digitalen Technologien zusammen mit und durch menschliche Erfahrung sowie Expertise die Due Diligence und den M&A-Bereich fortentwickeln werden. Die Zukunft soll so aussehen, dass in den virtuellen Datenräumen die volle Bandbreite an fortschrittlichen KI- und Datenanalysefunktionen zur Verfügung steht, um so die Digital Due Diligence automatisierter und zielführender zu gestalten.

 

Rödl & Partner hat zu diesem Thema einen Beitrag in der 8. Auflage des Sammelbandes „Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen” des Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart veröffentlicht.  Der Artikel „Wie die Digitalisierung die Anforderungen an eine Due Diligence und deren Ablauf ändert” stellt dar, wie sich die Due Diligence aufgrund der sich verändernden Marktbedingungen anzupassen hat und gleichsam, wie sich das Berufsbild hinter der Due Diligence aufgrund der Digitalisierung verändert. Dabei werden Empfehlungen gegeben bzw. Fragestellungen aufgezeigt, denen sich die Digital Due Diligence dabei zuwenden sollte. Diese Empfehlungen sollen in keinem Fall abschließend sein und infolgedessen nur einen Denkanstoß für M&A-Berater geben, welche Themen die Digital Due Diligence mitunter ansprechen könnte. Zudem wird detailliert darauf eingegangen, wie die Digitalisierung den M&A Prozess an sich verändert und wie der Wirtschaftsprüfer neueste Technologien gewinnbringend für sich einsetzten kann.

  

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Frank Reutter

Dipl.-Wirtschaftsinformatiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, CISA

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