Kurzarbeit Null: Kürzung des Urlaubsanspruchs

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veröffentlicht am 29. April 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten

  

​Die neuerliche Entscheidung des LAG Düsseldorf stützt die – für Arbeitgeber begrüßenswerte – Auffassung, dass Kurzarbeitszeiten zu einer Reduzierung der Urlaubsansprüche führen können. Der nachfolgende Artikel stellt neben der Zusammenfassung der Entscheidungsgründe die Hintergründe und einen Ausblick dar und liefert schließlich ein Fazit für die Gestaltungspraxis im Bereich der Kurzarbeit.

  

  

Entscheidungsbesprechung zu LAG Düsseldorf, Urt. v. 12.03.2021 – 6 Sa 824/20

Hintergrund

Bei der (konjunkturellen) Kurzarbeit „Null“ beträgt der Arbeitsausfall 100 Prozent, das heißt die Arbeit wird für eine vorübergehende Zeit vollständig eingestellt. Die Leistungspflichten der Arbeitsvertragsparteien, also die Arbeitsleistung auf der einen und das Entgelt auf der anderen Seite, sind in diesem Fall suspendiert. Diskutiert werden dabei die Auswirkungen, die eine solche Kurzarbeit „Null“ auf die Berechnung des Jahresurlaubes hat. Konkret könnte der Jahresurlaubsanspruch für jeden vollen Monat, indem sich ein Arbeitnehmer in Kurzarbeit „null“ befindet, in Anwendung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes um 1/12 kürzen. Zugespitzt formuliert könnte die Kurzarbeit „Null“, die während eines gesamten Kalen-derjahres besteht, mithin dazu führen, dass mangels Arbeitsverpflichtung auch kein Ur-laubsanspruch für das Kalenderjahr besteht.

Auch wenn der Europäische Gerichtshof („EuGH“) keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit einer entsprechenden Kürzung mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zu haben scheint (EuGH, Urt. v. 08.11.2012, – C-229/11 und C-230/11), ist dies in der Literatur durchaus umstritten. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes („BAG“) oder der Landesarbeitsgerichte („LAG“) stand in dieser konkreten Fallgestaltung bislang aus, was zu einer gewissen Rechtsunsicherheit führte.

Es kann als gesichert gelten, dass grundsätzlich auf die für das gesamte Urlaubsjahr arbeitsvertraglich vorgesehene Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage abzustellen ist (BAG, Urt. v. 03.12.2019 – 9 AZR 33/19). Wechselt die Anzahl der Arbeitstage unterjährig, ist der gesetzliche Urlaubsanspruch für das betreffende Kalenderjahr unter Berücksichtigung der einzelnen Zeiträume der Beschäftigung und der auf sie entfallenden Wochentage mit Arbeitspflicht umzurechnen. Eine entsprechende Anpassung bzw. Reduzierung nahm das Bundesarbeitsgerichts bereits für Zeiten an, in denen ein unbezahlter Sonderurlaub vereinbart wurde (BAG, Urt. v. 19.03.2019 – 9 AZR 406/17) und für die Freistellungsphase einer Altersteilzeit im Blockmodell (BAG, Urt. v. 03.12.2019 – 9 AZR 33/19). Das LAG Hamm entschied bereits, dass bei einer vollständiger Herabsetzung der Arbeitszeit durch Kurzar-beit „Null“ im gesamten Kalenderjahr auf Grundlage eines Sozialplanes und unter Inan-spruchnahme von Transferkurzarbeitergeld gem. § 111 Sozialgesetzbuch Drittes Buch kein Anspruch auf Urlaub entstehe (LAG Hamm, Urt. v. 30.08.2017 – 5 Sa 626/17).

Entscheidung des LAG Düsseldorf

Eine Entscheidung in der zuvor beschriebenen Fallgestaltung hatte nunmehr das LAG Düsseldorf zu treffen. Die Parteien stritten darüber, ob der Urlaub der Klägerin für das Jahr  2020 wegen Kurzarbeit gekürzt werden durfte.

Die Klägerin, eine Verkaufshilfe in Teilzeit, befand sich wegen der Covid-19 Pandemie mehrere Monate in Kurzarbeit „Null“. Die beklagte Arbeitgeberin kürzte den Urlaubsanspruch anteilig für volle Monate, in denen die Arbeitsleistung aufgrund der Kurzarbeit entfiel. Die Klägerin war jedoch der Ansicht, die Kurzarbeit habe keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche. Sie trug insbesondere vor, Kurzarbeit sei keine Freizeit. Denn sie könne kurzfristig beendet werden, so dass eine Planbarkeit der freien Zeit nicht möglich wäre und sie unterläge als Arbeitnehmerin Meldepflichten. Darüber hinaus erfolge die Kurzarbeit aus rein konjunkturbedingtem Interesse der Arbeitgeberin. 

Das LAG Düsseldorf folgte dieser Auffassung nicht und entschied, dass konjunkturelle Kurzarbeit „Null“, wie andere Teilzeittatbestände, zu einer Kürzung des Urlaubsanspruchs führe. Mangels Arbeitspflicht während der Kurzarbeit „Null“ entstünden keine Urlaubsansprüche. Für die Frage der Entstehung des Urlaubsanspruchs käme es allein auf die Arbeitspflicht an, da der Urlaub den Zweck verfolge eine Erholung von der Arbeit zu ermöglichen. Besteht keine Arbeitsverpflichtung sei eine Erholung auch nicht erforderlich. Darüber hinaus stehe die Kurzarbeit nicht allein im Interesse des Arbeitgebers, sondern diene vielmehr in erster Linie den Beschäftigten, da sie Arbeitsplätze erhalten und Arbeitslosigkeit vermeiden solle. Der Jahresurlaub stehe der Arbeitnehmerin deshalb nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit „Null“ sei der Urlaub um 1/12 zu kürzen. 

Ausblick & Fazit

Die Revision zum BAG ist zugelassen und eine höchstrichterliche Entscheidung wäre im Sinne der Rechtssicherheit wünschenswert. Aufgrund der zuvor beschriebenen Rechtsprechungstendenzen spricht unserer Ansicht nach vieles dafür, dass auch das BAG die (konjunkturelle) Kurzarbeit mit den vorbenannten Teilzeittatbeständen gleichstellt und die Höhe des Urlaubsanspruches einer anteiligen Kürzung unterziehen wird.

Für die Praxis bestehen gute Gründe dafür, Kurzarbeiter vorübergehend wie teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zu behandeln. Dies bedeutet zusammenfassend Folgendes:

Gestaltet sich die Arbeitszeitreduzierung derart, dass mit verminderter täglicher Arbeitszeit bei gleichbleibender Anzahl der Arbeitstage pro Woche gearbeitet wird, hat dies keine Auswirkungen auf die Höhe des Jahresurlaubs.

Werden indes im Rahmen der Kurzarbeit die Wochenarbeitstage verringert (beispielsweise von einer Fünftagewoche auf eine Zweitagewoche reduziert) dürfte der Arbeitnehmer in Anwendung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes für die Zeit der Kurzarbeit im Gleichlauf mit einer entsprechenden Arbeitszeitverringerung lediglich einen zeitanteiligen Urlaubsanspruch erwerben. Dies sollte bei der konkreten Gestaltung der Arbeitszeit im Rahmen der Kurzarbeit, wie auch grundsätzlich bei Teilzeitvereinbarungen, berücksichtigt werden.

Auswirkungen auf das Urlaubsentgelt hat die Entscheidung indes nicht. § 11 Abs. 1 S. 4 Bundesurlaubsgesetz („BUrlG“) bestimmt vielmehr, dass Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit eintreten, für die Berechnung des Urlaubsentgeltes außer Betracht bleiben. Der EuGH hat einer entsprechenden Verringerung des Urlaubsentgeltes bereits eine klare Absage erteilt (EuGH, Urt. v. 13.12.2018 – C-385/17).
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