„Drill, Baby, Drill“ – Zukunft der Nachhaltigkeit / ESG in den USA – speziell aus Sicht deutscher Unternehmen

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„Wir stoßen der Klimawandel-Religion einen Dolch ins Herz“ - mit diesen Worten äußerte sich Lee Zeldin, Leiter der US-Umweltschutzbehörde (EPA) am 12. März zur Neuausrichtung der amerikanischen Umweltpolitik. Gleichzeitig kündigte er 31 weitreichende Maßnahmen zur Deregulierung bestehender Klimaschutzvorschriften an. Die politische Neuausrichtung der Trump-Regierung wirkt sich tiefgreifend auf die Wirtschaft aus. Globale Unternehmen und ihre Lieferketten müssen sich daher die Frage stellen, welche Rolle das Nachhaltigkeitsmanagement in den USA zukünftig einnehmen wird. 

Die politische Lage in den USA

In demonstrativer Inszenierung macht die zweite Trump-Regierung ihre Einstellung zur Nachhaltigkeit deutlich. Seit dem Amtsantritt im Januar 2025 wurden eine Vielzahl von Verfügungen und Maßnahmen mit erheblichem Einfluss auf Nachhaltigkeitsthemen umgesetzt. Dazu gehören der erneute Austritt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen  - was die USA als zweitgrößten Emittenten zu den wenigen Ländern macht, die nicht gezeichnet haben. Im Weiteren Abschwächen der Zuständigkeiten der EPA für Klima- und Umweltschutzthemen, sowie dem Einstellen von Programmen zur Förderung von Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) in staatlichen und privaten Sektoren . In einer Rede vor der UN-Generalversammlung Anfang März 2025 wurden die Agenda 2030 und die Ziele für nachhaltige Entwicklung infrage gestellt und weitere Unterstützung dieser ausgeschlossen. Kurz darauf folgte die Nachricht über den Rücktritt der USA aus der Leitung des UN-Klimaschadensfonds  . Hinzu kommt eine bundesweite Ausweitung der Förderungen fossiler Energieträger und eine Umkehr eines Verbots vom Vorgänger Joe Biden für eine Fläche etwas größer als Bayern: alles im Namen des übergeordneten Ziels, die amerikanischen Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Für deutsche bzw. europäische Unternehmen, die in mehreren US-Bundesstaaten tätig sind, stellt die zunehmende Polarisierung in der ESG-Debatte eine erhebliche Herausforderung dar. Die amerikanische Gesetzgebung zu ESG-Themen ist stark dezentralisiert und unterscheidet sich erheblich zwischen den Bundesstaaten, jeweils geprägt durch die individuelle parteipolitische Mehrheit. Staaten wie Kalifornien, New York oder Minnesota haben ihre Umweltgesetzgebung in den letzten Jahren verschärft und ESG-Maßnahmen wie verpflichtende Treibhausgasbilanzierung eingeführt. Ermöglicht werden solche Ambitionen durch Anträge auf Ausnahmeregelungen bei der EPA. Nach deren Bewilligung können lokal strengere Standards und Vorschriften geltend gemacht werden. Vor allem in republikanisch geführten Staaten wie Florida oder Texas lassen sich jedoch gegenteilige Entwicklungen beobachten. Vor allem in republikanisch geführten Staaten wie Florida oder Texas kann man hingegen die Folgen des immer stärker werdenden Anti-ESG Trends beobachten. Der Anti-ESG-Tracker von Pleiades dokumentiert Entwicklungen zu Lasten der Nachhaltigkeit in jedem Bundesstaat der USA der letzten fünf Jahre in Echtzeit . So ist nachvollziehbar, wie der Anti-ESG-Kurs zunehmend an Bedeutung gewinnt, von Forderungen nach umfassender Deregulierung bis hin zum Verbot umweltbezogener Auflagen. Bemerkenswert ist, dass diese Dynamik mittlerweile auch in einigen demokratisch geführten Staaten erkennbar ist. Ob und wie die Trump-Administration tatsächlich Druck auf bestehende und geplante progressive Nachhaltigkeitsambitionen einzelner Bundestaaten ausüben wird, um diese zu unterbinden, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob gegen solche Richtlinien und Verbote seitens der Bundestaaten vorgegangen werden kann.

Auswirkungen auf das Nachhaltigkeitsmanagement deutscher Unternehmen

Deutsche Unternehmen mit Standorten in den USA stehen zukünftig verstärkt vor der Aufgabe, mit standortbezogenen individuellen Nachhaltigkeitsansätzen unterschiedliche regionale und länderbezogene ESG-Anforderungen so auszubalancieren, dass dennoch erfolgreich übergeordnete ESG Ziele und Strategien verwirklicht werden können. Die Anti-ESG Tendenz könnte, im Gleichklang mit vielen lokalen Unternehmen, zu einer massiven Reduktion oder vollständiger Einstellung der Nachhaltigkeitsambitionen in den USA verleiten. Schließlich drohen kurzfristig lokale Wettbewerbsnachteilen für die Unternehmen, die an globalen Nachhaltigkeitsstrategien festhalten wollen oder müssen, um übergeordneten ESG-Anforderungen nachzukommen. Jedoch überwiegen die vielen gute Gründe, weiterhin auf nachhaltiges Wirtschaften in den USA zu setzen. Die Notwendigkeit, vor Ort personelle und organisatorische Kapazitäten für das Nachhaltigkeitsmanagement zu erhalten, bleibt bestehen.

Ein gänzlicher Abbau bestehender Strategien und Strukturen ist allein durch die gegebene politische Struktur in den USA nicht empfehlenswert. Bereits im November 2026 werden die Kongresswahlen stattfinden. Infolge von sich anschließend verändernden Mehrheitsverhältnissen im Repräsentantenhaus und im Senat kann sich die politische Lage wieder neu ausrichten und o.g. Deregulierung ggfs. wieder schrittweise umdrehen.

Die zentrale Bedeutung von globalem Nachhaltigkeitsmanagement

Der regulatorische Druck im Bereich Nachhaltigkeit bleibt global, insbesondere in Europa, hoch. Europäische Unternehmen, die weiterhin dem Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) unterliegen, sind verpflichtet, umfassende Angaben zu Nachhaltigkeitsaspekten zu machen. Dazu zählen auch Informationen über internationale Standorte und Tochterunternehmen. Daraus ergibt sich ein klarer Mindestbedarf an ESG-Ressourcen, der auch an US-Standorten dauerhaft gesichert sein muss, um den europäischen Berichtspflichten gerecht zu werden.


Die Europäische Union verfolgt mit dem Green New Deal das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 (Deutschland gar das ambitioniertere Ziel 2045), was Unternehmen zu langfristigem, strategischem Handeln im Klimaschutz verpflichtet Unternehmen müssen verstehen, das verantwortungsbewusstes Unternehmertum bedeutet, nicht lediglich Berichtspflichten nachzukommen. Vielmehr geht es um das Aufstellen und die Umsetzung von Klima- und Resilienzstrategien, die die langfristige Geschäftsfähigkeit sicherstellen. Elemente wie Übergangspläne für den Klimaschutz und Klimarisikoanalysen, wie sie in der CSRD verpflichtend sind, bilden die Grundlage einer umfassenden, nachhaltigen Ausrichtung und langfristiger Wettbewerbsvorteile.

Darüber hinaus erwarten zahlreiche Stakeholder, dass Unternehmen in der Lage sind, weltweit verlässliche Nachhaltigkeitsdaten zu erfassen und offenzulegen. Verminderte regulatorische Unterstützung für ESG in den USA erhöht den Handlungsbedarf auf Unternehmensseite, um europäischen Anforderungen weiterhin nachzukommen und hierfür Ressourcen strategisch zu verteilen. Auch wenn ESG-Aspekte im US-Markt weniger im Fokus stehen oder zusätzliche Kosten verursachen, bleiben sie für international tätige Unternehmen von zentraler Bedeutung.

Die Notwendigkeit der Eigeninitiative im Rahmen von Resilienzstrategien wird durch die jüngsten protektionistischen Maßnahmen der Trump-Regierung eindrucksvoll untermauert. Jüngste Ankündigungen der US-Regierung, globale Importzölle einzuführen, erhöhen die Unsicherheit und erschweren die internationale Geschäftstätigkeit. Eine mögliche Eskalation von Handelskonflikten beeinträchtigt globale Wertschöpfungsketten erheblich. Für US-Standorte bedeutet diese Entwicklung eine wachsende Unsicherheit hinsichtlich Lieferketten, Produktionskosten und Marktzugang. Dementsprechend sind rechtzeitige Resilienzanalysen, um politische Entwicklungen und Folgen in der eigenen strategischen Planung ausreichend und frühzeitig zu berücksichtigen, von hohem Stellenwert. Trotz der aktuellen Herausforderungen bleibt der US-Markt für viele europäische Unternehmen von zentraler Bedeutung. Entscheidend wird sein, die eigene Resilienz zu erhöhen, flexibel auf handelspolitische Veränderungen zu reagieren und nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln, die auch in einem volatileren Umfeld Bestand haben.

Fazit

Deregulation und die Abkehr von Nachhaltigkeit werden nicht automatisch mehr globalen Erfolg durch erhoffte stärkere Wettbewerbsfähigkeit bringen. Eine Gleichgültigkeit bis hin zur Ablehnung oder gar Leugnung der Erkenntnisse der Wissenschaft über den Klimawandel und globaler Trends zur Nachhaltigkeit birgt viele Gefahren für Unternehmen. Viele Regionen der USA erleben immer stärker und häufiger die direkten und indirekten negativen Auswirkungen des Klimawandels: zahlreiche Naturgefahren wie Tornados, Extremwetter, Trockenheit und verheerende Waldbrände sowie Bodendegradation führen zur Zerstörung und Wandel ganzer Landstriche. Diese Auswirkungen zeigen die Notwendigkeit des Umdenkens und Handelns im Sinne der Nachhaltigkeit, um die Zukunft des eigenen Geschäftsmodells zu garantieren. „Business as ususal“ ist bei ernsthafter Betrachtung des Klimawandels und langfristiger Folgen schlicht nicht mehr möglich. Unternehmen können langfristig von vorrausschauenden, nachhaltigen Strategien und der einhergehenden Stärkung ihrer Resilienz profitieren. Mit einer globalen Herangehensweise, die angepasst an die jeweiligen lokalen Bedingungen unterschiedliche Schwerpunkte und akute Fokusthemen setzen kann, können sich deutsche und europäische Unternehmen zukunftssicher positionieren, auch in den USA.

Der vorangestellte Artike​l ist in gekürzter Fassung am 07.04.2025 bei Haufe.de​ erschienen.

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Kai Imolauer

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