Green Marketing und IP: Chancen und rechtliche Risiken für Unternehmen

PrintMailRate-it

​​​​​veröffentlicht am 6​. Mai ​2025 I Lesedauer ca. 6 Minuten

​​​​​

Grüne Produktaufmachungen mit vielversprechenden Aufdrucken von „klimaneutral“ über „nachhaltig“ bis hin zu „eco-friendly“ begegnen uns heute nahezu überall. Bei vielen Unternehmen ist bereits das Bewusstsein gewachsen, dass bei einer solchen Nachhaltigkeitskommunikation die rechtlichen Vorgaben etwa der Green Claims Directive zu berücksichtigen sind. Oft versuchen Unternehmen, diese Vorgaben geschickt zu umgehen. Aber umweltbezogene Werbung gemäß der Green Claims Directive erschöpft sich nicht nur in Aussagen wie „100% klimaneutral“ oder „nachhaltig produziert“. Auch die Gestaltung von Marken ist an den Maßstäben der aktuellen Gesetzgebung zu messen. Hier lauern also mehr rechtliche Risiken als gemeinhin angenommen.


Und: Immer mehr Unternehmen setzen auf sogenannte Greenfluencer. Es herrscht der Mythos, dass Unternehmen nicht für die Aussagen der Greenfluencer haften. Aber stimmt das wirklich?
 

 

Was sind Green Trademarks?

Immer mehr Unternehmen drücken ihr Umweltengagement nicht nur in Werbetexten, sondern direkt in ihrem Markenauftritt aus: Sei es durch grüne Farbtöne im Firmenlogo, durch naturnahe graphische Gestaltungen wie Pflanzen- oder Blättersymbole oder auch durch die Hinzunahme von Wortbestandteilen wie „green“, „eco“ oder „natural“ in ihren Produktmarken. Sowohl die Eintragung als auch die langfristige Erhaltung einer solchen „Klimamarke“ ist jedoch genauso wie deren rechtskonforme Verwendung mit Hürden verbunden, denen sich viele Anmelder im Vorfeld schlicht nicht bewusst sind.
 

Green Trademarks: Nachhaltigkeit als Marke

Die Anmeldung einer „grünen“ Marke kann an absoluten Schutzhindernissen nach § 8 MarkenG (Markengesetz) scheitern. Dazu zählen insbesondere:

  1. Rein beschreibende Angaben: Ein Zeichen ist „rein beschreibend“, wenn es die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise in zumindest einer seiner möglichen Bedeutungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines der wesentlichen Merkmale bezeichnen kann. Beispiele sind „Eco-Trend“ und „Ökoplus“, die bereits vom Deutschen Patent- und Markenamt als rein beschreibend zurückgewiesen wurden.
  2. Fehlende Unterscheidungskraft: Zeichen ohne Unterscheidungskraft sind von der Markenanmeldung ausgeschlossen, da sie keinen betrieblichen Herkunftshinweis liefern. Begriffe der täglichen Sprache oder allgemeine Werbeanpreisungen erfüllen diese Herkunftsfunktion nicht. Daher lehnte das EUIPO auch Marken wie „SAVE-THE-OCEAN“ und „SAVE OUR EARTH NOW“ ab.
  3. Täuschung: Marken dürfen die Verkehrskreise nicht täuschen (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG). Dieses Schutzhindernis dient dem Verbraucherschutz und der Transparenz. Bezeichnungen, die Umweltverträg­lichkeit oder Nachhaltigkeit ausdrücken, können täuschend sein. Marken wie „biovinyl“ oder „healthy vinyl“ wurden vom Bundespatentgericht zurückgewiesen, da sie falsche Erwartungen an die Umweltverträglichkeit der Produkte wecken können.

Greenfluencer: Chancen und Risiken der nachhaltigen Markenbotschafter

Green-, Eco- oder Sinnfluencer sowie Sustainable- und Ethical Blogger fokussieren sich auf Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Klimawandel. Sie schaffen Bewusstsein für ökologische Themen, bewerben nachhaltige Produkte und inspirieren zu umweltfreundlichem Verhalten. Sie leisten Aufklärungsarbeit zu Klimaschutz und Ernährung, kritisieren Fast-Fashion und präsentieren Zero-Waste-Konzepte.

Nicht alle Greenfluencer verfügen jedoch über fachliche Expertise. Falsche oder missverständliche Aussagen können zu Wettbewerbsverstößen führen und eine Haftung begründen.

Rechtliche Konsequenzen und aktuelle Entwicklungen

Wer mit Umweltversprechen wirbt – sei es im Markenauftritt oder mittels Greenfluencer – bewegt sich in einem rechtlich sensiblen Terrain. Green Marketing ist längst kein rechtsfreier Raum mehr – im Gegenteil: Die Anforderungen an Transparenz, Nachweisbarkeit und Wahrheit umweltbezogener Aussagen steigen kontinuierlich.

I. Rechtsverstöße durch „grüne“ Werbung

Es gibt bisher keine speziellen Rechtsvorschriften beim Einsatz von Green Trademarks und der Werbung durch Greenfluencer. Grüne Marken oder umweltbezogene Werbung – ob durch klassische Kampagnen oder Influencer – unterliegen jedoch den Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und der diesem zugrundeliegenden europäischen Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie).
Unlauteres Handeln nach dem UWG liegt vor, wenn unwahre oder täuschende Angaben über wesentliche Merkmale von Waren oder Dienstleistungen gemacht werden. Nachhaltigkeit ausdrückende Markenbe­stand­teile wie „eco-friendly“, „by nature“, „net zero“ oder „green“ sind Angaben in diesem Sinne und müssen daher stimmen, wenn sie verwendet werden. Das Verbreiten von falschen oder ungenauen umweltbezogenen Informationen durch Greenfluencer kann ebenso unlauter sein und damit einen Wettbewerbsverstoß darstellen. Gleiches gilt für möglicherweise herabwürdigende Aussagen über vermeintlich schlechtere Wettbewerber­produkte oder unlautere Werbevergleiche. 
Seit 2021 gibt es viele obergerichtliche Entscheidungen, die hohe Anforderungen an die Zulässigkeit von umweltbezogener Werbung stellen. Die Werbung mit Umweltschutzbegriffen wird ähnlich streng wie Gesund­heits­​werbung gehandhabt, was oft als überzogen angesehen wird. Es herrscht hohe Rechtsunsicherheit und ein großes Abmahn- und Klagerisiko. Die deutsche Umwelthilfe etwa strebt viele gerichtliche Klärungen an, wodurch die Wahrscheinlichkeit von gerichtlichen Verfahren nach Abmahnungen hoch ist.
Dieses rechtliche Risiko wird künftig durch deutlich strengere Regeln für Umweltwerbung verschärft. Die EU legte im Rahmen des „European Green Deal“ bereits 2022/23 Vorschläge für zwei „Schwester-Richtlinien“ mit spezifischen Regelungen zu Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitsaussagen sowie zu Gütezeichen (Nachhaltigkeits­siegeln / Umweltzeichen) vor. Als lex generalis trat daher Ende März 2024 die sog. „ECGT-Richtlinie“ (Empowering Consumers for the Green Transition-RL (EU) 2024/825, kurz EmpCo-RL) in Kraft und ergänzt UGL-Richtlinie. Die Mitgliedstaaten müssen die darin enthaltenen Vorgaben bis 27. März 2026 ins nationale Recht umsetzen und ab dem 27. September 2026 anwenden. Darüber hinaus soll der im März 2023 veröffentlichte Vorschlag für eine Richtlinie über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und die diesbezügliche Kommunikation (kurz Green Claims-RL-E) die UGP-Richtlinie inkl. EmpCo-RL als lex specialis ergänzen. Hier steht die Verabschiedung noch aus. 
Beide Richtlinien beinhalten Verbote pauschaler Umweltaussagen ohne Beleg sowie von klimabezogenen Kompensationsversprechen, sofern diese außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette liegen. Auch beim Einsatz von Greenfluencern und Green Trademarks müssen diese gesetzlichen Regelungen eingehalten werden.

​​II. Rechtsverstöße durch Greenfluencer

Auch beim Einsatz von Greenfluencern kann es zu Rechtsverstößen kommen. Ganz allgemein kann die Verwendung von Musik, Bildern, Videos oder fremden Markenlogos ohne entsprechende Erlaubnis der Rechteinhaber sowohl urheberrechtliche als auch markenrechtliche Ansprüche auslösen. Wenn die nötige Kennzeichnung als Werbung fehlt, können auch Ansprüche aus dem UWG vorliegen. Aber auch speziell in Bezug auf „grüne Werbung“ durch Influencer gilt es, die oben schon beschriebenen gesetzlichen Vorgaben einzuhalten.

III. Haftung und Zurechnung

Ein verbreiteter Irrglaube: Unternehmen haften nicht für Aussagen von Greenfluencern. Das Gesetz sieht dies jedoch anders. Unternehmen haften für ihre Werbeaussagen, und zwar unabhängig davon, ob diese von unternehmensinternen Influencern oder von externen Werbebotschaftern stammt. Denn nach § 8 Abs. 2 UWG haften Unternehmen auch für Mitarbeiter oder Beauftragte auf Unterlassung und Beseitigung. 
§ 8 Abs. 2 UWG gilt jedoch nur für die Zurechnung im Lauterkeitsrecht, im Marken- oder Urheberrecht existiert keine vergleichbare Zurechnungsregelung. Jedoch besteht die Gefahr, dass sich ein Gericht auf den Standpunkt stellt, diesbezügliche Verletzungen seien im Auftrag oder zumindest mit Wissen des Unternehmens erfolgt, jedenfalls habe man sie sich zu Eigen gemacht, wenn man sie liket oder teilt.
Deshalb ist es umso wichtiger die Zusammenarbeit mit Greenfluencern vertraglich zu regeln. Verträge sollten die zu erbringenden Leistungen, Nutzungsrechte und Kennzeichnungspflichten berücksichtigen. Bei Influencern sollten diese Vereinbarungen die Inhalte der Posts, Kanäle, Veröffentlichungsrhythmus und Exklusivität der Zusammenarbeit umfassen. Auch Reporting- oder Freigabepflichten sowie Freistellungs­verein­​barungen bei Verletzungen von Rechten Dritter sind wichtig.

Nachhaltigkeit ja – aber rechtssicher

Die rechtlichen Anforderungen an umweltbezogene Markenkommunikation steigen. Unternehmen sind gut beraten, ihre Green Trademarks und Greenfluencer-Strategien sorgfältig zu planen und abzusichern. Transparenz, belegbare Aussagen und vertraglich geregelte Zusammenarbeit sind essenziell – nicht nur für die Rechtssicherheit, sondern auch für die nachhaltige Glaubwürdigkeit eines Unternehmens.

Sie haben Fragen zu Green Trademarks und Greenfluencern? Schreiben Sie uns!

Aus dem Newsletter










​​

Kontakt

Contact Person Picture

Dr. Susanne Grimm

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtschutz, Leiterin Praxisgruppe IP & Media Deutschland

Associate Partner

+49 711 7819 144 03

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Ines Maier, LL.M.

Rechtsanwältin

Associate Partner

+49 911 9193 1605

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu