Temporäre Betriebsunterbrechung bei Trinkwasser-Installationen (gem. VDI)

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​veröffentlicht am 5. Februar 2021

 

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Der VDI1 hat im Dezember 2020 eine neue Expertenempfehlung (VDI/DVQST2 - EE 3810 Blatt 2.1) zu dem Thema Trinkwasser-Installationen veröffentlicht. Thema dieser Empfehlung ist die Außerbetriebnahme und die Wiederinbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen im Falle von Betriebsunterbrechungen oder Änderungen der Betriebsweise zur Vermeidung von Krankheitserregern im Trinkwasser.


Gerade in der aktuellen Situation vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie, erhöht sich der (teilweise oder vollständige) Leerstand von Gebäuden erheblich. Hierbei sind sowohl längere als auch kürzere Leerstands-Zeiträume beobachtbar. Ebenso tritt es auf, dass nur einzelne Teile von Gebäuden aufgrund vorübergehend reduzierter Nutzung oder Bauarbeiten leer stehen. Der Leerstand hat u. a. Auswirkungen auf die Trinkwasser-Installationen. Hier können sich für den Menschen gefährliche Mikroorganismen oder Krankheitserreger vermehren und somit die Trinkwasserbeschaffenheit nachteilig beeinflussen, wenn die Rohrleitungen längere Zeit nicht gespült werden.

 

Daher stellt sich folgende Frage: Was muss bezüglich der Trinkwasser-Installationen bei längerem Leerstand beachtet und ggf. unternommen werden? In Bildungseinrichtungen, Sportstätten, Hotel- und Gästezimmern etc. ist dies nichts Neues, hier liegt des Öfteren eine längere Unterbrechung der Nutzung vor.

 

Doch viele Bereiche waren davon bislang nicht oder nur wenig betroffen. Der VDI hat deshalb zu diesem Thema im Dezember 2020 eine Expertenempfehlung mit dem Titel „Betreiben und Instandhalten von Gebäuden und gebäudetechnischen Anlagen - Trinkwasser-Installationen - Außerbetriebnahme und Wiederinbetriebnahme” als Ergänzung zu der bestehenden VDI 3810 Blatt 2/VDI 6023 Blatt 3 „Betreiben und Instandhalten von Gebäuden und gebäudetechnischen Anlagen Trinkwasser-Installationen”/„Hygiene in Trinkwasser-Installationen Betrieb und Instandhaltung” herausgegeben. Die Experten gehen in der Empfehlung auf erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen, erforderliche Schritte sowie die Beprobung der Trinkwasserqualität bei der Wiederinbetriebnahme und die einzelnen Schritte einer Außerbetriebnahme, wie dem Absperren von Teil-/Trinkwasser-Installationen ein. Die Betreiberpflichten und Voraussetzungen zum Betrieb von Trinkwasser-Installationen sind der o. g. VDI-Richtlinie zu entnehmen und werden hier nicht behandelt.


Die Empfehlung richtet sich entsprechend der VDI 3810 Blatt 2/VDI 6023 Blatt 3 und in Ergänzung zur DIN EN 806-5 an Betreiber und deren Erfüllungsgehilfen, insbesondere aber an Unternehmer und sonstige Inhaber einer Trinkwasser-Installation entsprechend § 3 Nr. 2 c, d, e, f Trinkwasserverordnung (TrinkwV).


Ändert sich die Betriebsweise, so ist im ersten Schritt eine Anpassung des Instandhaltungsplans, der Hygiene- und Spülpläne oder des Raumbuchs erforderlich. Eine Änderung kann sich bspw. dadurch ergeben, dass im Unternehmen die Arbeitszeiten reduziert werden (Verringerung der Schichtzahl, Kurzarbeit). Durch die verringerte oder geänderte Nutzung können sich Entnahmehäufigkeit oder Spitzenvolumenströme ändern.

 

Ebenfalls ist eine Anpassung erforderlich, wenn Anschlüsse der Entnahmestellen zurückgebaut werden. Für einen bestimmungsgemäßen Betrieb ist es Voraussetzung, dass an allen Entnahmestellen regelmäßiger Wasseraustausch stattfindet, andernfalls liegt eine Betriebsunterbrechung vor. Die Expertenempfehlung gibt Hinweise zur Simulation des bestimmungsgemäßen Betriebs aufgrund geänderter Betriebsweise. Die Nutzer müssen vom Betreiber bzw. dessen Erfüllungsgehilfen mittels Erläuterungen und Anweisungen bzgl. der geänderten Betriebsweise eingewiesen werden.

 

Müssen Trinkwasser-Installationen außer Betrieb genommen werden, so muss dies entsprechend eines Verhaltensplans von geschultem Fachpersonal durchgeführt werden. Doch Vorsicht, auch bei Außerbetriebnahme müssen Leitungen weiterhin regelmäßig gespült werden. Werden Anlagen dagegen nur vorübergehend außer Betrieb gesetzt, so müssen in diesem Fall sowohl vorbeugend bei Beginn der Unterbrechung, als auch nachsorgend bei Beendigung der Betriebsunterbrechung verschiedene Maßnahmen in Abhängigkeit der Dauer der Unterbrechung vorgenommen werden.

 

Doch wann liegt im Konkreten eine Wiederinbetriebnahme vor? Bspw. an Wochenenden, Feiertagen oder Betriebsruhen werden Gebäude nicht genutzt. Liegt hier bereits eine Unterbrechung und somit eine erforderliche Wiederinbetriebnahme vor? Dies ist zu verneinen. Laut VDI liegt eine Betriebsunterbrechung bei einer Nichtnutzung von mehr als 72 Stunden (3 Tage) vor. Der Zeitraum kann auf max. 7 Tage ausgeweitet werden, sofern der Nachweis erbracht werden kann, dass die Trinkwasserbeschaffenheit nach TrinkwV erhalten bleibt und das Gebäude keinen besonderen Anforderungen gemäß Raumbuch unterliegt.


Nachsorgende Maßnahmen sind bereits bei einer Unterbrechung von mehr als oder gleich 4 Stunden bis 3 Tage vorzunehmen, obwohl hier laut Definition noch keine Betriebsunterbrechung vorliegt und 4 Stunden einen sehr kurzen Zeitraum darstellen. Hier wird bspw. der Ablauf des Stagnationswassers bis zur Temperaturkonstanz empfohlen.

 

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Maßnahmen auch bei Beginn der Unterbrechung sind gemäß VDI erst bei einer Unterbrechung von mehr als 72 Stunden bis maximal 7 Tage erforderlich. Die weiteren Intervalle zur Ergreifung von vorbeugenden und nachsorgenden Maßnahmen sind maximal 4 Wochen, mehr als 4 Wochen bis maximal 6 Monate und mehr als 6 Monate.

 

Neben der Beschreibung der Maßnahmen in der Empfehlung ist eine konkrete Übersicht der einzelnen Maßnahmen ebenfalls der VDI 3810 Blatt 2/VDI 6023 Blatt 3 Tabelle 2 zu entnehmen. Sämtliche Maßnahmen müssen dokumentiert und mit den Ergebnissen ggf. erforderlicher Kontrolluntersuchungen im Betriebsbuch abgelegt werden. Der VDI hat für die Überprüfung der einzelnen Schritte ein Musterprotokoll für die Änderung der Betriebsweise oder Außerbetriebnahme der Trinkwasser-Installationen in Anhang
A sowie für die Wiederinbetriebnahme in Anhang B der VDI/DVQST-EE 3810 Blatt 2.1 veröffentlicht.


Doch warum soll die neue Expertenempfehlung im laufenden Betrieb bei der Außerbetriebnahme und Wiederinbetriebnahme berücksichtigt werden, wenn diese keine anerkannten Regeln der Technik darstellt? Die Antwort ist einfach. Mangelhafte und ungenügend gewartete oder beprobte Trinkwasser-Installationen stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko für Mitarbeiter, Bewohner oder Dritte dar. Werden die Anforderungen der Trinkwasserverordnung mit den erforderlichen Untersuchungen, Beprobungen und Maßnahmen nicht eingehalten, so kann dem Betreiber ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro gem. Infektionsschutzgesetz drohen. Insofern sollten Betreiber von Gebäuden auch zur Vermeidung eines Bußgelds das Thema der Trinkwasser-Installationen nicht auf die leichte Schulter nehmen und für einen technisch und hygienisch einwandfreien Zustand der Installation sorgen.

 

 

Seit dem Jahr 2018 gibt es beim VDI e. V. neben den klassischen VDI-Richtlinien zwei neue Kategorien an Publikationen: VDI-Expertenempfehlungen (VDI-EE) und VDI-Richtlinien Mensch und Technik (VDI-MT).

VDI-Expertenempfehlungen sind im Gegensatz zu den Richtlinien keine allgemein anerkannten Regeln der Technik, sondern eine Vorstufe zu den VDI-Richtlinien. Eine Empfehlung erscheint dann, wenn Dringlichkeit zu einem Thema geboten ist und nicht alle beteiligten Kreise in die Erstellung eingebunden werden können. 
 
Die VDI-Richtlinien zu Mensch und Technik setzen den Menschen, d. h. mehr gesellschaftliche Aspekte in den Fokus, weniger die technikbezogenen Inhalte.

 

 

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1 Verein Deutscher Ingenieure e. V.
2 Deutscher Verein der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene

Kontakt

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Ann-Kristin Kuhn

Wirtschaftsjuristin

Senior Associate

+49 911 9193 3589

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