PBefG - Neue Anforderungen an den Nachweis der dauerhaften Wirtschaftlichkeit

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Autoren: Dr. Heiko Schuh und Jörg Niemann

veröffentlicht am 2. April 2014

 

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat sich in einem aktuellen Urteil mit der Grundsatzfrage der dauerhaften, wirtschaftlichen Auskömmlichkeit von Liniengenehmigungen nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) (BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 3 C 26.12) befasst. Danach können eigenwirtschaftliche Genehmigungen für Linien nur noch erteilt werden, wenn die Unternehmen nachweislich über die Finanzmittel zum dauerhaften Betrieb der Linie verfügen.
 
Das neue Urteil stellt die Genehmigungsbehörden durch die Prüfung der Dauerhaftigkeit des Verkehrsangebots vor eine neue Herausforderung. Der aufgrund der Dauer von Liniengenehmigungen (bis zu zehn Jahren) zu berücksichtigende langfristige Planungshorizont erfordert eine für die jeweilige Linie jahresscharfe Darstellung aller relevanten quantitativen und qualitativen Merkmale inklusive einer angemessenen Berücksichtigung der Risiken. Eine Möglichkeit zur Darstellung der Wirtschaftlichkeit stellen Geschäfts- bzw. Businesspläne dar.
 
Für die antragsstellenden Unternehmen und Genehmigungsbehörden bedeutet die Entscheidung eine Ausweitung des Darlegungs- und Prüfungsumfangs. Ein eigenwirtschaftlicher Antrag sei nach der Begründung des BVerwG abzulehnen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Antragsteller einer Liniengenehmigung die betreffende Linie wegen fehlen der Kostendeckung nicht dauerhaft betreiben könne, obwohl ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis bestehe. Die Genehmigungsbehörde könne trotz des grundsätzlichen Vorrangs eigenwirtschaftlicher Anträge nicht gezwungen werden, wissentlich einen in seiner Kontinuität von vornherein gefährdeten Linienbetrieb zu genehmigen. Die gewährleistete Dauerhaftigkeit des Linienbetriebs zählt – auch nach der heutigen Rechtslage – zum Prüfungsgegenstand der Genehmigungsbehörde.
 
Dazu sind überwiegend betriebswirtschaftliche Überlegungen anzustellen:
 
  • Die Abbildung von Leistungsdaten, d.h. Mengen (Fahrplankilometer) und Fallzahlen (Häufigkeit der Bedienung, aber auch Anzahl der Fahrgäste), sowie deren Entwicklung ist dabei von großer Bedeutung. Aus diesen leitet sich bspw. ein Einfluss auf die Anzahl und Größe notwendig vorzuhaltender Fahrzeuge ab, was wiederum direkt die Kosten beeinflusst.
  • Aufgrund des mehrjährigen Planungshorizonts muss zudem über die gesamte Laufzeit eine Dynamisierung der Kosten auf Kostenartenebene in den einzelnen Jahren erfolgen. Dabei können auch Indizes eingesetzt werden.
  • Erlöse müssen streng einzelnen Linien zugeordnet werden können. Bisher ist dies – besonders im Rahmen von Verkehrsverbünden und den dortigen Alteinnahmeaufteilungsverfahren – nicht möglich, da in diesen ausschließlich pauschalierte Werte enthalten sind.
 
Eine geeignete Darstellungs- und Prüfungsgrundlage kann das Instrument eines Businessplans sein. Ob die Genehmigungs behörden solche Nachweise bereits bei Antragsstellung oder nur bei konkreten Anhaltspunkten fordern werden, bleibt abzuwarten. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass im Falle der Antragskonkurrenz nun stets eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsprüfung erforderlich wird, da die Antragsgegner aller Voraussicht nach die fehlende Kostendeckung des jeweilig konkurrierenden Antrags vortragen werden. In einem Businessplan sollten Geschäftskonzept bzw. unternehmerische Vorhaben und Ziele sowie Maßnahmen zu deren Umsetzung aufgezeigt werden. Weitere Inhaltspunkte sind die Darstellung von Rahmenbedingungen und – innerhalb einer Analyse von Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken (SWOT: Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) – auch möglicher Risiken und deren Auswirkungen. Diese können hinsichtlich eines Linienbetriebs unter anderem sinkende Schülerzahlen und die Schließung bzw. Veränderung von Schulstandorten oder die Entwicklung von Ausgleichszahlungen im Rahmen des § 45a PBefG (Ausgleichspflicht für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs) darstellen. Unten stehende Abbildung zeigt eine vereinfachte und beispielhafte Darstellung.
 
Verfügt die Genehmigungsbehörde nicht über ein ausreichendes Fachwissen, ist „externer Sachverstand einzuholen“, so das Gericht. Wurde bisher neben der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Unternehmens die Eigenwirtschaftlichkeit der konkreten Linie im Genehmigungsantrag in der Regel inhaltlich nicht vertieft geprüft, so folgen aus der Entscheidung höhere Anforderungen an die Prüfung in Bezug auf die „dauerhafte Wirtschaftlichkeit“ der Linie.
 
Auch zahlreiche Verkehrsverbünde könnte diese Entscheidung nachhaltig betreffen. Denn der Nachweis der dauerhaften Wirtschaftlichkeit der Linie erfordert linienscharfe Erlösangaben, wie sie heute nur in den wenigsten Verbünden üblich sind.
 
Insgesamt wird die Entscheidung bei eigenwirtschaftlichen Konkurrenzanträgen zu mehr Transparenz und Fairness im Auswahlverfahren beitragen. Zugleich präzisiert die Entscheidung die Genehmigungsvoraussetzungen für eigenwirtschaftliche Verkehre und leistet damit auch einen Beitrag zur Abgrenzung von Anträgen nach § 8a PBefG, d.h. Verkehrsleistungen mit öffentlichen Ausgleichsleistungen. 

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Jörg Niemann

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